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Eigenbedarfskündigung – Das gilt es zu beachten

Eigenbedarfskündigung – Das gilt es zu beachten
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Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste zur Eigenbedarfskündigung

Mietrecht: Grund einer Kündigung seitens des Vermieters

Gesetzesgrundlage: § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB

Voraussetzung: Ordentliche Begründung; berechtigter Bedarf des Vermieters bzw. Eigentümers

Mieterschutz: Widerspruch kann nach § 574 BGB erhoben werden

Deutschland: Eigenbedarf ist umstrittenster Kündigungsgrund


Definition Eigenbedarfskündigung: Was versteht man unter einer Eigenbedarfskündigung?

Eigenbedarf ist seitens eines Vermieters ein Grund für die Kündigung des Mietvertrages. Die Kündigung wegen Eigenbedarf ist in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geregelt. Die Kündigungsfrist ergibt sich aus § 573c BGB.

Wegen Eigenbedarf kann einem Mieter beispielsweise dann ordentlich gekündigt werden, wenn der Eigentümer die Räume als Wohnung für sich benötigen. In Betracht kommt, dass er die Räume teilweise als Büro nutzen möchte oder die Wohnung für Angehörige benötigt.

Eigenbedarf ist in der Vermietungspraxis der mit Abstand umstrittenste Kündigungsgrund. In den meisten Fällen sind die Vermieter gezwungen, die Kündigung im Wege der Räumungsklage durchzusetzen.

Es kommt immer wieder vor, dass Vermieter vor Gericht unterliegen, weil sie aus Unkenntnis „handwerkliche” Fehler begangen haben. Entweder liegt kein anerkannter Kündigungsgrund vor oder die Kündigung wurde nicht ausreichend begründet. Es sollten deshalb diese Kriterien beachtet werden, damit die Eigenbedarfskündigung erfolgreich ist.

Erfolgreich ist eine Kündigung nur, wenn der Eigenbedarf konkret besteht. Eine bislang vage oder für einen späteren Zeitpunkt verfolgte Nutzungsabsicht rechtfertigt die Eigenbedarfskündigung (noch) nicht (BGH, Urteil v. 23.09.15, Az. VIII ZR 297/14).

Darunter fällt zum Beispiel der Fall, wenn sich der Sohn zwar am Ort der Mietwohnung um einen Studienplatz beworben, aber noch keine Zusage erhalten hat. Oder wenn ein Vermieter die Wohnung der Schwester überlassen möchten, ohne dies mit ihr abgestimmt zu haben.

Gültige Eigenbedarfskündigung: Berechtigter Eigenbedarf muss vorliegen

Möchte ein Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen, sollte er sich vor unliebsamen Überraschungen schützen. Daher gilt es im Vorfeld einige Punkte zu klären.

Der Vermieter muss ein berechtigtes Interesse an der Eigenbedarfskündigung haben. Das ist dann der Fall, wenn er vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnräume für sich oder eine begünstigte Person hat.

Wichtig

War der Eigenbedarf bei Abschluss des Mietvertrags vorhersehbar, kann keine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden.

Die folgenden Gründe können ein berechtigtes Interesse des Eigentümers an einer Eigenbedarfskündigung darstellen:

  • Ein Vermieter möchte die gekaufte Wohnung als Altersruhesitz nutzen.
  • Die Wohnung und der Arbeitsplatz sollen im gleichen Haus sein.
  • Familienzuwachs führt zu größerem Raumbedarf.
  • Ein Kind, das eine eigene Familie gründen will, möchte die Wohnung beziehen.
  • Ein Vermieter muss aus gesundheitlichen Gründen in eine kleinere oder in eine Erdgeschosswohnung ziehen.
  • Der Vermieter will im eigenen Haus wohnen, um das Haus zu verwalten und die Heizung zu warten.
  • Die jetzige Wohnung weist im Vergleich zu der zu kündigenden Wohnung erhebliche Mängel auf und der Vermieter will in die mangelfreie Wohnung umziehen.
  • Die zu kündigende Wohnung liegt wesentlich näher am Arbeitsplatz. Dabei muss eine erhebliche Verkürzung der Entfernung vorliegen. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter durch einen Arbeitsplatzwechsel die erhebliche Verkürzung der Entfernung herbeigeführt hat.
  • Der Wunsch nach einer größeren, besser geschnittenen, besser gelegenen oder besser ausgestatteten Wohnung begründet ebenfalls ein berechtigtes Interesse.
  • In der zu kündigenden Wohnung besteht im Gegensatz zur bisherigen Wohnung die Möglichkeit, ein Arbeitszimmer oder weitere Schlafzimmer für Kinder oder Enkelkinder einzurichten.
  • Der gleiche Punkt gilt, wenn dringend eine Pflegeperson untergebracht werden muss.
  • Der Vermieter trennt sich vom Ehe- oder Lebenspartner und möchten in die zu kündigende Wohnung einziehen.
  • Der Vermieter möchte mehrere Wohnungen zusammenlegen, um für sich einen größeren Wohnraum zu schaffen.

