Eigenbedarfskündigung – Voraussetzungen, Widerspruchsrechte & Muster

- Das Wichtigste zur Eigenbedarfskündigung
- Definition Eigenbedarfskündigung: Was versteht man unter einer Eigenbedarfskündigung?
- Gültige Eigenbedarfskündigung: Berechtigter Eigenbedarf muss vorliegen
- Für welche Personen darf eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden?
- Eigenbedarfskündigung: Der Vermieter untersteht einer Anbietpflicht
- Eigenbedarfskündigung rechtssicher zustellen: Kündigung des Mietvertrages zustellen
- Eigenbedarfskündigung wegen gewerblicher Nutzung
- Eigenbedarfskündigung: Widerspruchsrechte bei Kündigung kennen
- Vorgetäuschter Eigenbedarf: Schadenersatzansprüche des Mieters bei unberechtigter Eigenbedarfskündigung
- BGH Urteile zur Eigenbedarfskündigung – Eigenbedarfskündigung Rechtsurteile
- Fazit: Eigenbedarfskündigung sollten gut geprüft werden
Das Wichtigste zur Eigenbedarfskündigung
Mietrecht: Grund einer Kündigung seitens des Vermieters
Gesetzesgrundlage: § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB
Voraussetzung: Ordentliche Begründung; berechtigter Bedarf des Vermieters bzw. Eigentümers
Mieterschutz: Widerspruch kann nach § 574 BGB erhoben werden
Deutschland: Eigenbedarf ist umstrittenster Kündigungsgrund
Definition Eigenbedarfskündigung: Was versteht man unter einer Eigenbedarfskündigung?
Eigenbedarf ist seitens eines Vermieters ein Grund für die Kündigung des Mietvertrages. Die Kündigung wegen Eigenbedarf ist in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geregelt. Die Kündigungsfrist ergibt sich aus § 573c BGB.
Wegen Eigenbedarf kann einem Mieter beispielsweise dann ordentlich gekündigt werden, wenn der Eigentümer die Räume als Wohnung für sich benötigen. In Betracht kommt, dass er die Räume teilweise als Büro nutzen möchte oder die Wohnung für Angehörige benötigt.
Eigenbedarf ist in der Vermietungspraxis der mit Abstand umstrittenste Kündigungsgrund. In den meisten Fällen sind die Vermieter gezwungen, die Kündigung im Wege der Räumungsklage durchzusetzen.
Es kommt immer wieder vor, dass Vermieter vor Gericht unterliegen, weil sie aus Unkenntnis „handwerkliche“ Fehler begangen haben. Entweder liegt kein anerkannter Kündigungsgrund vor oder die Kündigung wurde nicht ausreichend begründet. Es sollten deshalb diese Kriterien beachtet werden, damit die Eigenbedarfskündigung erfolgreich ist.
Erfolgreich ist eine Kündigung nur, wenn der Eigenbedarf konkret besteht. Eine bislang vage oder für einen späteren Zeitpunkt verfolgte Nutzungsabsicht rechtfertigt die Eigenbedarfskündigung (noch) nicht (BGH, Urteil v. 23.09.15, Az. VIII ZR 297/14).
Darunter fällt zum Beispiel der Fall, wenn sich der Sohn zwar am Ort der Mietwohnung um einen Studienplatz beworben, aber noch keine Zusage erhalten hat. Oder wenn ein Vermieter die Wohnung der Schwester überlassen möchten, ohne dies mit ihr abgestimmt zu haben.
Gültige Eigenbedarfskündigung: Berechtigter Eigenbedarf muss vorliegen
Möchte ein Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen, sollte er sich vor unliebsamen Überraschungen schützen. Daher gilt es im Vorfeld einige Punkte zu klären.
Der Vermieter muss ein berechtigtes Interesse an der Eigenbedarfskündigung haben. Das ist dann der Fall, wenn er vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnräume für sich oder eine begünstigte Person hat.
