Norwegischer Staatsfonds: Vorbild für Anleger?

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit einem Volumen von umgerechnet mehr als eine Billion Euro handelt es sich beim norwegischen Staatsfonds um den größten Staatsfonds der Welt
  • Der Hauptzweck besteht darin, die Erdöl-Einnahmen des Landes in Aktien und andere Anlagen zu investieren
  • Zur Philosophie des norwegischen Staatsfonds zählen eine langfristige Investmentstrategie, Diversifikation sowie ein hoher Aktienanteil
  • Die jährliche Durchschnittsrendite des norwegischen Staatsfonds liegt bei knapp sechs Prozent
  • Anleger haben die Möglichkeit, mittels ETFs den Staatsfonds in gewisser Weise nachzubilden

In vielen Staaten spielt im Rahmen der Altersvorsorge das Thema Aktien eine große Rolle. Aktien in Deutschland gewinnen mittlerweile zumindest in Form der geplanten Aktienrente ebenfalls mehr an Bedeutung. In Staaten wie Norwegen ist das jedoch schon seit Jahrzehnten der Fall. Ein typisches Beispiel ist der norwegische Staatsfonds.

In unserem Beitrag möchten wir darauf eingehen, was der norwegische Staatsfonds ist und wie hoch sein derzeitiges Vermögen ausfällt. Ferner gehen wir darauf ein, worin der Staatsfonds aus Norwegen investiert und ob auch Privatanleger die Möglichkeit haben, dort Geld anzulegen.

Was ist der norwegische Staatsfonds?

Der norwegische Staatsfonds ist der größte Aktionär weltweit, denn das Fondsvermögen von rund 1,2 Billionen Euro ist vorwiegend in Aktien angelegt. Verwaltet wird der Fonds seitens der Norges Bank Investment Management, kurz NBIM. Gleichzeitig handelt es sich um den staatlichen Pensionsfonds des Königreichs Norwegen. 

Eine wesentliche Aufgabe des norwegischen Staatsfonds besteht darin, für diesen die staatlichen Erdöl-Einnahmen rentabel undlangfristig zu investieren. Das soll vor allem der Vorsorge für Zeiten dienen, in denen es deutlich geringere Fördermengen und auch sinkende Erdölreserven gibt. Ferner sollen durch den Fonds Teile der Sozialbeiträge rentabel investiert werden. 

Historische Grundlage für die Gründung des norwegischen Staatsfonds sind in erster Linie äußerst umfangreiche Offshore-Ölfelder, die Ende der 70er-Jahre in Norwegen entdeckt worden. 1990 beschloss das Parlament dann den staatlichen Pensionsfonds, um die sprudelnden Einnahmen aus dem Erdölverkauf langfristig und diversifiziert anzulegen. Gegründet wurde der norwegische Staatsfonds offiziell allerdings erst Anfang 2006. Er besteht heute aus – damals noch eigenständigen – zwei Komponenten, nämlich: 

  • Staatlicher Pensionsfonds Norwegen
  • Staatlicher Pensionsfonds Ausland

Innerhalb des nationalen staatlichen Pensionsfonds Norwegen werden insbesondere die Mittel verwaltet, die aus der Sozialversicherung stammen. Dieser Fonds war früher eigenständig und wurde bereits 1967 gegründet. Das wesentliche Ziel besteht darin, die Beiträge zur Sozialversicherung rentabel anzulegen. Der Anlageschwerpunkt des Teilfonds ist mit über 80 Prozent in Norwegen. 

Der staatliche Pensionsfonds Ausland nimmt direkt die Einnahmen aus der Erdölförderung auf. Das Investment der Gelder erfolgt ausschließlich in die folgenden drei Bereiche: 

  • Ausländische Aktien
  • Anleihen
  • Immobilien

Info

Zu einem größeren Teil dient der norwegische Staatsfonds auch dazu, die Einzahlungen der Bürger in die Rentenversicherung rentabel anzulegen. Im anderen Teil des Fonds geht es darum, die Einnahmen aus der Erdölförderung ebenfalls diversifiziert und mit Gewinn zu investieren.

Wie hoch ist das Fondsvermögen?

Das Volumen des norwegischen Staatsfonds ist heute gewaltig. Im September des Jahres 2017 wurde zum ersten Mal die umgerechnet 1 Billion-Dollar-Marke geknackt. Stand Ende Dezember 2022 beläuft sich das Fondsvermögen auf rund 12,4 Billionen Kronen. Das entspricht einem Gegenwert von knapp 1,2 Billionen Euro. Dabei teilt sich das Fondsvermögen in die folgenden Anlageklassen auf:

  • Aktien: 69,8 %
  • Anleihen: 27,5 %
  • Immobilien: 2,7 %
  • Erneuerbare Energien: 0,1 %

An dieser Aufteilung sieht man bereits, worin die Anlagestrategie des norwegischen Staatsfonds besteht. Es soll auf jeden Fall eine gute Diversifikation erfolgen, wobei sowohl die Aktienmärkte als auch Staatsanleihen sowie Unternehmensanleihen eine große Rolle spielen.

Welche Aktien sind im norwegischen Staatsfonds enthalten?

Wie groß der norwegische Staatsfonds ist, zeigt unter anderem die Tatsache, dass er etwa 1,5 Prozent sämtlicher Aktien rund um den Globus hält, die an der Börse notiert werden. Hinzu kommen weitere, beeindruckende Zahlen im Hinblick auf die im Fonds enthaltenen Aktien:

  • Beteiligung an über 9.000 Unternehmen
  • Beteiligung durch Aktien in mehr als 60 Ländern
  • Über 800 Immobilien gehören zum Fondsvermögen

Festgelegt ist allerdings, dass sich der Aktienanteil auf maximal 70 Prozent belaufen darf. Dadurch soll die erwähnte Diversifizierung sichergestellt werden, die ein wesentlicher Teil der Anlagestrategie des staatlichen Pensionsfonds ist. Die Aktien machen momentan im Fondsvermögen einen Anteil von mehr als 500 Milliarden Euro aus. 

