Twilio mit weiterer Milliarden-Übernahme – Was bedeutet das?

Die Twilio Aktie hat allein in diesem Jahr trotz Corona-Krise und wirtschaftlicher Unwägbarkeiten um knapp 200 % zugelegt. Inzwischen wird der Cloud– und Software-Spezialist zur Freude der Anleger an der Börse mit knapp 50 Mrd. US-Dollar bewertet.
Nach der milliardenschweren Übernahme der E-Mail-Plattform SendGrid Anfang 2019, hat Twilio den bis dato größten Zukauf in der Firmengeschichte getätigt. Mitte Oktober kaufte Twilio den US-Datenspezialisten Segment für 3,2 Mrd. US-Dollar. Viele Anleger fragen sich, ob dieser hohe Kaufpreis gerechtfertigt ist und ob die Twilio Aktie davon profitieren kann.
Warum gibt Twilio 3 Mrd. Dollar für Segment aus?
Die US-Softwarefirma Segment mit Sitz in San Francisco wurde ursprünglich im Jahr 2011 gegründet und sieht sich als Marktführer im Bereich Customer Data Platform (CDP). Das bedeutet, Segment sammelt Kundendaten über mehrere Datenquellen (Smartphones, E-Commerce, E-Mails etc.) und bereitet diese zur Weiterverarbeitung auf.
Das große Problem ist, dass viele Firmen auf unterschiedlichste Daten zurückgreifen, um z.B. Aufgaben (Marketing-Aktionen, Webseiten-Optimierung etc.) zu automatisieren. Segment sorgt dafür, dass Firmen nicht nur ein einheitliches Kundenbild (Profil) erhalten, indem Daten aus unterschiedlichen Quellen in einer einzigen Bibliothek zusammengefasst werden, sondern auch dafür, dass diese Daten dann auch von anderen Anwendungen weiterverarbeitet werden können.
Mehr als 20.000 Firmen (Intuit, Levi`s etc.) weltweit nutzen bereits Segment, um Echtzeit-Entscheidungen aufgrund der Datenlage zu treffen. Unter dem Strich hilft Segment Firmen, schneller zu wachsen und das Kundenerlebnis zu verbessern. Genau dieser Markt (Kundenbindung) gewinnt immer mehr an Bedeutung. Mit der Übernahme von Segment verschafft sich Twilio einen Zugang zu einem potenziellen 17 Mrd. US-Dollar schweren Markt.
Wachstumsmotor Twilio Flex
Twilio ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Allein im vergangenen Quartal kletterten die Umsätze um 52 % auf 448 Mio. US-Dollar. Dabei konnte Twilio überraschend einen kleinen Gewinn von vier US-Cent je Aktie ausweisen, während Analysten zuvor mit roten Zahlen gerechnet hatten.
Twilio betreut inzwischen mehr als 200.000 aktive Kunden. Als Wachstumsmotor im Unternehmen gilt vor allem Twilio Flex. Dabei handelt es sich um eine Kommunikations-Plattform, die Twilio erst vor 2 Jahren eingeführt hat. Mithilfe von Twilio Flex können Firmen eine eigene, programmierbare Kontakt-Center-Lösung aufbauen. Genau diese Lösung konnte allein im ersten Halbjahr 2020 ihren Umsatz um 184 % steigern und wächst damit mehr als drei Mal schneller als das Kerngeschäft von Twilio.
Zudem dürfte sich das sogenannte Kontakt-Center als Service Geschäft in den nächsten Jahren bis 2023 nahezu verdoppeln – auf 13 Mrd. US-Dollar, glaubt man bei Twilio.
Fazit: Twilio steht erst am Anfang
Obwohl Twilio in den letzten 5 Jahren bereits fulminant gewachsen ist, dürfte der Cloud-Spezialist noch am Anfang stehen. In 2021 erwarten Analysten, dass Twilio erstmals die Umsatzmarke von 2 Mrd. US-Dollar überschreiten wird. Damit ist Twilio im Vergleich zu anderen Cloud-Spezialisten wie Salesforce.com noch ein eher kleiner Player.
Durch geschickte Zukäufe hat Twilio den adressierbaren Markt für seine Produkte in den letzten Jahren auf geschätzte 87 Mrd. US-Dollar erweitert. Daher sehen Analystenhäuser noch Kurspotenzial. Die Finanz-Experten aus dem Hause Oppenheimer haben jüngst erst ihr Kursziel für die Twilio Aktie auf weit über 500 US-Dollar angehoben. Die Analysten verweisen darauf, dass Twilio insbesondere bei den 2.000 größten Unternehmen der Welt (G2K) rasant neue Kunden gewinnt.
Unter dem Strich ist die Twilio Aktie vor allem für jene Anleger interessant, die vom Boom im Bereich Cloud Computing profitieren wollen. Der Aktienkurs spiegelt die Voraussicht des Managements wider, das in den letzten 2 Jahren und insbesondere in der Corona-Krise die richtigen Entscheidungen getroffen hat.