Die folgenden Gründe können ein berechtigtes Interesse des Eigentümers an einer Eigenbedarfskündigung darstellen:
- Ein Vermieter möchte die gekaufte Wohnung als Altersruhesitz nutzen.
- Die Wohnung und der Arbeitsplatz sollen im gleichen Haus sein.
- Familienzuwachs führt zu größerem Raumbedarf.
- Ein Kind, das eine eigene Familie gründen will, möchte die Wohnung beziehen.
- Ein Vermieter muss aus gesundheitlichen Gründen in eine kleinere oder in eine Erdgeschosswohnung ziehen.
- Der Vermieter will im eigenen Haus wohnen, um das Haus zu verwalten und die Heizung zu warten.
- Die jetzige Wohnung weist im Vergleich zu der zu kündigenden Wohnung erhebliche Mängel auf und der Vermieter will in die mangelfreie Wohnung umziehen.
- Die zu kündigende Wohnung liegt wesentlich näher am Arbeitsplatz. Dabei muss eine erhebliche Verkürzung der Entfernung vorliegen. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter durch einen Arbeitsplatzwechsel die erhebliche Verkürzung der Entfernung herbeigeführt hat.
- Der Wunsch nach einer größeren, besser geschnittenen, besser gelegenen oder besser ausgestatteten Wohnung begründet ebenfalls ein berechtigtes Interesse.
- In der zu kündigenden Wohnung besteht im Gegensatz zur bisherigen Wohnung die Möglichkeit, ein Arbeitszimmer oder weitere Schlafzimmer für Kinder oder Enkelkinder einzurichten.
- Der gleiche Punkt gilt, wenn dringend eine Pflegeperson untergebracht werden muss.
- Der Vermieter trennt sich vom Ehe- oder Lebenspartner und möchten in die zu kündigende Wohnung einziehen.
- Der Vermieter möchte mehrere Wohnungen zusammenlegen, um für sich einen größeren Wohnraum zu schaffen.
Übrigens: Für die Wirksamkeit der Kündigung ist unschädlich, wenn der Eigenbedarf etwas „dramatisiert“ wird (BGH, Urteil v. 17.03.10, Az. VIII ZR 70/09).
Checkliste Eigenbedarfskündigung: Das muss vor der Eigenbedarfskündigung geklärt werden

Die normale Kündigungsfrist bei der ordentlichen Kündigung beträgt drei Monate. Wohnt der Mieter länger als fünf Jahre in der Wohnung, gelten längere Kündigungsfristen: Bei einer Mietdauer von bis zu acht Jahren beträgt sie sechs Monate, bei einer Mietdauer von mehr als acht Jahren neun Monate.
Aber selbst bei Einhaltung der Kündigungsfristen, kann der Mieter aus verschiedensten Gründen etwas gegen die Kündigung haben. Dafür sorgt das Gesetz für den Schutz des Mieters.
Der Mieter kann Widerspruch einlegen und die Eigenbedarfskündigung anfechten, wenn sie ihm nicht zumutbar ist. Der wichtigste Härtegrund, der in § 574 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgeführt wird, ist fehlender Ersatzwohnraum.
Allerdings gehen die Meinungen auseinander, wenn es um die Definition einer zumutbaren Ersatzwohnung geht. Sie muss nicht mit der alten Wohnung übereinstimmen, sondern darf in einem anderen Stadtteil liegen und kleiner und teurer sein.
Es gibt viele weitere Gründe und Arten von Härtefällen, die als Widerspruch gegen eine Kündigung genutzt werden können. Eine Schwangerschaft oder Schwierigkeiten beim Schulwechsel der Kinder sind beispielsweise gültige Gründe. Auch auf hohes Alter, Gebrechlichkeit oder Invalidität kann sich ein Mieter berufen. Sogar eine bevorstehende Prüfung kann ein Härtegrund für einen Widerspruch sein.
Erkennt der Vermieter den Härtefall an, dann kann er seine Kündigung zurückziehen. Sollte es nicht zu einem Einverständnis kommen, kann der Mieter auf Fortsetzung des Mietverhältnisses klagen. Dann wird vor Gericht entschieden, ob es sich wirklich um einen Härtegrund handelt oder nicht. Grundsätzlich gilt, dass die gesundheitliche Unversehrtheit des Mieters vor den Interessen des Vermieters steht.