Wichtig

Der Vermieter bzw. Eigentümer sollte den Eigenbedarf in der Kündigung ausführlich begründen, auch wenn dabei sehr persönliche Umstände mitgeteilt werden müssen. So lassen sich viele Rechtsstreitigkeiten vermeiden.

Übrigens: Für die Wirksamkeit der Kündigung ist unschädlich, wenn der Eigenbedarf etwas „dramatisiert” wird (BGH, Urteil v. 17.03.10, Az. VIII ZR 70/09).

Welche Kündigungsgrunde des Vermieters sind unzulässig?

  • Der Vermieter möchte in den eigenen vier Wänden leben.
  • Die Wohnung soll verkauft werden.
  • Die Kündigung ist nur damit begründet, dass die Wohnung „dringend benötigt” wird.
  • Die bisherige Wohnung ist deutlich kleiner als die vermietete Wohnung.
Eigenbedarfskündigung

Welche Fristen gelten bei der ordentlichen Kündigung?

Die normale Kündigungsfrist bei der ordentlichen Kündigung beträgt drei Monate. Wohnt der Mieter länger als fünf Jahre in der Wohnung, gelten längere Kündigungsfristen: Bei einer Mietdauer von bis zu acht Jahren beträgt sie sechs Monate und bei einer Mietdauer von mehr als acht Jahren beträgt die Kündigungsfrist neun Monate.

Der Vermieter untersteht einer Anbietpflicht

Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in früheren Urteilen entschieden hat, setzt eine Kündigung wegen Eigenbedarfs unter anderem voraus, dass dem Mieter eine vergleichbare Wohnung angeboten wird, die im selben Haus oder derselben Wohnanlage zur Vermietung steht (BGH, Urteil v. 09.07.03, Az. VIII ZR 276/02).

Kommt ein Vermieter dieser Anbietpflicht nicht nach, ist die Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam.

Bis wann gilt die Anbietpflicht?

Der BGH konkretisiert die Anbietpflicht: Es muss dem Mieter nur eine Wohnung angeboten werden, die bis zu dem Zeitpunkt frei wird, zu dem das gekündigte Mietverhältnis endet.

Wird die Alternativwohnung erst nach Beendigung des Mietverhältnisses frei, ist dies irrelevant und diese Wohnung muss nicht angeboten werden (BGH, Urteil v. 04.06.08, Az. VIII ZR 292/07).

Ungültige Eigenbedarfskündigung: Wann kann der Mieter Widerspruch einlegen?

Der Mieter kann aus verschiedensten Gründen Widerspruch einlegen. Dafür sorgt das Gesetz für den Schutz des Mieters. Beispielsweise kann er die Eigenbedarfskündigung anfechten, wenn sie ihm nicht zumutbar ist. Der wichtigste Härtegrund, der in § 574 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgeführt wird, ist fehlender Ersatzwohnraum.

Allerdings gehen die Meinungen auseinander, wenn es um die Definition einer zumutbaren Ersatzwohnung geht. Sie muss nicht mit der alten Wohnung übereinstimmen, sondern darf in einem anderen Stadtteil liegen und kleiner und teurer sein.

Es gibt viele weitere Gründe und Arten von Härtefällen, die als Widerspruch gegen eine Kündigung genutzt werden können. Eine Schwangerschaft oder Schwierigkeiten beim Schulwechsel der Kinder sind beispielsweise gültige Gründe. Auch auf hohes Alter, Gebrechlichkeit oder Invalidität kann sich ein Mieter berufen. Sogar eine bevorstehende Prüfung kann ein Härtegrund für einen Widerspruch sein.

Erkennt der Vermieter den Härtefall an, dann kann er seine Kündigung zurückziehen. Sollte es nicht zu einem Einverständnis kommen, kann der Mieter auf Fortsetzung des Mietverhältnisses klagen. Dann wird vor Gericht entschieden, ob es sich wirklich um einen Härtegrund handelt oder nicht. Grundsätzlich gilt, dass die gesundheitliche Unversehrtheit des Mieters vor den Interessen des Vermieters steht.

BGH-Rechtsurteile zur Eigenbedarfskündigung – wann ist sie rechtens?

