Rechtsprechung: Unbillige Härte beim Elternunterhalt

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Fast jeden kann irgendwann treffen, dass man zur Zahlung von Elternunterhalt aufgefordert wird, weil ein Elternteil pflegebedürftig geworden ist. Wenn die Rente, die Pflegeversicherung und das Vermögen eines Pflegebedürftigen nicht ausreichen, um hohe Pflegekosten zu decken, wenden sich die zuständigen Sozialhilfeträger an die Kinder des Bedürftigen.

Wenn das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes ausreichend hoch ist, kann die Höhe des Elternunterhalts festgelegt und eine Zahlungsaufforderung erlassen werden. Dabei kommt es häufiger vor, dass sich Unterhaltspflichtige mit Verweis auf die sogenannte unbillige Härte diesen Zahlungen entziehen wollen.

Das Thema beschäftigt die Gerichte des Öfteren und es kommt auch immer wieder zu Urteilen, die für Unterhaltspflichtige wichtige Hinweise liefern können.

Unbillige Härte beim Elternunterhalt: Familiäre Solidarität an erster Stelle

Es wird sich meist auf § 94 des Sozialgesetzbuches berufen, wenn es um den Begriff der unbilligen Härte geht. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet unbillige Härte im Zusammenhang mit Elternunterhalt, dass es für den Unterhaltspflichtigen eine unzumutbare Situation wäre, für das eigene Elternteil Unterhalt zahlen zu müssen.

Hierbei geht es jedoch weniger darum, ob der finanzielle Spielraum für Zahlungen überhaupt existiert. Vielmehr steht im Fokus, ob Ereignisse in der Familiengeschichte dazu führen können, dass Unterhalt unzumutbar sein könnte.

Dabei betonen Gerichte immer wieder, dass familiärer Solidarität eine wichtige Rolle zukommt. Einfache Streitigkeiten oder unverschuldete Schicksalsschläge würden nicht von einer Unterhaltspflicht befreien.

Beispiel: Vater verweigert Kontakt zum Sohn

Manchmal befreit ein Gericht einen Unterhaltspflichtigen jedoch auch von den Zahlungen. Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte 2012 geurteilt, dass ein Sohn die Pflegekosten für seinen Vater nicht zahlen müsse. Der Sohn hatte argumentiert, dass der Vater nach dessen Scheidung 1971 jeden Kontakt verweigert hätte. Der Sohn hingegen habe versucht, die familiäre Beziehung zu erneuern.

Da sich diese Darstellung belegen ließ – beispielsweise durch das Testament des Vaters – folgte das Gericht der Argumentation des Sohnes. Prinzipiell bliebe zwar die Unterhaltspflicht auch bei eingeschlafenem Kontakt bestehen, doch dieser Fall wurde anders beurteilt. Bei einer schweren Verfehlung der Eltern entfalle der Anspruch auf Unterhalt. Und dies sah das Gericht als gegeben.

Beispiel: Psychische Erkrankung der Mutter

In einem anderen Fall konnte unbillige Härte beim Elternunterhalt jedoch nicht geltend gemacht werden. Hier entschied der Bundesgerichtshof, dass der Sohn durchaus Unterhalt zu zahlen habe. Der Hintergrund: Die Mutter war bereits seit der Kindheit des Sohnes psychisch krank, litt an einer Psychose mit schizophrener Symptomatik und Wahnideen. Sie konnte sich nur unregelmäßig um den Sohn kümmern.

Seit 1977 hatte der Sohn keinen Kontakt mehr zur Mutter. Als diese 2005 in ein Pflegeheim kam, wurde der Sohn vom Sozialhilfeträger zur Zahlung von Elternunterhalt aufgefordert. In diesem Fall argumentierte das Gericht sinngemäß, dass der Mutter kein schuldhaftes Fehlverhalten vorzuwerfen sei. Die Krankheit sei als Schicksalsschlag zu bewerten und könne der Mutter nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Die familiäre Solidarität wird von einer solchen Situation also nicht beeinflusst. Der Sohn wurde also nicht von seiner Unterhaltspflicht befreit. An diesen Beispielen zeigt sich deutlich, dass unbillige Härte bei Elternunterhalt nicht ohne weiteres geltend gemacht werden kann.

Aus Verpflichtungen wie dem Elternunterhalt wird man nicht entlassen, weil man sich mal gestritten oder sich seit ein paar Jahren nicht mehr gesehen hat.