Für welche Personen darf eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden?
Der Vermieter will die zu kündigenden Räume einem Familienmitglied zur Verfügung stellen? Dann muss er sich vorher vergewissern, ob der Angehörige ein Familienmitglied nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist. Denn nicht jeder, der mit dem Vermieter verwandt oder verschwägert ist, ist ein Familienmitglied im Sinne des Gesetzes.
Diese enge Definition des Begriffs Familienmitglied soll verhindern, dass Vermieter weit entfernte Verwandte als Begründung für den Eigenbedarf heranziehen.
Enge Familienangehörige nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB
Ob jemand als Familienangehöriger zu werten ist oder nicht, hat der BGH in den letzten Jahren in vielen Einzelentscheidungen beantworten müssen. Die Karlsruher Richter unterscheiden bei dieser Frage zwischen den engen Familienangehörigen des Vermieters und denjenigen, die mit dem Vermieter nur weitläufig verwandt sind.
Nach der Rechtsprechung gehören folgende Personen zu den engen Familienangehörigen:
- Der Ehegatte
- Der getrenntlebende Ehegatte, sofern ein Scheidungsantrag nicht gestellt ist
- Die Kinder des Vermieters
- Die Geschwister
- Die Eltern des Vermieters
- Die Enkelkinder
- Der Schwiegervater/die Schwiegermutter
- Der Stiefsohn/die Stieftochter
- Die Neffen und Nichten
Entferntere verschwägerte Personen und Verwandte zählen nur dann zu den Familienangehörigen, wenn eine besonders enge Bindung vorliegt oder wenn der Vermieter rechtlich oder zumindest moralisch zur Gewährung von Unterhalt und Fürsorge verpflichtet ist.
Ob der Wohnbedarf vom Schwager des Vermieters eine ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs rechtfertigen kann, ist lange Zeit umstritten gewesen. In seinem Urteil hat der BGH nun entschieden, dass dies dann möglich ist, wenn zwischen dem Vermieter und dem Schwager ein besonders enger persönlicher Kontakt besteht (BGH, Beschluss v. 03.03.09, Az. VIII ZR 247/08).
Im Sinne des § 573 BGB gehören nun auch Nichten und Neffen dazu. Ein Vermieter darf also wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn Nichte oder Neffe in die Wohnung einziehen wollen (BGH, Urteil v. 27.01.10, Az. VIII ZR 159/09).
In welchen Fällen darf keine Eigenbedarfskündigung erfolgen?
- Der Vermieter möchte in den eigenen vier Wänden leben.
- Die Wohnung soll verkauft werden.
- Die Kündigung ist nur damit begründet, dass die Wohnung „dringend benötigt“ wird.
- Die bisherige Wohnung ist deutlich kleiner als die vermietete Wohnung.

Eigenbedarfskündigung: Der Vermieter untersteht einer Anbietpflicht
Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in früheren Urteilen entschieden hat, setzt eine Kündigung wegen Eigenbedarfs unter anderem voraus, dass dem Mieter eine vergleichbare Wohnung angeboten wird, die im selben Haus oder derselben Wohnanlage zur Vermietung steht (BGH, Urteil v. 09.07.03, Az. VIII ZR 276/02).
Kommt ein Vermieter dieser Anbietpflicht nicht nach, ist die Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam.
Anbietpflicht bei Eigenbedarf gilt nicht nach Ende des Mietverhältnisses
In zeitlicher Hinsicht hat der BGH diese Anbietpflicht in einem späteren Urteil konkretisiert: Es muss dem Mieter nur eine Wohnung angeboten werden, die bis zu dem Zeitpunkt frei wird, zu dem das gekündigte Mietverhältnis endet.
Wird die Alternativwohnung erst nach Beendigung des Mietverhältnisses frei, ist dies irrelevant und diese Wohnung muss nicht angeboten werden (BGH, Urteil v. 04.06.08, Az. VIII ZR 292/07).