Schaut man sich die gesamte Marktkapitalisierung der europäischen Aktien an, so hat der norwegische Staatsfonds daran einen Anteil von etwa 2,3 Prozent und ist somit der europaweit größte Aktionär. Wenn man sich einmal die zehn Aktien betrachtet, die den größten Anteil im norwegischen Staatsfonds ausmachen, dann kommen diese in der überwiegenden Mehrheit aus den Vereinigten Staaten. Die zehn Top-Aktien sind:

  • Shell: 3,14 %
  • Nestle: 2,81 %
  • Roche Holding: 2,48 %
  • ASML Holding: 2,44 %
  • Novo Nordisk: 1,89 %
  • Taiwan Semiconductor: 1,61 %
  • Microsoft: 1,13 %
  • Apple: 1,03 %
  • Alphabet: 0,98 %
  • Amazon: 0,95 %
  • Berkshire Hathaway: 0,63 %

Die Prozentsätze sagen aus, welchen Anteil der norwegische Staatsfonds an der jeweiligen Aktiengesellschaft hält.

Kann ich als Privatanleger in den norwegischen Staatsfonds investieren?

Privatanleger haben keine Möglichkeit, auf direktem Wege in den norwegischen Staatsfonds Geld anzulegen. Allerdings können Anleger dessen Strategie nachbilden und wichtige Eigenschaften übernehmen, durch die sich der staatliche Pensionsfonds auszeichnet. Das sind zum Beispiel: 

  • Keine Spekulationen
  • Langfristige Kapitalanlage
  • Diversifikation
  • Hohe Aktienquote
  • Nachhaltiges Investment

Viele Norweger haben sich dieser Philosophie bereits angeschlossen. So sind kurzfristige Spekulationen kein Thema. Stattdessen wird langfristig investiert. Darüber hinaus findet eine Streuung des Kapitals statt, die Diversifikation. Auch das nachhaltige Investment nimmt einen immer größeren Stellenwert ein, sowohl beim norwegischen Staatsfonds als auch bei vielen Norwegern und Norwegerinnen als Anleger. 

Wenn Sie sich am Vorbild des norwegischen Staatsfonds orientieren möchten, haben Sie immerhin die Möglichkeit, dessen Anlagestrategie nachzubilden. Das funktioniert am besten über Exchange Traded Funds, kurz ETFs. Das kann durch einen einmaligen Kauf der Anteile oder im Rahmen eines ETF-Sparplans zum Vermögensaufbau passieren. 

Sie wählen dann am besten mindestens drei Indexfonds aus, die sehr breit gestreut sind und die drei Hauptanlagen abbilden, die auch den norwegischen Staatsfonds ausmachen. Das sind auf der einen Seite Aktien und Anleihen, auf der anderen Seite Immobilien. Auf der Grundlage könnten Sie zum Beispiel die folgenden drei ETFs in Ihr Depot aufnehmen:

  • Aktien: SPDR MSCI ACWI IMI UCITS ETF (IE00B3YLTY66)
  • Anleihen: Xtrackers Global Government Bond UCITS ETF 5C (LU0908508731)
  • Immobilien: iShares Developed Markets Property Yield UCITS ETF (IE00B1FZS350)

Alle ETFs beziehen sich auf einen Referenzindex, also entweder einen Aktien-, Renten- oder Immobilienindex.

Info

Wenn Sie den norwegischen Staatsfonds indirekt nachbilden möchten, sind ETFs am besten dazu geeignet. Die Indexfonds sind kostengünstig, haben oft eine breite Streuung und können zahlreiche Assets nachbilden.

Was sind die Vorteile und Nachteile des norwegischen Staatsfonds?

Tatsächlich gibt es einige Vorzüge, durch die sich der staatliche Pensionsfonds auszeichnet: 

  • Rentable und diversifizierte Anlage der Beiträge zur Sozialversicherung
  • Rentable und langfristige Anlage der Einnahmen aus der Erdölförderung
  • Vorbild für norwegische Bürger, wie diese auch privat ihr Geld langfristig, diversifiziert und rentabel anlegen können
  • Sehr gute Durchschnittsrendite von knapp sechs Prozent jährlich

Neben diesen Vorteilen gibt es insbesondere einen Hauptnachteil. Dieser zeigte sich beim norwegischen Staatsfonds zum Beispiel innerhalb der vergangenen Finanzkrise. Er besteht darin, dass selbstverständlich durch das starke Investment in Aktien Verluste entstehen können. So gab es einen Verlust in 2022, sogar in Höhe über 150 Milliarden Euro.

Ist der norwegische Staatsfonds eventuell ein Vorbild für Deutschland? 

Der norwegische Staatsfonds ist nicht nur eventuell, sondern sicher ein Vorbild für Deutschland. Darüber hinaus haben sich schon mehrere andere Staaten an diesem System oder der Strategie orientiert. Hierzulande ist es so, dass insbesondere die von der FDP geforderte und ins Leben gerufene Aktienrente durchaus nach dem Vorbild des staatlichen Pensionsfonds aus Norwegen gestaltet wird. Mit der Aktienrente ist geplant, einen kleineren Teil der Rentenversicherungsbeiträge in Aktien bzw. Aktienfonds zu investieren. In Norwegen ist die Aktienanlage schon seit langer Zeit ein bedeutender Teil der gesetzlichen Rentenversicherung.