So funktionieren Hebelzertifikate und Optionsscheine
Sowohl mit Optionsscheinen als auch mit Hebel-Zertifikaten können Sie Ihre Gewinne hebeln. Welches Anlageinstrument Sie in welcher Marktsituation wählen, ist jedoch nicht beliebig. Zunächst möchte ich Ihnen erklären, wie Hebel-Zertifikate und Optionsscheine funktionieren.
Hebel-Zertifikate: Leicht zu berechnen, aber riskant
Hebel-Zertifikate sind Derivate, also von einem Basiswert abgeleitete Wertpapiere. Wer ein Hebel-Zertifikat kauft, nimmt damit überproportional an steigenden (Long-Hebel- Zertifikat) oder fallenden (Short-Hebel-Zertifikat) Kursen des Basiswerts teil.
Steigt zum Beispiel eine Aktie um 10%, legt das Hebel-Zertifikat Long je nach Ausstattung um das Drei- oder Vierfache, also um 30 oder 40% zu. Beachten Sie: der Hebel wirkt sich in beide Richtungen aus. Sinkt der Basiswert, müssen Sie auch mit entsprechend stärkeren Verlusten rechnen.
Eines müssen Sie allerdings zusätzlich beachten: Jedes Hebel-Zertifikat ist mit einer so genannten Knock-out-Barriere ausgestattet. Erreicht oder unterschreitet (Long) bzw. überschreitet (Short) der Basiswert Ihres Hebel-Zertifikats diese Barriere, verfällt das Zertifikat praktisch wertlos. Das macht Hebel-Zertifikate als Anlageinstrument weit riskanter als Optionsscheine.
Kurs lässt sich leicht im Kopf errechnen
Als Basiswert eignen sich daher besonders Aktien und Indizes, die einen klaren Aufwärtstrend (für Long-Zertifikate) oder klaren Abwärtstrend (für Short-Zertifikate) aufweisen. Da bei einer falschen Markteinschätzung ein vorzeitiger Totalverlust droht, sind Hebel-Zertifikate deutlich riskanter als Optionsscheine. Hinzu kommt, dass Hebel-Zertifikate oft einen höheren Hebel aufweisen. Die leicht vereinfachte Rechenformel, mit der Sie den aktuellen Preis eines Hebel-Zertifikats berechnen, lautet:
Um Ihnen diese Formel näher zu erläutern, hier als Praxisbeispiel ein Hebel-Zertifikat (Long) auf den DAX:
Berechnung:
Wie Sie sehen, weicht der so errechnete Preis (22,52 €) leicht vom tatsächlichen Wert (22,24 €) ab. Für die Differenz verantwortlich sind das Aufgeld und der Spread (also der Unterschied zwischen An- und Verkaufspreis).
Diese beiden Größen können Sie jedoch bei der Überschlagsrechnung vernachlässigen. Sobald Sie den aktuellen Kurs des Basiswerts kennen, können Sie den Kurs des zugehörigen Hebel-Zertifikats bis auf wenige Cent genau ausrechnen.
Wenn der Basiswert steigt, gewinnt Ihr Hebel-Zertifikat an Wert. Verliert dagegen der Basiswert, wird auch das Hebel-Zertifikat nachgeben.
Die einfache Berechnung ist sehr praktisch, muss aber nicht unbedingt ein Vorteil sein.
Denn es gibt Marktphasen, in denen der Einstieg in Optionsscheine chancenreicher ist (wenn die Volatilität gering ist, aber wahrscheinlich steigt), und Phasen, in denen der Kauf von Hebel-Zertifikaten aussichtsreicher ist (schwankungsstarke Zeiten, also Zeiten starker Volatilität, die sich aber auch wieder beruhigen können).
Hauptrisiko: die Knock-out-Barriere
Nicht umsonst heißen Hebel-Zertifikate in der Fachsprache auch „Knock-out-Zertifikate“. Denn unabhängig von der Frage nach der Transparenz und Verständlichkeit ist dieses Risiko bei Hebel-Zertifikaten besonders wichtig: Die Knock-out-Barriere.
Sobald der Kurs des Basiswerts auf oder unter die Knock-out-Barriere fällt (im Praxisbeispiel oben: 5.530 Punkte beim DAX), verfällt das Zertifikat praktisch wertlos. Sie haben damit keinerlei Chance, dass es sich wieder erholt.
Der Kauf eines Hebel-Zertifikats ist daher nur ratsam, wenn Sie den Basiswert (im Beispiel den DAX) sehr genau verfolgen und über die Knock-out-Barriere (die sich ändern kann) stets im Bilde sind.
Geldanlage-Berater“-Tipp: Als zusätzliche Absicherung sollten Sie in jedem Fall direkt nach dem Kauf eine Stop- Loss-Marke setzen, damit Sie noch deutlich vor dem Erreichen der Knock-out-Barriere aus dem Zertifikat aussteigen können.
Mehr zum Thema: Optionen sind besser als Optionsscheine: 3 unschlagbare Gründe
Zusätzlicher Tipp: In den meisten Fällen sind Optionen einem Optionsschein vorzuziehen.