Knock-Out-Zertifikate und Turbo-Zertifikate: Vorteile & Risiken

Was sind Knock-Out-Zertifikate und Turbo-Zertifikate?
Knock-Out-Zertifikate, auch als Turbo-Zertifikate bezeichnet, gehören zur Familie der Hebelprodukte und bieten Anlegern die Möglichkeit, überproportional an der Kursentwicklung eines Basiswerts teilzuhaben. Der eingebaute Hebel verstärkt sowohl Gewinne als auch Verluste und macht sie besonders risikoreich.
Wie funktionieren Knock-Out-Zertifikate?
Die Funktionsweise von Knock-Out-Zertifikaten ist grundsätzlich einfach. Das Zertifikat spiegelt die Kursentwicklung eines Basiswerts wider (z. B. ein Aktienindex, eine Aktie, eine Währung oder ein Rohstoff), verstärkt durch einen Hebel. Der Hebel ist das zentrale Merkmal von Knock-Out-Zertifikaten. Er verstärkt Kursgewinne – aber auch Kursverluste.
Beispiel: Ein Hebel von 10 bedeutet, dass jede Bewegung des Basiswerts um den Faktor 10 multipliziert wird. Steigt ein Aktienindex wie der DAX um 1 %, so steigt der Kurs des Zertifikats um 10 %. Steigt der DAX-Kurs um 3 %, steigt der Kurs des Zertifikats überproportional um 30 %. Dasselbe gilt natürlich auch für die andere Richtung bzw. bei Kursverlusten.
Knock-Out-Schwelle – der entscheidende Punkt
Jedes Knock-Out-Zertifikat hat zudem eine Knock-Out-Schwelle. Wird diese vom Kurs des Basiswerts erreicht, verfällt das Zertifikat sofort wertlos und der Anleger erleidet einen Totalverlust seines eingesetzten Kapitals.
Welche Arten von Knock-Out-Zertifikaten gibt es?
Es ist wichtig, zwischen zwei Arten von Zertifikaten zu unterscheiden:
- Long-Knock-Out-Zertifikate: Anleger spekulieren auf steigende Kurse des Basiswerts. Sie werden auch Call-Knock-Outs genannt. Die Knock-Out-Schwelle befindet sich dabei unterhalb des aktuellen Kurses des Basiswerts und schützt vor Kurseinbrüchen. Fällt der Kurs zu stark, wird das Zertifikat wertlos.
- Short-Knock-Out-Zertifikate: Anleger setzen auf fallende Kurse. Diese Zertifikate werden auch Put-Knock-Outs genannt. Die Knock-Out-Schwelle liegt in diesem Fall oberhalb des aktuellen Basiswert-Kurses und schützt vor steigenden Kursen. Steigt der Kurs zu stark an, verfällt das Zertifikat wertlos.
Ein detailliertes Beispiel für ein Long-Zertifikat:
Ein Anleger kauft ein Long-Zertifikat auf den DAX. Der aktuelle Kurs des DAX liegt bei 20.000 Punkten, der Basispreis des Zertifikats bei 19.800 Punkten. Der Hebel beträgt 20. Wenn der DAX-Kurs um 1 % auf 20.200 Punkte steigt, gewinnt das Zertifikat 20 % an Wert.
Wie berechnet man den Wert eines Knock-Out-Zertifikats?
Der Wert eines Knock-Out-Zertifikats lässt sich anhand einer einfachen Formel berechnen. Dafür sind folgende Parameter entscheidend:
- Basispreis: Der Kurs, zu dem der Emittent den Basiswert absichert.
- Aktueller Kurs des Basiswerts: Der Marktpreis des zugrunde liegenden Basiswerts (z. B. der DAX, eine Aktie).
- Bezugsverhältnis: Gibt an, wie viele Zertifikate notwendig sind, um eine Einheit des Basiswerts zu handeln (z. B. 1:100).
Formel für Long-Zertifikate:
Der Wert eines Long-Zertifikats ergibt sich aus der Differenz zwischen dem aktuellen Kurs des Basiswerts und dem Basispreis, geteilt durch das Bezugsverhältnis:
Wert = (Kurs des Basiswerts – Basispreis) / Bezugsverhältnis
Formel für Short-Zertifikate:
Für Short-Zertifikate wird die Differenz umgekehrt berechnet:
Wert = (Basispreis – Kurs des Basiswerts) / Bezugsverhältnis
Beispielrechnung für ein Long-Zertifikat:
- Basiswert: DAX
- Aktueller DAX-Kurs: 20.000 Punkte
- Basispreis: 19.800 Punkte
- Bezugsverhältnis: 1:100
Der Wert des Zertifikats beträgt:
(20.000 – 19.800) / 100 = 2,00 Euro
Beispielrechnung für ein Short-Zertifikat:
- Basiswert: Coca-Cola Aktie
- Aktueller Kurs der Aktie: 60 Euro
- Basispreis: 65 Euro
- Bezugsverhältnis: 1:10
Der Wert des Zertifikats beträgt:
(65 – 60) / 10 = 0,50 Euro
Zusätzliche Aspekte, die es zu beachten gilt:
- Finanzierungskosten: Bei Zertifikaten werden die Finanzierungskosten täglich beim Basispreis berücksichtigt, was den Zertifikatswert langfristig schmälert. Die Knock-Out-Schwelle von Long-Zertifikaten bewegen sich deshalb im Laufe der Zeit nach oben, bei Short-Zertifikaten entsprechend nach unten.
