Twilio: Softwarekonzern bringt 3,2 Milliarden Dollar schwere Segment-Übernahme in trockene Tücher
Die Entwicklung von Twilio, einem Spezialisten für Cloud-basierte Kommunikation, konnte sich in den letzten Jahren durchaus sehen lassen. Seit 2013 vervielfachten sich die Umsätze von 50 Millionen auf über 1,13 Milliarden Dollar im zurückliegenden Geschäftsjahr. Ein Teil des immensen Wachstums ging auch auf das Konto von Übernahmen. Erst vor zwei Jahren hatte der API-Dienst zwei Milliarden US-Dollar für den E-Mail-Marketing-Anbieter Sendgrid bezahlt. Jetzt hat der Anlegerliebling wieder einmal zugeschlagen und gerade die nächste milliardenschwere Übernahme unter Dach und Fach gebracht.
Twilio – vom Nischenplayer zum Wachstumsstar
Bevor ich auf den aktuellen Deal eingehe, möchte ich Ihnen den US-Konzern erst einmal näher vorstellen: Twilio wurde im Jahr 2007 gegründet und hat seinen Hauptsitz in San Francisco. Geführt wird das Unternehmen vom Firmenmitgründer und Softwarespezialisten Jeff Lawson. Twilio bietet eine Cloud-basierte Kommunikationsplattform als Service an und ist damit im sogenannten Platform-as-a-Service Geschäft tätig. Mit seinen Softwarelösungen nimmt Twilio nicht Unternehmen direkt, sondern eher Softwareentwickler ins Visier.
Entwickler können mithilfe von Twilio und dessen Programmierschnittstelle Kommunikationsservices direkt in mobile Anwendungen (Apps) integrieren, ohne selbst umständlich einen solchen Service aufbauen zu müssen. Twilio ist damit praktisch das Rückgrat der Kommunikationsfunktion in vielen Apps, die Kunden letztendlich in die Lage versetzen, einfach und schnell über die App via Messaging in Kontakt mit dem Unternehmen (Kundenbetreuern etc.) zu treten.
Viele nutzen Twilio ohne es zu wissen
Twilio macht also z.B. einen Telefonanruf oder das Versenden einer SMS verfügbar als Software-Baustein in der Cloud. Doch dies sind nur die einfachsten Funktionalitäten, die Twilio so anbietet mit seiner Kommunikations-Plattform. Mittlerweile sind im Twilio-Produktportfolio viele weitere Kommunikationskanäle auch für Video-, Chat,- oder Social Media verfügbar. Auch wenn sich die wenigsten von Ihnen wahrscheinlich der Tatsache bewusst sind, sie haben wahrscheinlich schon alle einmal die Technologie von Twilio genutzt.
Wer seinem Uber-Fahrer eine Nachricht schreibt, bei seinem Airbnb-Host nach der Adresse fragt oder bei DriveNow eine SMS mit dem Standort seines gemieteten Autos bekommt, der nutzt heute schon, ohne es zu wissen, die Technologie von Twilio. Zu den Twilio-Kunden gehören unter anderem WhatsApp als auch der Uber, PayPal, Airbnb, Netflix, die ING Bank und viele mehr.
Twilio legt 3,2 Milliarden Dollar für strategischen Deal auf den Tisch
Jetzt will der Technologiekonzern mit einem weiteren Zukauf sein Wachstum ankurbeln. Nach wenigen Wochen bringt Twilio die 3,2 Milliarden Dollar schwere Übernahme der API-Firma Segment, die Anfang Oktober bekannt gegeben wurde, bereits unter Dach und Fach. Zum Hintergrund: Segment bietet über verschiedene Schnittstellen einfachen Zugang zu Funktionen, deren Umsetzung Unternehmen sonst einen erheblich höheren Entwicklungsaufwand abverlangen würde. Konkret dreht es sich bei Segment um die Sammlung von Kundendaten aus verschiedenen Quellen, wie CRM-Systemen und Kundenanfragen. Segment hat nach eigenen Angaben rund 20.000 Unternehmenskunden. Darunter so bekannte Namen wie Levi’s oder Fox.
Zusammen mit Segment und Sendgrid könnte Twilio das eigene Angebot deutlich über den reinen Kommunikationsbereich hinaus erweitern. Die mit Segment aggregierten Kundendaten könnten dann beispielsweise im Zusammenspiel mit Sendgrid für kundenspezifische Mailings oder Werbekampagnen genutzt werden.
Drittes Quartal über den Erwartungen
Unterdessen konnte Twilio mit seinen Zahlen zur Geschäftsentwicklung im dritten Quartal die Erwartungen der Anleger schlagen. Der Umsatz kletterte um 52% auf 448 Millionen Dollar (vs. 410 Millionen Dollar erwartet). Unter dem Strich blieb ein Gewinn pro Aktie von 4 Cent hängen, was ebenfalls deutlich über den Prognosen lag (-4 Cent) lag. Zudem verzeichnete das Unternehmen im Q3 mehr als 208.000 aktive Kunden-Accounts. Lediglich mit der etwas verhaltenen Gewinnprognose für das laufende vierte Quartal konnte der Konzern bei seinen Anleger nicht vollumfänglich punkten.