Point & Figure Charttechnik: Aktienanalyse mit klarer Sicht

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Point & Figure Chart ist eine besondere Darstellungsform von Kursbewegungen, die signifikante Preisänderungen betont und kleinere Schwankungen ausblendet
  • Dadurch werden Unterstützungen und Widerstände, sowie Trends und Umkehrpunkte klar erkennbar
  • Der Point & Figure Chart basiert auf einem simplen Funktionsprinzip, bei dem in einem Raster „X“-Markierungen für Kursanstiege und „O“-Markierungen für Kursrückgänge eingetragen werden
  • Kauf- und Verkaufssignale werden durch spezifische Kursformationen ausgelöst
  • Die Point & Figure Technik hat gegenüber Liniencharts und Candlesticks Charts diverse Vor- und Nachteile, wobei besonders längerfristig orientierte Händler, die Trends identifizieren und nach diesen handeln möchten, von der Technik profitieren könnten

Die Finanzmärkte sind geprägt von zahlreichen Analysetechniken für Aktien, darunter auch die in Vergessenheit geratene, aber nicht minder faszinierende Point & Figure Charttechnik. In diesem Artikel geben wir einen Überblick über diese besondere Art der Chartanalyse, erläutern die Vorteile und Nachteile und für welchen Typ Anleger diese Analysetechnik geeignet sein kann.

Was ist ein Point & Figure Chart an der Börse?

Der Point & Figure Chart ist eine spezielle Darstellungsform von Kursbewegungen an der Börse, die bereits im 19. Jahrhundert entwickelt wurde. Sie ist jedoch vor allem im europäischen Raum zunehmend in Vergessenheit geraten. Im Gegensatz zu herkömmlichen Candlesticks Charts oder Liniencharts fokussiert sich der Point & Figure Chart auf signifikante Preisänderungen, indem es kleinere Kursbewegungen ausblendet. Die Grafik besteht aus “X”- und “O”-Markierungen, die Auf- und Abwärtsbewegungen der Kurse repräsentieren.

Wie funktioniert die Point & Figure Charttechnik?

Die Funktionsweise des Point & Figure Charts beruht auf einer simplen Logik. Jedes “X” steht für einen Anstieg des Kurses, während jedes “O” für einen Rückgang steht. Die Kursbewegungen werden in Spalten und Reihen in einem Raster angeordnet, wobei jede Box eine vordefinierte Kursänderung repräsentiert. Durch diese Art der Darstellung in einem Raster, ist es besonders einfach, sowohl Unterstützungen und Widerstände als auch Trends und Trendumkehrpunkte klar zu erkennen.

Die Boxgrößen können auf Basis der persönlichen Präferenzen selbst festgelegt werden. Auch die Umkehrgrößen, das sogenannte „Box Reversal“ kann individuell bestimmt werden. Als Standard gilt ein „3 Box Reversal“. Das bedeutet, dass der Kurs einer Aktie um mindestens drei Boxen korrigieren muss, bevor eine neue Spalte geöffnet werden kann. So wird vermieden, dass bereits kleinste Korrekturen eine Trendumkehr bewirken und Fehlsignale ausgelöst werden.

Beispiel

Die Boxgröße für den Kurs einer Aktie wird mit einem Euro festgelegt. Der Kurs der Aktie notiert bei 50,00 Euro und befindet sich in einem Aufwärtstrend, sodass die Eintragungen in der X-Spalte vorgenommen werden. Steigt die Aktie am Folgetag auf 51,22 Euro, so wird in der 51-Euro-Box ein weiteres X eingetragen. Wenn die Aktie am nächsten Tag auf 52,89 steigt, so wird in der 52-Euro-Box ein weiteres X eingetragen. Es gilt zu beachten, dass es zu keinen kaufmännischen Rundungen kommt. Das heißt, erst wenn der Kurs mindestens die vollen 53 Euro erreicht, wird ein weiteres X in der 53-Euro-Box eingetragen.

Die Reversal-Größe in diesem Beispiel wird gemäß dem Standard mit drei Boxen festgelegt. Steht die Aktie aktuell bei 53 Euro und beginnt zu sinken, gilt eine Trendumkehr erst dann als gegeben, wenn der Kurs um mindestens 3 Euro bzw. drei Boxen sinkt. Erst dann kann eine neue Spalte, und zwar eine O-Spalte, geöffnet werden.

Wann entstehen im Point & Figure Chart Kaufsignale und Verkaufssignale?

Kauf- und Verkaufssignale im Point & Figure Chart werden durch die Bildung von bestimmten Musterformationen ausgelöst. Ein Kaufsignal entsteht, wenn eine X-Spalte die vorhergehende übertrifft, während ein Verkaufssignal auftritt, wenn eine O-Spalte die vorhergehende unterschreitet. Diese klaren Signale sollen Anlegern helfen, günstige Ein- und Ausstiegspunkte zu identifizieren.