Alternativwohnung vor Kündigung anbieten
Wenn einem Vermieter, der zur Kündigung wegen Eigenbedarf berechtigt ist, die Gründe für die Kündigung schon längere Zeit bekannt sind, kann er verpflichtet sein, dem betroffenen Mieter eine freie Alternativwohnung vor Kündigungsausspruch anzubieten.
So entschied das Amtsgericht in Landsberg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil. Ein Vermieter hatte wegen einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung seinen Mieter auf Räumung der Wohnung verklagt.
Die Kündigung begründete der Vermieter mit seiner Heirat im Jahr 2006, Kinderwunsch und einer Ende November 2008 begonnenen selbstständigen Tätigkeit. Zudem führte er aus, dass seine Schwiegermutter in absehbarer Zeit pflegebedürftig werde und er zusätzliche barrierefreie Räume im Erdgeschoss benötige.
Der Vermieter bewohnte in dem aus drei Wohnungen bestehenden Haus die kleinste Wohnung im Dachgeschoss. Der gekündigte Mieter bewohnte seit über 10 Jahren die Wohnung im Erdgeschoss. Bei Ausspruch der Kündigung stand eine Wohnung im ersten Geschoss leer, die kurze Zeit später nach einer Renovierung neu vermietet wurde.
Das Amtsgericht wies die Räumungsklage ab. Die Kündigung war rechtswidrig, weil der Vermieter dem Mieter nicht die freie Wohnung im ersten Geschoss angeboten hatte. Ein wegen Eigenbedarfs kündigender Vermieter muss dem Mieter vergleichbare, freie Wohnungen anbieten, um den Verlust der bisherigen Wohnung abzumildern.
Eigenbedarfskündigung rechtssicher zustellen: Kündigung des Mietvertrages zustellen
Wie stets in einem Kündigungsschreiben muss darauf hingewiesen werden, dass einer stillschweigenden Verlängerung nach § 545 BGB widersprochen wird. Andernfalls würde sich das Mietverhältnis in folgendem Fall fortsetzen.
Dem Mieter sollte der Eigennutzungswunsch im Zweifel besser ausführlich erläutert werden.
Am einfachsten ist es, wenn die Kündigungserklärung dem Mieter direkt ausgehändigt und der Empfang quittiert wird. Ist das nicht möglich, muss die Kündigung per Brief versendet werden.
Eine Zustellung kommt in Betracht durch:
- Einen einfachen Brief
- Ein Einwurfeinschreiben, das in den Briefkasten eingeworfen wird
- Ein Übergabeeinschreiben, dessen Erhalt der Empfänger quittieren muss
- Einen Gerichtsvollzieher
- Einen sonstigen Boten
Im Zweifelsfall muss der Vermieter beweisen, dass die Kündigung dem Mieter zugegangen ist.
Eigenbedarfskündigung wegen gewerblicher Nutzung
Bei Eigenbedarfskündigungen kommt es immer wieder zum Rechtsstreit, weil nicht klar ist, was unter den Eigenbedarf fällt und was nicht. So wurde jetzt darüber entschieden, ob ein Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen darf, weil er die Wohnung beruflich nutzen möchte. Ein Vermieter kündigte zwei Mietverträge über Wohnungen, da seine Ehefrau beabsichtigte, ihre Rechtsanwaltskanzlei in die beiden Mietwohnungen zu verlegen.
Der Vermieter wollte die Wohnungen in beruflich genutzte Räume umwandeln. Schließlich musste über die Räumungsklage der Bundesgerichtshof entscheiden. Im Gesetz findet sich dazu zunächst keine Regelung.
Aus dem Gesetz lässt sich nur schließen, dass ausreichend ist, wenn der Vermieter die Räume benötigt. Also hat der Bundesgerichtshof die berechtigten Interessen an der Beendigung des Mietverhältnisses mit den Rechten der Mieter abgewogen.
