Netflix – das Ende der (Streaming-)Party?

Was war das in dieser Woche für ein Schock: Die Zahlen von Netflix lösten ein wahres Börsenbeben aus – innerhalb von wenigen Stunden hat das Unternehmen mehr als ein Drittel an Marktkapitalisierung eingebüßt. Waren denn die Zahlen wirklich so schlecht, dass dieser Kurssturz begründet ist? Dieser Frage möchte ich in diesem Beitrag nachgehen.
Unternehmensportrait
Das US-Unternehmen Netflix ist auf Online-Übertragungsdienste für Filme und Fernsehserien spezialisiert, die im Abonnement angeboten werden. Dabei zahlen Mitglieder eine monatliche Gebühr, um den Zugang zu unbegrenzten On-Demand-Inhalten auf ihren Computern, tragbaren Telefonen, Fernsehern oder anderen Geräten, zu erhalten, die mit dem Internet verbunden sind.
Erstmals Kundenschwund
In den vergangene Jahren gab es für die Aktie nur eine Richtung – nach oben, die aber bereits im Herbst unterbrochen wurde. Doch die jetzt vorgelegten Zahlen zeigen, dass nicht nur eine Vollbremsung absolviert wurde – vielmehr wurde auch noch der Rückwärtsgang eingelegt: Es wurde erstmals ein Rückgang der Nutzerzahlen seit mehr als zehn Jahren vermeldet.
Es gab ein Minus von 200.000 Kunden im ersten Quartal. Im Vorfeld wurde jedoch mit einem Zuwachs von 2,5 Mio. Kunden gerechnet. Auf Grund des Ukraine-Krieges deaktivierte Netflix in den vergangenen Wochen 700.000 Nutzerkonten in Russland – doch auch der steigende Konkurrenzdruck wirkt sich zunehmend negativ aus.
Gewinn geht zurück
Aus diesem Grund konnten dann auch die anderen Zahlen nicht überzeugen: Der Gewinn je Aktie lag bei 3,53 US-Dollar und konnte an den Gewinnzahlen im Vorjahresquartal nicht anknüpfen, als ein Gewinn von 3,75 US-Dollar je Aktie vermeldet wurde.
Der Umsatz wurde auf 7,87 Mrd. US-Dollar beziffert. Immerhin gab es hier ein Plus im Vergleich zum Vorjahresquartal von mehr als 700 Mio. US-Dollar. Doch diese steigenden Umsatzzahlen konnten den Verkaufsdruck der Aktie nicht aufhalten.
Ende der Erfolgsgeschichte?
Inzwischen stellen sich zahlreiche Marktbeobachter die Frage, ob die Erfolgsgeschichte Netflix sich dem Ende nähert. Zur Begründung wird auf das Erstarken anderer Streamingdienste verwiesen. Auch dürfte die allgemeine Teuerung den Anbietern Schwierigkeiten bereiten. Denn wenn alles teurer wird, trennt man sich von den Dingen, die zum Leben nicht unbedingt notwendig sind. Und dazu gehören nun einmal Streamingdienste.
Schaut man sich die Aktienkursentwicklung an, so ist dort – für die Anteilseigner – ebenfalls nicht für gute Unterhaltung gesorgt. Der Marktwert des Unternehmens beläuft sich inzwischen nur noch auf rund 100 Mrd. US-Dollar. Im November war der Konzern bei Aktienkursen von mehr als 700 US-Dollar noch dreimal so viel wert.
Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 20 ist die Aktie nun wieder moderat bewertet. Gut möglich, dass es – nach einer Phase der Beruhigung – mit der Aktie wieder nach oben gehen wird. Denn eins hat sich bei der Zahlenveröffentlichung einmal mehr deutlich gezeigt – die Börse neigt zu Übertreibungen. Und es ist nicht damit zu rechnen, dass der Trend zum Filme streamen schon jetzt ein Ende gefunden hat.
Für langfristig orientierte Anleger könnte dies daher eine günstige Einstiegschance sein. Allerdings kann die Übertreibung nach unten kurzfristig noch ein ganzes Stückchen weitergehen – wie andere Beispiele gezeigt haben. Wer mit etwas Geduld eine Bodenbildung abwartet, investiert daher stressfreier.