- Knock-Out-Schwelle: Liegt der Kurs des Basiswerts auf oder unter der Knock-Out-Schwelle (bei Long) bzw. oberhalb (bei Short), verfällt das Zertifikat sofort wertlos.
Vorteile und Chancen von Knock-Out-Zertifikaten
Knock-Out-Zertifikate bieten eine Reihe von Vorteilen, die sie für bestimmte Anlagestrategien und Anlegertypen besonders attraktiv machen:
- Hohe Gewinnchancen durch Hebelwirkung:
Dank des eingebauten Hebels können Anleger von kleinen Kursbewegungen des Basiswerts überproportional profitieren. Dies ermöglicht es, auch mit relativ geringem Kapitaleinsatz hohe Gewinne zu erzielen. - Keine Nachschusspflicht:
Anders als bei CFDs (Contracts for Difference) oder Futures besteht bei Knock-Out-Zertifikaten keine Nachschusspflicht. Das Risiko ist auf den eingesetzten Betrag begrenzt. Anleger müssen sich nicht vor unvorhergesehenen Nachforderungen durch Verluste über den Einsatz hinaus fürchten. - Transparenz und einfache Nachvollziehbarkeit:
Die Preisentwicklung eines Knock-Out-Zertifikats lässt sich direkt aus dem Basiswert, dem Basispreis und dem Bezugsverhältnis ableiten. Zudem entfällt der Zeitwertverlust, der bei Optionsscheinen auftritt. Dies macht sie für Anleger verständlicher als viele andere komplexe Derivate. - Gezielte Marktstrategien:
Knock-Out-Zertifikate ermöglichen es, sowohl von steigenden (Long-Zertifikate) als auch von fallenden Kursen (Short-Zertifikate) zu profitieren. Diese Flexibilität erlaubt Anlegern, verschiedene Marktszenarien zu nutzen. - Breite Auswahl an Basiswerten:
Anleger können zwischen einer Vielzahl von Basiswerten wie verschiedenen Aktienindizes, Einzelaktien, Rohstoffen oder Währungen wählen, was eine flexible Anpassung an individuelle Anlagestrategien ermöglicht. - Flexible Handelbarkeit:
Knock-Out-Zertifikate sind während der regulären Handelszeiten an Börsen oder direkt über den Emittenten (OTC – Over the Counter) handelbar. Dies ermöglicht eine schnelle Reaktion auf Marktbewegungen. - Geringe Einstiegshürden:
Mit Knock-Out-Zertifikaten können Anleger bereits mit kleinen Beträgen investieren, da diese Produkte in der Regel günstiger sind als der direkte Kauf des Basiswerts.
Risiken und Nachteile von Knock-Out-Zertifikaten
Trotz ihrer Vorteile bergen Knock-Out-Zertifikate auch erhebliche Risiken. Anleger sollten diese Aspekte genau verstehen, bevor sie investieren:
- Totalverlustrisiko:
Anders als bei einigen anderen Zertifikaten, wie z. B. Kapitalschutz-Zertifikaten, steht bei Knock-Out-Zertifikaten das eingesetzte Kapital vollständig auf dem Spiel. Der Totalverlust des eingesetzten Kapitals stellt somit das größte Risiko dar. Das Erreichen der Knock-Out-Schwelle kann auch durch kurzfristige, unerwartete Marktschwankungen geschehen. - Überproportionale Verluste durch Hebelwirkung:
Die Hebelwirkung, die hohe Gewinne ermöglicht, kann ebenso zu überproportionalen Verlusten führen, wenn sich der Basiswert in die falsche Richtung bewegt. - Abhängigkeit von der Knock-Out-Schwelle:
Da die Knock-Out-Schwelle festgelegt ist, können selbst kleine Kursbewegungen des Basiswerts in deren Nähe zu einem hohen Verlustrisiko führen. Eine ausreichende Distanz zur Knock-Out-Schwelle ist entscheidend, aber das erhöht oft die Kosten des Zertifikats. - Finanzierungskosten:
Es fallen Finanzierungskosten an, die täglich vom Wert des Zertifikats abgezogen werden. Diese Kosten können die Rendite deutlich schmälern, insbesondere bei langfristiger Haltedauer. - Emittentenrisiko:
Knock-Out-Zertifikate sind Schuldverschreibungen des Emittenten. Sollte dieser zahlungsunfähig werden, können Anleger ihr investiertes Kapital verlieren, selbst wenn sich der Basiswert positiv entwickelt hat. - Marktvolatilität:
Starke Kursschwankungen des Basiswerts können dazu führen, dass die Knock-Out-Schwelle schneller erreicht wird als erwartet. Solche Schwankungen sind oft nicht vorhersehbar und können auch durch externe Ereignisse wie politische Entscheidungen oder Wirtschaftsnachrichten ausgelöst werden. - Illiquidität bei kleinen Basiswerten:
Bei Basiswerten mit geringer Liquidität kann es zu größeren Spreads zwischen Kauf- und Verkaufskursen kommen, was die Handelskosten erhöht.