Es ging um nicht mehr und nicht weniger als die durch das Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung auf der anderen Seite. Hier war der Fall so gelagert, dass die Rechtsanwaltskanzlei sich im selben Haus befand, wie die Wohnung des Vermieters. Deshalb sahen die Richter ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung der Wohnraummietverträge (BGH, Urteil vom 26.09.2012, Az.: VIII ZR 330/11).
Eigenbedarfskündigung: Widerspruchsrechte bei Kündigung kennen
Überhöhter Wohnbedarf und vorübergehender Wohnbedarf können Widerspruchsgründe für eine Eigenbedarfskündigung sein.
Eigenbedarfskündigung-Widerspruchsgründe: Überhöhter Wohnbedarf
Ob ein Wohnbedarf weit überhöht ist, muss anhand objektiver Kriterien und aufgrund tatsächlicher Feststellungen im Einzelfall entschieden werden.
Was unter „objektiven Kriterien“ zu verstehen ist, ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht eindeutig zu entnehmen. Selbst eine Eigenbedarfskündigung eines Mietobjekts mit über 400 Quadratmetern Wohnfläche kann rechtmäßig sein. Allerdings sollten in diesem Fall im Kündigungsschreiben vernünftige und nachvollziehbare Gründe angeführt werden, weshalb so viel Platz benötigt wird. Auch die Begründung, dass die derzeit bewohnte Wohnung zu klein ist, kann ausreichend sein.
Ein weit überhöhter Bedarf ist in der Rechtsprechung bei folgenden Sachverhalten angenommen worden:
- Für einen Studenten sollte eine 4-Zimmer-Wohnung gekündigt werden.
- Für eine 18-jährige Schülerin sollte eine 105 qm große 3-Zimmer-Wohnung zur alleinigen Nutzung gekündigt werden.
- Ein Vermieter hat für sich und sein kleines Kind eine 7-Zimmer-Wohnung mit 250 qm beansprucht.
- In die Wohnung soll die 14-jährige Tochter gemeinsam mit ihrem 16-jährigen Freund einziehen.
Eigenbedarfskündigung-Widerspruchsgründe: Vorübergehender Bedarf
Es darf selbst dann wegen Eigenbedarfs gekündigt werden, wenn eine zeitlich begrenzte Nutzung der Wohnung beabsichtigt ist. In dem Urteilsfall endete das duale Studium des Sohnes voraussichtlich ein halbes Jahr nach Ablauf der Kündigungsfrist. Er beabsichtigte jedoch, ein 2-jähriges Masterstudium am selben Ort anzuhängen.
Manche Gerichte haben bisher eine Eigenbedarfskündigung erst bei einer Mindestnutzungszeit von drei Jahren akzeptiert. Dem treten die BGH-Richter entgegen: Bereits ein Eigenbedarfswunsch von einem Jahr beruht auf nachvollziehbaren Gründen und kann eine Kündigung rechtfertigen.
Eine feste zeitliche Grenze ist das aber nicht. Vielmehr kommt es hier auf die Umstände des einzelnen Falls an. Bedeutsam ist neben der absoluten Nutzungsdauer beispielsweise, ob der Endzeitpunkt endgültig feststeht oder ungewiss ist, sich gegebenenfalls noch verlängern kann.
Vorgetäuschter Eigenbedarf: Schadenersatzansprüche des Mieters bei unberechtigter Eigenbedarfskündigung
Eine Kündigung ist immer dann unberechtigt, wenn in Wirklichkeit nie Eigenbedarf bestanden hat, sondern es für den Vermieter darum ging, sich von dem Mieter zu trennen.
Stellt sich heraus, dass der Eigenbedarf nicht gegeben war, und ist der Mieter bereits ausgezogen, kann er vom Vermieter verlangen, alle ihm entstandenen Kosten zu ersetzen. Zum Beispiel die Kosten des Umzugsunternehmens, ggfls. den Differenzbetrag zu der höheren Miete, die der Mieter nun in seiner neuen Wohnung zahlen muss. Und das bis zu vier Jahre lang.
