Können Stiefkinder erben? Infos und Möglichkeiten

Können Stiefkinder erben? Infos und Möglichkeiten
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Kinder sind in Deutschland nicht gleich Kinder, zumindest dann nicht, wenn es um die Erbfolge und das Erbrecht im Allgemeinen geht. So gibt es teilweise im Erbfall und bei Erben Unterschiede zwischen leiblichen Kindern, Pflegekindern und Stiefkindern, die zum Beispiel vom Erblasser als Stiefvater der Stiefmutter eventuell zu berücksichtigen sind.

In unserem Beitrag erfahren Sie, ob es ein gesetzliches Erbrecht für Stiefkinder gibt und diese einen Anspruch auf einen Pflichtteil haben. Ferner gehen wir darauf ein, ob Stiefkinder mit leiblichen Kindern gleichgestellt sind, Erbschaftssteuer zahlen müssen und, welche Möglichkeiten es gibt, Stiefkinder im Erbfall einzusetzen.

Existiert ein gesetzliches Erbrecht für Stiefkinder?

In Deutschland sind Stiefkinder von der Erbfolge in der Hinsicht ausgeschlossen, als dass kein gesetzliches Erbrecht im Erbfall existiert. Das führt dazu, dass Stiefkinder nach deutschem Recht nicht einmal die gesetzliche Option haben, einen Pflichtteil einzufordern. Diese Tatsache sollte auch der entsprechende Stiefelternteil berücksichtigen, wenn er Stiefkinder eventuell als Erben in seinem Erbfall einsetzen möchte, also zu Lebzeiten.

Grundlage dafür, dass Stiefkinder keinen Pflichtteil fordern können und auch nicht in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt werden, ist in erster Linie der Paragraph 1589 BGB. Dieser besagt nämlich, dass die Erbfolge und damit ein gesetzliches Erbrecht im Erbfall nur für Personen gilt, die miteinander verwandt sind. Das allerdings würde voraussetzen, dass zum Beispiel Kinder vom Stiefelelternteil abstammen würden, was naturgemäß nicht der Fall ist.

Stiefkinder haben zwar kein gesetzliches Erbrecht und können ebenso keinen Pflichtteil einfordern. Im Bereich der Erbschaftssteuer sind sie allerdings gleichgestellt, indem ihnen der gleiche Freibetrag wie leiblichen Kindern zusteht.

Gibt es eine Gleichstellung der Stiefkinder mit leiblichen Kindern?

Aufgrund der bereits beschriebenen Situation, dass Stiefkinder von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind und auch keinen Pflichtteil einfordern, ergibt sich quasi automatisch, dass Sie nicht mit leiblichen Kindern gleichgestellt sind. Der wesentliche Grund ist, dass Stiefkinder nicht mit dem Stiefvater oder der Stiefmutter, also dem jeweiligen Stiefelternteil, verwandt sind. Deshalb ist es im Erbfall nicht möglich, dass die entsprechenden Stiefkinder, nachdem der Stiefelelternteil verstorben ist, per Gesetz am Erbe beteiligt werden.

Haben Stiefkinder einen Anspruch auf einen Pflichtteil?

Wie im bisherigen Beitrag bereits kurz angesprochenen, haben Stiefkinder kein Recht darauf, einen Pflichtteil zu fordern. Der Pflichtteil steht ihnen schlichtweg per Gesetz nicht zu, da sie von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind. Wenn die Ehegatten das ändern möchten, stehen ihnen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, wie zum Beispiel ein Testament oder ein Erbvertrag. Darauf gehen wir im übernächsten Abschnitt unseres Beitrages näher ein.

Müssen Stiefkinder Erbschaftssteuer zahlen?

Etwas erstaunlich ist es sicherlich auf den ersten Blick, dass Stiefkinder zwar zum einen von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind und auch keinen Pflichtteil fordern können. Auf der anderen Seite sind sie allerdings im Zuge der Erbschaftssteuer den leiblichen Kindern absolut gleichgestellt. Das gilt übrigens auch für Schenkungen zu Lebzeiten, wenn es um den Freibetrag geht. Konkret bedeutet das, dass den Stiefkindern der gleiche Freibetrag wie leiblichen Kindern zusteht, nämlich 400.000 Euro je Stiefelternteil.

Die rechtliche Grundlage ist hier der Paragraph 15 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz. Dieser besagt, dass auch alle Stiefkinder zu den steuerlich begünstigten Personen im Erbfall im Hinblick auf die Erbschaftssteuer zählen. Das führt dazu, dass ihnen der volle Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro im Erbfall bei der Erbschaftssteuer zusteht.

