Nvidia: Milliardenübernahme von ARM weiter in der Warteschleife
Es sollte der größte Halbleiterdeal aller Zeiten werden. Bereits im letzten Jahr gab der US-Halbleiterspezialist Nvidia die geplante Übernahme des britischen Technologiekonzerns ARM bekannt. Die damals für rund 40 Milliarden Dollar in bar und eigenen Aktien von Nvidia eingefädelte Übernahme von ARM aus dem Portfolio von Softbank hatte aber von Beginn an weltweit heftige Kritik ausgelöst. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Nicht nur Kunden und Wettbewerber laufen Sturm, auch die Aufsichtsbehörden in Europa scheinen den Deal nun näher unter die Lupe nehmen zu wollen.
Britische Behörde sieht Wettbewerb in Gefahr…
Der Hintergrund der Bedenken liegt auf der Hand. Fast jedes Smartphone und Millionen anderer Geräte verfügen über lizenzierte ARM-Prozessoren. Die Liste der ARM-Lizenznehmer ist lang und liest sich wie das Who is Who der internationalen Elektronikkonzerne.
Daher erscheint die Unabhängigkeit des Unternehmens – insbesondere auch im Hinblick auf den Handels- und Technologiekonflikt zwischen den USA und China – als politisch bedeutend. Ob die Kunden auch nach einer Übernahme Zugang zu den Schlüsseltechniken des Konzerns haben, wird derweil auch von den Wettbewerbshütern bezweifelt.
….und Kunden laufen Sturm
Diese Gefahr wittern Kunden wie Qualcomm, Samsung Electronics oder auch Apple. Nvidia versucht im Gegenzug, die Bedenken zu zerstreuen und hatte Abhilfemaßnahmen angeboten. So soll ARM als unabhängiger Technologielieferant fortbestehen. Die Bedenken der britischen Regulierungsbehörde konnte der Konzern damit offenbar nicht ausräumen. Daher hatten sie den Druck erhöht und genaue Untersuchungen gefordert.
EU-Aufsicht auf der Hut
Nun folgt die EU: Laut Reuters kann die europäische Behörde die Übernahme nach der Vorprüfung mit oder ohne Konzessionen genehmigen – oder bei ernsthaften Bedenken eine mehrmonatige Untersuchung anstoßen. Diese kann ohne weiteres sechs Monate dauern. Je nach Ergebnis ist auch ein Blockieren des Geschäfts möglich. Welche Zugeständnisse Nvidia bereits gemacht hat, verrät die EU-Kommission auf Basis ihrer Statuten nicht.
Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters befragt die EU-Kommission nun Konkurrenten und Kunden zu der Übernahme, bevor sie bis zum 27. Oktober die Konzessionen akzeptiert, mehr verlangt oder eine vertiefte Untersuchung einleitet.
Frist in Gefahr
Wie auch immer die Untersuchungen ausgehen. Der Zeitplan steht auf der Kippe. Ursprünglich wollte der US-Chip-Riese den Deal bis März 2022 in trockene Tücher bringen. Jetzt könnte es sogar eng werden, die Transaktion überhaupt noch vor Ablauf der Übernahmefrist im September nächsten Jahres durchzubringen.
Warum ARM für Nvidia so wichtig ist
Für Nvidia wäre die erfolgreiche Übernahme ein wichtiger Meilenstein: ARM hat sich auf das Design von Mikroprozessoren spezialisiert. Das bedeutet: ARM Holdings stellt selbst keine Chips her, entwirft aber die Chip-Architektur, auf die inzwischen viele Chip-Kerne aufbauen. ARM-Chips kommen nicht nur in Mikroprozessoren zum Einsatz, sondern sind auch in einer Vielzahl von Sensoren, Smartphones, Internet der Dinge (IoT) Geräte und Cloud Services zu finden. Mit der Übernahme von ARM könnte Nvidia einen neuen Branchen-Giganten schaffen, der im Bereich künstliche Intelligenz (KI) eine führende Rolle einnimmt.
Wie der Übernahmekrimi ausgeht, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Sollte Nvidia nicht zum Zug kommen, dürften andere Halbleiterkonzerne wie Qualcomm oder Intel schon ein Auge auf den britischen ARM-Konzern geworfen haben.