Selbst wenn sich mit dem Mieter bereits auf einen Räumungsvergleich geeinigt wurde, können Schadenersatzansprüche anfallen.
So auch in diesem Fall des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10.06.2015, Az.: VIII ZR 99/14): Der Mieter erhielt eine Kündigung mit der Begründung, dass für seine Mietwohnung ein neuer Hausmeister benötigt werde. Dann ging es vor Gericht und die Parteien schlossen einen Vergleich.
Nach diesem Vergleich sollte der Vermieter die Räumungskosten und die Kosten des Rechtsstreites übernehmen und im Gegenzug verpflichtete sich der Mieter, auf weitere Räumungsschutzvorschriften zu verzichten. Als der Mieter nun endlich draußen war, zog allerdings nicht der versprochene Hausmeister ein, sondern als Nachmieter eine Familie. Das allerdings behagte nun dem ursprünglichen Mieter gar nicht und er fühlte sich betrogen.
Der Bundesgerichtshof verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht zurück (Urteil vom 10.06.2015, Az.: VIII ZR 99/14). Er urteilte, dass mit dem Räumungsvergleich mögliche Schadensersatzansprüche wegen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs nicht erledigt sein sollten.
Der BGH hat zudem entschieden, dass dem Mieter auch dann Schadensersatz bei Auszug aus der Mietwohnung nach vorgetäuschtem Eigenbedarf zusteht, wenn die „Eigenbedarfskündigung“ schon aus formalen Gründen unwirksam war (BGH, Urteil v. 08.04.09, Az. VIII ZR 231/07).
In dem entschiedenen Fall wurde einer Mieterin wegen „Eigenbedarfs“ gekündigt (der Eigenbedarf wurde vorgetäuscht). Eigenbedarfsgründe wurden aber im Kündigungsschreiben nicht angegeben. Die Kündigung ist daher schon aus formalen Gründen unwirksam. Der Mieter hätte die „Kündigung“ auch einfach ignorieren können.
Der BGH hat diesbezüglich schon im Jahr 2005 entschieden, dass der Mieter den fehlenden Selbstnutzungswillen des Vermieters darlegen und beweisen muss (BGH, Urteil v. 18.05.05, Az. VIII ZR 368/03). Allerdings darf sich der Vermieter nicht darauf beschränken, eine entsprechende Behauptung des Mieters schlicht zu bestreiten.
Entscheidend ist aber auch hier der Zeitpunkt, zu dem sich die Verhältnisse ändern. Zerschlägt sich der Eigenbedarf erst, nachdem die Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist, brauch der Vermieter dem Mieter die Vertragsfortsetzung nicht mehr anzubieten, denn der Vertrag ist ja bereits beendet.
In diesem Fall fordert der BGH, dass dies dem Mieter mitgeteilt wird (BGH, Urteil v. 09.11.05, Az. VIII ZR 339/04). Der Mieter wird vom Wegfall des Eigenbedarfs unterrichtet. Zugleich kann von ihm eine Erklärung gefordert werden, ob er das Mietverhältnis fortsetzen will. Rechtlich ist dieses als Angebot zur Fortführung des bisherigen Mietvertrags zu werten.
BGH Urteile zur Eigenbedarfskündigung – Eigenbedarfskündigung Rechtsurteile
Die folgende Übersicht über BGH-Urteile zur Eigenbedarfskündigung zeigt, wann eine solche Kündigung rechtens ist.
1. Berufliche Nutzung
Es darf auch dann eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden, wenn der Vermieter selbst oder ein Familienangehöriger die Räume nicht als Wohnung, sondern für eine berufliche Tätigkeit nutzen möchte. Begründung: Die Berufsfreiheit ist ebenfalls im Grundgesetz geschützt (26.09.12, Az. VIII ZR 330/11).
2. Volljährigkeit des eigenen Kindes
Der Wunsch des Vermieters, einem demnächst volljährigen Kind die Begründung eines eigenen Hausstands in einer dafür geeigneten Wohnung zu ermöglichen, ist ein vernünftiger, nachvollziehbarer Grund für den Eigenbedarf. (13.10.10, Az. VIII ZR 78/10).