Bei einer Schenkung zu Lebzeiten verhält es sich ähnlich. Auch in diesem Fall können Stiefkinder den vollen Freibetrag nutzen, dann sogar alle zehn Jahre. Will ein Stiefelelternteil, also Stiefvater oder Stiefmutter, noch zu Lebzeiten eine Schenkung vorzunehmen, sind beispielsweise innerhalb 30 Jahren zusammen über eine Million Euro für die entsprechenden Stiefkinder steuerfrei.

Im Erbfall ist klar zu unterscheiden, dass Stiefkinder von der Erbfolge ausgeschlossen sind und keinen Anspruch auf einen Pflichtteil haben, als wenn es um das Thema Erbschaftssteuer geht. Dann sind sie nämlich leiblichen Kindern gleichgestellt und haben die gleichen Freibeträge. Das gilt auch zu Lebzeiten bei einer Schenkung durch den Stiefelternteil.

Welche Möglichkeiten gibt es für das Erbe von Stiefkindern?

Häufig möchte der entsprechende Stiefelelternteil, dass die Stiefkinder im Erbfall beteiligt werden. Er kann zum Beispiel eine Schenkung zu Lebzeiten vornehmen, auf die wir bereits etwas näher eingegangen sind. Oftmals möchten die entsprechenden Ehegatten auf jeden Fall eine gute Regelung für die Betroffenen finden, also die Ehegatten mit leiblichen als auch mit Stiefkindern. Dann gibt es in erster Linie die folgenden Möglichkeiten, was Stiefvater und Stiefmutter, also in dem Fall die betreffenden Ehegatten, unternehmen können. Die Optionen sind:

  • Adoption
  • Einzeltestament 
  • Erbvertrag
  • Berliner Testament

Auf diese Optionen möchten wir jetzt etwas näher eingehen. 

Möglichkeit 1: Adoption

Wenn der Stiefelternteil das Stiefkind im Erbfall bedenken möchte, da die gesetzliche Erbfolge bei Stiefkindern nicht greift und es auch keinen Anspruch auf einen Pflichtteil gibt, besteht eine Möglichkeit in der Adoption des entsprechenden Stiefkindes. Das bedeutet, dass der Stiefelternteil die Stiefkinder als seine eigenen Kinder anerkennt. Dadurch werden sie zu gesetzlichen Erben und sind somit in die Erbfolge integriert. Das bedeutet übrigens auch, dass die Stiefkinder in dem Fall gegenüber dem Stiefelternteil, also dem Stiefvater oder der Stiefmütter, einen Anspruch auf den Pflichtteil hätten.

Möglichkeit 2: Einzeltestament

Eine zweite Option besteht darin, dass der jeweilige Stiefelternteil ein Einzeltestament erstellt. Auf diese Weise haben die Ehegatten bzw. der einzelne Stiefelternteil die Möglichkeit, die gesetzlich festgelegte Erbfolge aufzuheben, da ein Einzeltestament beim Erbe vorrangig behandelt wird. Das gilt für leibliche Kinder genauso wie nicht leibliche Kinder.

Möglichkeit 3: Erbvertrag

Eine dritte Option ist der Erbvertrag, der alternativ zum Testament erstellt werden kann. In diesem Fall kann der Erbvertrag ebenfalls von einem Stiefelelternteil oder den Ehegatten gemeinsam aufgesetzt werden. Ein wichtiger Unterschied zwischen dem Einzeltestament und dem Erbvertrag besteht darin, dass der Erbvertrag sich nicht ohne Weiteres widerrufen, auflösen oder ändern lässt. Während das Einzeltestament auch das gemeinschaftliche Testament eine einseitige Willenserklärung darstellen, handelt es sich beim Erbvertrag um einen zweiseitig bindend Vertrag. Auch in diesem Fall steht den Stiefkindern dann ein Pflichtteil zu, wie es auf leibliche Kinder als Erben auch zutrifft. 

Möglichkeit 4: Berliner Testament

Neben dem Einzeltestament, dem Erbvertrag sowie der Adoption gibt es noch eine vierte Möglichkeit, wie ein Stiefelelternteil oder die Ehegatten Stiefkinder im Erbfall und damit am Erbe beteiligen können. Es handelt sich dabei um das sogenannte Berliner Testament. Dies beinhaltet, dass sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Der Gedanke dahinter ist, dass in dem Fall die jeweiligen Kinder des Ehegatten, also auch Stiefkinder, durch das Testament und die Verfügung an der Erbfolge teilhaben und zu Erben werden.