Dividende oder Aktienrückkauf – der Unterschied
Zunächst einmal haben Aktienrückkäufe mit Dividenden eine Gemeinsamkeit: Sie sind eine Art Gewinnausschüttung.
Doch sind Aktienrückkäufe nicht genau das Gegenteil der Funktion, die die Aktie eigentlich hat, nämlich Unternehmen mit Eigenkapital zu versorgen?
Ist die Frage berechtigt?
Ja, sie ist es. Denn es gibt Situationen, in denen ein Unternehmen über mehr liquide Mittel verfügt, als es aktuell benötigt.
Wenn kein Investitions-Bedarf besteht, stellt sich die Frage nach der optimalen Verwendung dieser Liquidität im Interesse der Aktionäre.
Es ist nicht sinnvoll, wenn Unternehmen die Mittel selbst am Kapitalmarkt anlegen, denn wir haben die Aktie ja wegen des operativen Geschäftes gekauft und nicht, damit das Unternehmen das Geld anderswo investiert – das können wir selbst.
Weiterhin kommt die Schulden-Tilgung in Betracht. Ist die Eigenkapitalquote schon sehr hoch, kann das Unternehmen das Geld auch den Aktionären zurückzahlen.
Dabei besteht die Wahl zwischen einer erhöhten Dividenden-Zahlung und einem Aktienrückkauf.
Hauptversammlung muss Aktienrückkäufe genehmigen
Bevor ein Unternehmen eigene Aktien zurückkaufen kann, muss sich das Management zunächst einmal die Genehmigung der Hauptversammlung einholen.
Gesetzlich erlaubt ist ein Rückkauf eigener Aktien von bis zu 10% des Grundkapitals.
Wurde der Aktienrückkauf von der Hauptversammlung genehmigt, kann das Unternehmen mit dem Kauf eigener Aktien beginnen. Die Details der Transaktionen müssen veröffentlicht werden.
Wenn die Aktienanzahl sinkt, steigt der Gewinn je Aktie
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, warum ein Unternehmen Aktienrückkäufe durchführt.
Eine davon ist, die zurückgekauften Aktien einzuziehen. Dadurch sinkt die Anzahl der im Handel befindlichen Anteilscheine.
Dies wiederum hat zur Folge, dass sich der Konzern-Gewinn auf weniger Aktien verteilt. Dadurch steigt automatisch der Gewinn je Aktie, der z. B. zur Berechnung des vielbeachteten Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) herangezogen wird.
Achtung!
Aktien die ein Unternehmen zurückgekauft hat, sind nicht mehr im Umlauf.
Sie haben keine Dividenden-Berechtigung und auch keine Stimme auf der Hauptversammlung.
Aktien als Akquisitions-Währung
Werden die Aktien nicht eingezogen, hat das Unternehmen die Möglichkeit, die Papiere als Gehalts-Bestandteil an die Angestellten weiterzugeben und diese so längerfristig an sich zu binden.
Alternativ werden Aktien, die über die Börse zurückgekauft wurden, häufig dafür verwendet, spätere Übernahmen zu finanzieren.
Die eigenen Aktien werden somit als „Akquisitions-Währung“ verwendet.
Nach einem Aktienrückkauf sinkt auch der Streubesitz und erschwert so eine feindliche Übernahme.
Positiver Effekt auf den Kurs
Durch die Rückkäufe erhofft sich das Management einen positiven Effekt auf den Aktienkurs.
Kauft das Unternehmen nämlich eigene Aktien über die Börse, stärkt dies die Nachfrage und häufig auch den Kurs. Eine Garantie dafür gibt es allerdings nicht.
Steigende Dividenden trotz konstanter Ausschüttungs-Summe
Nach einem Aktienrückkauf kann die Dividende pro Aktie erhöht werden, obwohl die gesamte ausgeschüttete Summe konstant bleibt.
Das ist die direkte Folge des größeren Anteils am Unternehmen jeder Aktie.
Ein kleines Rechenbeispiel:
Das Kapital einer Aktiengesellschaft ist in 1.000 Aktien eingeteilt. Für jede Aktie wird 1 € Dividende ausgeschüttet, insgesamt also 1.000 €.
Außerdem kauft das Unternehmen 10% der ausstehenden Aktien zurück. Im nächsten Jahr sind nur noch 900 Aktien im Umlauf.
Wenn auch im nächsten Jahr wieder insgesamt 1.000 € ausgeschüttet werden, können für jede Aktie bereits 1,11 € ausgeschüttet werden. Für den Aktionär bedeutet das eine Erhöhung um 11%.
Und wenn es einmal nicht so gut läuft:
Gleiches Szenario wie oben, und wir unterstellen einen Umsatz von 10.000 € sowie einen Gewinn von 2.000 €, woraus sich eine Umsatzrendite von 20% errechnet.
Der Gewinn je Aktie beträgt demnach 2.000 € / 1.000 = 2 €. Im nächsten Jahr sinkt die Umsatzrendite bei gleichem Umsatz auf 18% – ergibt einen Gewinn von 1.800 €.
Der Gewinn je Aktie beträgt durch den Aktienrückkauf wie im Vorjahr 1.800 € / 900 = 2 €. Wäre die Umsatzrendite nur auf 19% gefallen, wäre der Gewinn je Aktie – trotz gefallener Marge – auf 2,11 € gestiegen.
Zinsloses Darlehen vom Staat
Dividenden müssen versteuert werden, oftmals direkt an der Quelle. Bei Aktienrückkäufen steigt dagegen der Anteil einer Aktie am Unternehmen – und damit der Wert einer Aktie.
Langfristig wird sich das auch im Kurs wiederspiegeln. Steuern werden allerdings erst bei einem Verkauf auf den Gewinn fällig.
Langfrist-Anleger erhalten auf diese Weise für die Dauer ihrer Anlage eine Art zinslosen Kredit vom Staat, da die Steuern erst viel später fällig werden.