3. Aussicht auf kurze Mietdauer muss angekündigt werden
Auch ein Mietinteressent, der Kenntnis vom Vorhandensein zum Beispiel von Kindern oder Lebensgefährten des Vermieters hat, muss nicht stets mit der Möglichkeit eines Eigenbedarfs rechnen und muss sich nicht beim Vermieter über einen möglichen Eigenbedarf erkundigen.
Vor Vertragsunterzeichnung ist der Mieter über die Absicht oder zumindest die Aussicht auf eine nur kurze Mietdauer aufzuklären (06.07.10, Az. VIII ZR 180/09 und 21.01.09, Az. VIII ZR 62/08).
4. Vermieter nicht zu Einschätzung verpflichtet
Der Vermieter ist weder verpflichtet, von sich aus vor Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags unaufgefordert Ermittlungen über einen möglichen künftigen Eigenbedarf anzustellen, noch den Mieter ungefragt über mögliche oder konkret vorhersehbare Eigenbedarfssituationen zu unterrichten (Urteil v. 04.02.15, Az. VIII ZR 154/14).
5. Alternativwohnungen im selben Haus müssen angeboten werden
Der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter hat dem Mieter eine andere, ihm zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung während der Kündigungsfrist zur Anmietung anzubieten, sofern sich die Wohnung im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet und er die Wohnung erneut vermieten will (09.07.03, Az. VIII ZR 276/02 und 09.11.05, Az. VIII ZR 339/04).
6. Vorgetäuschter Eigenbedarf ist unwirksam
Eine Kündigung, die mit einem nur vorgetäuschten Eigenbedarf begründet wird, ist rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam. Die Folge: Der Mieter kann in der Wohnung bleiben, der Mietvertrag läuft weiter.
Außerdem kann der Mieter Schadenersatz fordern, unabhängig davon ob er die Räume noch bewohnt, oder bereits ausgezogen ist (Urteil v. 13.06.12, Az. VIII ZR 356/11).
7. Eine BGB-Gesellschaft kann kündigen
Eine BGB-Gesellschaft kann wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter kündigen, ebenso wie zum Beispiel eine Erbengemeinschaft oder ein Ehepaar Eigenbedarf geltend machen kann (27.06.07, Az. VIII ZR 271/06).
8. Eine GmbH & Co. KG kann nicht kündigen
Eine GmbH & Co. KG kann nicht wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter kündigen. Ebenso wenig besteht für andere juristische Personen oder Vereine die Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung (15.12.10, Az. VIII ZR 210/10).
9. Konkrete Nutzungsabsicht muss vorliegen
Ein Eigennutzungswunsch rechtfertigt die Kündigung des Mietverhältnisses nur dann, wenn er vom Vermieter ernsthaft verfolgt wird und hinreichend bestimmt und konkretisiert ist (Urteil v. 23.09.15, Az. VIII ZR 297/14).
10. Wohnbedarf liegt im Ermessen des Vermieters
Die Gerichte haben grundsätzlich zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen sieht. Der Vermieter ist daher nicht berechtigt, seine Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters zu setzen (Urteil v. 04.03.15, Az. VIII ZR 166/14).
Fazit: Eigenbedarfskündigung sollten gut geprüft werden
Eine Eigenbedarfskündigung ist also möglich, wenn der Eigentümer die Wohnung zu wohnzwecken selber nutzen will. Allerdings ist diese Art der Kündigung an zahlreiche Voraussetzungen geknüpft und nicht leichtfertig durchführbar. Der Vermieter muss seine Gründe zur Kündigung detailliert und offen darlegen.
Der Mieter besitzt außerdem Rechte die ihn schützen und auch das Recht auf Widerspruch. Des Weiteren sollten Eigenbedarfskündigungen genau geprüft werden, um Missbrauche zu verhindern. Hier kann auch juristische Hilfe beantragt werden.