Für wen sind Knock-Out-Zertifikate geeignet – und für wen nicht?
Knock-Out-Zertifikate bieten aufgrund ihrer Hebelwirkung und Flexibilität spannende Möglichkeiten, sind jedoch nicht für jeden Anleger geeignet. Sie erfordern ein klares Verständnis der Funktionsweise und ein Bewusstsein für die damit verbundenen Risiken.
Für wen Knock-Out-Zertifikate geeignet sind:
Sie eignen sich besonders für risikobereite Anleger, die bereit sind ein hohes Risiko für potenziell hohe Gewinne einzugehen. Anleger, die mit den Märkten gut vertraut sind, Markttrends einschätzen können und ein gutes Verständnis der Basiswerte haben, könnten Knock-Out-Zertifikate nutzen, um gezielte Positionen einzugehen.
Knock-Out-Zertifikate ermöglichen es vor allem strategisch denkenden Investoren, sowohl Long- als auch Short-Positionen im Rahmen einer umfassenden Anlagestrategie zu handeln, etwa zur Absicherung von Portfolios (Hedging) oder zur Spekulation auf spezifische Kursentwicklungen. Für Anleger mit klar definiertem Risiko können diese Produkte eine gewisse Planungssicherheit bieten, da sie keine Nachschusspflicht enthalten.
Für wen Knock-Out-Zertifikate weniger geeignet sind:
Weniger geeignet sind Knock-Out-Zertifikate hingegen für Einsteiger ohne Erfahrung. Diese sollten solche Produkte eher meiden, da die Hebelwirkung und das Totalverlustrisiko leicht unterschätzt werden. Ebenso ungeeignet sind Knock-Out-Zertifikate für sicherheitsorientierte Anleger, die auf Kapitalschutz und langfristige Stabilität Wert legen. Auch langfristig orientierte Investoren können durch die täglichen Finanzierungskosten auf Dauer erhebliche Einbußen erleiden.
Schließlich sollten Anleger, die nicht bereit oder in der Lage sind, die Kursentwicklung des Basiswerts kontinuierlich zu verfolgen, von diesen hochriskanten Produkten absehen, da ein aktives Risikomanagement unerlässlich ist.
Besonders interessant dürften diese Art von Zertifikaten daher für Trader sein, die die Hebelwirkung für kurzfristige Marktbewegungen ausnutzen möchten und bereit sind, das Risiko eines Totalverlusts zu tragen. Weiters werden Knock-Out-Zertifikate häufig von Hedge-Fonds und professionellen Anlegern gezielt eingesetzt, um Portfolios gegen Verluste abzusichern oder gezielt von spezifischen Kursbewegungen zu profitieren.
Gibt es Alternativen zu Knock-Out-Zertifikaten?
Alternativen wie Optionsscheine und CFDs bieten ähnliche Hebelmöglichkeiten, unterscheiden sich jedoch in der Struktur und den Risiken. Optionsscheine weisen ebenfalls eine Hebelwirkung auf, sind aber komplexer und haben eine feste Laufzeit. CFDs ermöglichen ähnlich wie Knock-Out-Zertifikate die Spekulation auf Kursbewegungen, erfordern jedoch eine Margin und können Nachschusspflichten auslösen.
Fazit: Knock-Out-Zertifikate für mutige und strategische Investoren
Knock-Out-Zertifikate bieten risikobereiten Anlegern eine attraktive Möglichkeit, überproportional an Kursentwicklungen zu partizipieren, sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Märkten. Ihre hohe Flexibilität und der Verzicht auf Nachschusspflicht machen sie insbesondere für erfahrene Trader und strategische Investoren interessant.
Gleichzeitig sind die Produkte mit erheblichen Risiken verbunden, wie Totalverlust, Hebelwirkung und Finanzierungskosten, die vor allem unerfahrene oder konservative Anleger meiden sollten. Wer diese Instrumente nutzen möchte, benötigt ein fundiertes Verständnis der Märkte, kontinuierliche Marktbeobachtung und die Bereitschaft, aktiv Risiken zu managen. Alternativen wie Optionsscheine oder CFDs können je nach Anlagestrategie ebenfalls geprüft werden.