Welche Chartformationen können im Point & Figure Chart auftreten?

Es gibt eine Reihe verschiedener Formationen, die im Point & Figure Chart auftreten können. Dazu gehören:

  • Double Top und Double Bottom
  • Bullish Signal und Bearish Signal
  • Triple Top Buy und Triple Bottom Sell
  • Bullish Catapult und Bearish Catapult
  • Bullish Triangle und Bearish Triangle
  • Spread Triple Top und Spread Triple Bottom
  • Bullish Shakeout und Bearish Shakeout

All diese Signale liefern wichtige Informationen über den Markt. Die Interpretation dieser Muster spielt eine entscheidende Rolle bei der Anwendung der Point & Figure Charttechnik im Trading.

Ist Point & Figure Charting sinnvoll?

Die Point & Figure Charttechnik weist gegenüber anderen Techniken der Technischen Analyse bzw. gegenüber anderen Charttypen wie Liniencharts und Candlesticks Charts einige Vorteile und Nachteile auf.

Vorteile von Point & Figure Charts

  • Klarheit und Einfachheit: Point & Figure Charts sind einfach zu verstehen und bieten eine klare Visualisierung von Trends bei Aktien. Unterstützungen und Widerstände können einfacher identifiziert werden, genauso wie bullische und bärische Trendmuster. Die Handelssignale zeigen sich klar und weniger anfällig für subjektive Interpretationen.
  • Setzen individueller Präferenzen: Anleger können auf Basis der persönlichen Präferenzen individuell bestimmen, wie schnell der Chart auf Kursänderungen reagieren soll. Je nachdem, wie sensibel die Einstellung erfolgt, kann es also durchaus sein, dass über längere Zeiträume keine Eintragungen vorgenommen werden, wodurch sich eindeutigere Signale ergeben.
  • Weniger Rauschen: Durch die Definition von Box- und Reversal-Größen können unbedeutende Kursschwankungen herausgefiltert werden, was zu weniger Rauschen in der Analyse führt. Dadurch können Fehlsignale besser vermieden werden.
  • Fokus auf Trends: Durch die Betonung von signifikanten Kursänderungen liegt der Fokus auf längerfristigen Trends bei Aktien.
  • Relativ hohe Eintrittswahrscheinlichkeit: Altere Studien, wie die „Profit and Probability – Technical Analysis of the Price Fluctuations of Common Stocks“ von Robert Earl Davis (1969), legen eine vergleichsweise hohe Eintrittswahrscheinlichkeit der Formationen nahe. Demnach wären entsprechende Handelsentscheidungen, die auf der Basis von Point & Figure Chartformationen getroffen werden, besonders profitabel.

Nachteile von Point & Figure Charts

  • Nicht für kurzfristige Analysen geeignet: Point & Figure eignet sich weniger für kurzfristig orientierte Händler, die auf schnelle Kursbewegungen reagieren möchten. Für Intraday Trading oder Daytrading ist diese Technik also eher weniger geeignet.
  • Begrenzte Detailtiefe: Die Reduzierung von Informationen kann in manchen Situationen zu einem Mangel an Detailtiefe führen.
  • Nicht für alle Märkte geeignet: Point & Figure ist nicht für alle Märkte und Assets gleichermaßen geeignet. Vor allem für schnelllebige und volatile Märkte sowie für Devisenmärkte (Forex) und für illiquide bzw. wenig gehandelte Assets ist die Point & Figure Charttechnik möglicherweise nicht die beste Wahl.
  • Angepasstes Risikomanagement erforderlich: Die Point & Figure Charttechnik erfordert nicht zwangsläufig ein besseres Risikomanagement als andere Techniken. Sie stellt jedoch spezifische Anforderungen an das Risikomanagement, die sich von denen anderer Methoden unterscheiden.

Für welchen Anlegertyp ist Point & Figure Charting sinnvoll?

Point & Figure Charting eignet sich besonders für langfristig orientierte Anleger und Investoren, die klare Trends bei Aktien identifizieren und diesen folgen möchten. Langfristige Positionstrader, die weniger auf kurzfristige Volatilität reagieren, können von der einfachen und fokussierten Natur des Point & Figure Chartings profitieren. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Technik nicht für jeden Anleger geeignet ist und dass eine fundierte Wissensbasis über die Anwendung erforderlich ist, um die Vorteile optimal zu nutzen.

Insgesamt bietet das Point & Figure Charting eine einzigartige Perspektive auf die Kursbewegungen an der Börse. Die klare Struktur und die Fokussierung auf wesentliche Preisänderungen machen diese Technik zu einem interessanten Werkzeug für Anleger, die sich intensiver mit der technischen Analyse auseinandersetzen möchten. Anleger, die von den Vorteilen der Point & Figure Charts profitieren möchten und in das weiter oben beschriebene Handelsprofil passen, können ihr persönliches Trading Analyse Toolkit durch das Point & Figure Charting sinnvoll ergänzen.