Streaming-Dienstleister Netflix trotz Preiserhöhung optimistisch
Am vergangenen Freitag hat Netflix seine Abonnentenzahlen für das vierte Quartal veröffentlicht. Fast neun Millionen Neukunden standen auf der Uhr, rund eine Million mehr, als die Finanzanalysten in ihrem Consensus erwartet hatten. Weltweit kam der Streaming-Dienstleister zum Jahreswechsel auf insgesamt 139 Mio. zahlende Kunden.
Kräftige Preiserhöhung
Gleichzeitig wurde bekannt, dass das US-Unternehmen in seinem Heimatmarkt die Preise anheben wird. Die erste Preiserhöhung seit 2017 ist zugleich auch die kräftigste, seitdem der Streamingdienst vor mehr als zwölf Jahren gestartet war. Die monatliche Abonnementgebühr für den unter insgesamt 58 Mio. US-Kunden beliebtesten Tarif wird um knapp 20% auf 13 US-Dollar erhöht.
Den Widerspruch, dass Netflix trotz der Gebührenanhebung Kunden verprellen werde, wollte der Vorstand nicht gelten lassen. Dementsprechend optimistisch rechnet das Unternehmen für das laufende Quartal trotz der Preisanhebung mit einem neuerlichen Zuwachs um 9 Mio. Abonnenten. Allerdings, und das muss jeden Mathematiker verwundern, soll der Umsatz nur mit etwa 23% auf 4,4 Mrd. US-Dollar zulegen. Was wiederum etwa 6 Prozentpunkte unter dem Umsatzwachstum des vierten Quartals läge – und das, obwohl die Preisanhebung der Umsatzentwicklung zusätzlichen Rückenwind verleihen sollte.
Unter dem Strich ist die Preiserhöhung am Kapitalmarkt dennoch gut angekommen. Immerhin stärkt das Unternehmen Ertragslage und Cashflows und dämpft damit die Sorgen vieler Investoren, dass die zum großen Teil schuldenfinanzierten Investitionen in neue Inhalte nicht länger finanziert werden könnten.
Die letzte Gelegenheit
Dass die Preiserhöhung jetzt kommt, ist wiederum wenig überraschend. So scheint das Unternehmen die letzte Chance für eine Anhebung nutzen zu wollen, bevor – wie bereits angekündigt – mächtige Konkurrenten wie Warner Media oder Walt Disney ihre Marketingmaschine für eigene Streamingdienste anwerfen. Da auch NBC, die Tochter des Telekommunikationskonzerns Comcast, ein neues Streaming-Angebot angekündigt hat, wird sich die Konkurrenzsituation auf absehbare Zeit nicht entspannen.
Zumal sich bereits heute einige Wettbewerber dem Platzhirschen Netflix die Marktführerschaft streitig machen wollen. Der Streamingdienst Hulu etwa, der von Disney, Comcast und Fox kontrolliert wird, gilt schon heute ein ernsthafter Herausforderer. So wie auch Amazon Prime.
Vor allem Amazon wird Umfragen zufolge für Netflix zu einer veritablen Alternative. Weniger in den USA, wo Netflix der – bezogen auf die Nutzerzahlen – mit Abstand größte kostenpflichtige Video-Streamingdienst ist und nur vom werbefinanzierten und für den Nutzer damit kostenlosen YouTube übertroffen wird. Wohl aber in Europa, wo Umfragen zufolge der Prime-Service von Amazon stärker wahrgenommen wird als in den USA.
Im Kampf um Bildschirmzeit
In den vergangenen Wochen hat die Netflix-Aktie deutlich zulegen können: Seit den Weihnachtstagen, als die Aktie noch für 233 US-Dollar zu haben war, inzwischen um mehr als 100 US-Dollar. Dabei könnten die besten Zeiten für Netflix vorbei sein. So hat der Vorstand seine Befürchtungen geäußert, dass weniger Amazon oder HBO als Konkurrenten angesehen werden, sondern Videospielehersteller. Vor allem der Blockbuster Fortnite wird im Wettbewerb um Bildschirmzeit intensiver wahrgenommen als etwa HBO, heißt es im Zwischenbericht. Möglicherweise kommen nun doch schwere Zeiten auf Netflix zu.