Twilio: Management drückt auf die Kostenbremse

Vor einigen Jahren kannte der Twilio-Kurs nur eine Richtung – steil nach oben. Konnten sich Anleger Ende 2017 noch eine Twilio-Aktie für 23 Dollar ins Depot legen, musste man im Februar letzten Jahres über 420 Dollar je Anteilschein auf den Tisch legen. Doch seither befindet sich der Kurs im Korrekturmodus und wurde kräftig durchgereicht. Mit 75 Dollar hat die Aktie seit ihrem Allzeithoch bereits 80% an Wert eingebüßt.
Twilio – vom Nischenplayer zum Wachstumsstar
Twilio wurde im Jahr 2007 gegründet und hat seinen Hauptsitz in San Francisco. Geführt wird das Unternehmen vom Firmenmitgründer und Softwarespezialisten Jeff Lawson. Twilio bietet eine Cloud-basierte Kommunikationsplattform als Service an und ist damit im sogenannten Platform-as-a-Service Geschäft tätig. Mit seinen Softwarelösungen nimmt Twilio nicht Unternehmen direkt, sondern eher Softwareentwickler ins Visier.
Entwickler können mithilfe von Twilio und dessen Programmierschnittstelle Kommunikationsservices direkt in mobile Anwendungen (Apps) integrieren, ohne selbst umständlich einen solchen Service aufbauen zu müssen. Twilio ist damit praktisch das Rückgrat der Kommunikationsfunktion in vielen Apps, die Kunden letztendlich in die Lage versetzen, einfach und schnell über die App via Messaging in Kontakt mit dem Unternehmen (Kundenbetreuern etc.) zu treten.
Alle nutzen es und keiner weiß es
Twilio macht also z.B. einen Telefonanruf oder das Versenden einer SMS verfügbar als Software-Baustein in der Cloud. Doch dies sind nur die einfachsten Funktionalitäten, die Twilio so anbietet mit seiner Kommunikations-Plattform. Mittlerweile sind im Twilio-Produktportfolio viele weitere Kommunikationskanäle auch für Video-, Chat,- oder Social Media verfügbar. Auch wenn sich die wenigsten von Ihnen wahrscheinlich der Tatsache bewusst sind, sie haben wahrscheinlich schon alle einmal die Technologie von Twilio genutzt.
Wer seinem Uber-Fahrer eine Nachricht schreibt, bei seinem Airbnb-Host nach der Adresse fragt oder bei DriveNow eine SMS mit dem Standort seines gemieteten Autos bekommt, der nutzt heute schon, ohne es zu wissen, die Technologie von Twilio.
Zu den Twilio-Kunden gehören unter anderem WhatsApp als auch der Uber, PayPal, Airbnb, Netflix, die ING Bank und viele mehr. Inzwischen nutzen fast 50.000 Kunden die Web-basierte Kommunikationsplattform von Twilio.
Twilio mit beeindruckenden Wachstumsraten
Mit seinen Produkten hilft Twilio den Firmenkunden ihre Geschäftsprozesse zu erleichtern. Der Erfolg schlägt sich in einer starken Geschäftsentwicklung nieder. Seit 2013 schossen die Umsätze von 49,9 auf 2,8 Milliarden Dollar in 2021 in die Höhe. Allerdings steckt der Konzern noch tief in der Verlustzone. In 2021 musste Twilio unter dem Strich einen Verlust in Höhe von 949,9 Millionen Dollar verbuchen.
Wachstumsdynamik lässt deutlich nach
Auch im abgelaufenen zweiten Quartal des aktuellen Geschäftsjahres hielt das Wachstum an. Die Umsätze kletterten um 41% auf 943,5 Millionen Dollar in die Höhe. Damit wurden zwar die Analystenschätzungen (Quelle: Seekingalpha) um 23 Millionen Dollar übertroffen, aber das Wachstum ließ deutlich nach. Zum Vergleich: Im Vorquartal betrug das Umsatzplus noch 48% (Q4 2021: 54%, Q3 2021: 65%).
Das Nettoergebnis lag im Berichtszeitraum bei minus 322,77 Millionen Dollar (Vorjahr: -227,85 Mio. Dollar).
Management lässt den Rotstift kreiseln
Unterdessen will die Konzernführung die Effizienz deutlich steigern und lässt den Rotstift kreiseln. Der Vorstandsausschuss genehmigte einen Umstrukturierungsplan, um die Kosten zu senken, die Betriebsmargen zu verbessern und die Vertriebskapazitäten zu verlagern, um den Softwareverkauf zu beschleunigen. Insgesamt sollen 11% der Mitarbeiter entlassen werden. Unmittelbar vor der Ankündigung der Entlassungen war die Belegschaft in nur einem Jahr um etwas mehr als ein Drittel angewachsen.
Das Unternehmen nimmt 70 bis 90 Millionen Dollar an Kosten für die Umstrukturierung auf sich, bestätigte aber die Prognose vom letzten Monat für das dritte Quartal. Demnach soll der Umsatz zwischen 965 bis 975 Millionen Dollar und der bereinigte Gewinn pro Aktie zwischen 0,43 bis 0,37 Dollar liegen.