Die folgende Übersicht über BGH-Urteile zur Eigenbedarfskündigung zeigt, wann eine solche Kündigung rechtens ist.

Berufliche NutzungEs darf auch dann eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden, wenn der Vermieter selbst oder ein Familienangehöriger die Räume nicht als Wohnung, sondern für eine berufliche Tätigkeit nutzen möchte. Begründung: Die Berufsfreiheit ist ebenfalls im Grundgesetz geschützt (26.09.12, Az. VIII ZR 330/11).
Volljährigkeit des eigenen KindesDer Wunsch des Vermieters, einem demnächst volljährigen Kind die Begründung eines eigenen Hausstands in einer dafür geeigneten Wohnung zu ermöglichen, ist ein vernünftiger, nachvollziehbarer Grund für den Eigenbedarf.  (13.10.10, Az. VIII ZR 78/10).
Aussicht auf kurze Mietdauer muss angekündigt werdenVor Vertragsunterzeichnung ist der Mieter über die Absicht oder zumindest die Aussicht auf eine nur kurze Mietdauer vom Vermieter aufzuklären (06.07.10, Az. VIII ZR 180/09 und 21.01.09, Az. VIII ZR 62/08).
Vermieter nicht zu Einschätzung verpflichtetDer Vermieter ist weder verpflichtet, von sich aus vor Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags unaufgefordert Ermittlungen über einen möglichen künftigen Eigenbedarf anzustellen, noch den Mieter ungefragt über mögliche oder konkret vorhersehbare Eigenbedarfssituationen zu unterrichten (Urteil v. 04.02.15, Az. VIII ZR 154/14).
Vorgetäuschter Eigenbedarf ist unwirksamEine Kündigung, die mit einem nur vorgetäuschten Eigenbedarf begründet wird, ist rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam. Die Folge: Der Mieter kann in der Wohnung bleiben, der Mietvertrag läuft weiter.

Außerdem kann der Mieter Schadenersatz fordern, unabhängig davon ob er die Räume noch bewohnt, oder bereits ausgezogen ist (Urteil v. 13.06.12, Az. VIII ZR 356/11).
Eine BGB-Gesellschaft kann kündigenEine BGB-Gesellschaft kann wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter kündigen, ebenso wie zum Beispiel eine Erbengemeinschaft oder ein Ehepaar Eigenbedarf geltend machen kann (27.06.07, Az. VIII ZR 271/06).
Eine GmbH & Co. KG kann nicht kündigenEine GmbH & Co. KG kann nicht wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter kündigen. Ebenso wenig besteht für andere juristische Personen oder Vereine die Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung (15.12.10, Az. VIII ZR 210/10).
Konkrete Nutzungsabsicht muss vorliegenEin Eigennutzungswunsch rechtfertigt die Kündigung des Mietverhältnisses nur dann, wenn er vom Vermieter ernsthaft verfolgt wird und hinreichend bestimmt und konkretisiert ist (Urteil v. 23.09.15, Az. VIII ZR 297/14).
Wohnbedarf liegt im Ermessen des VermietersDie Gerichte haben grundsätzlich zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen sieht. Der Vermieter ist daher nicht berechtigt, seine Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters zu setzen (Urteil v. 04.03.15, Az. VIII ZR 166/14).

Für welche Personen darf eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden?

Der Vermieter will die zu kündigenden Räume einem Familienmitglied zur Verfügung stellen? Dann muss er sich vorher vergewissern, ob der Angehörige ein Familienmitglied nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist. Denn nicht jeder, der mit dem Vermieter verwandt oder verschwägert ist, ist ein Familienmitglied im Sinne des Gesetzes.

Diese enge Definition des Begriffs Familienmitglied soll verhindern, dass Vermieter weit entfernte Verwandte als Begründung für den Eigenbedarf heranziehen.

Enge Familienangehörige nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB

Ob jemand als Familienangehöriger zu werten ist oder nicht, hat der BGH in den letzten Jahren in vielen Einzelentscheidungen beantworten müssen. Die Karlsruher Richter unterscheiden bei dieser Frage zwischen den engen Familienangehörigen des Vermieters und denjenigen, die mit dem Vermieter nur weitläufig verwandt sind.

Nach der Rechtsprechung gehören folgende Personen zu den engen Familienangehörigen:

  • Der Ehegatte
  • Der getrenntlebende Ehegatte, sofern ein Scheidungsantrag nicht gestellt ist
  • Die Kinder des Vermieters
  • Die Geschwister
  • Die Eltern des Vermieters
  • Die Enkelkinder
  • Der Schwiegervater/die Schwiegermutter
  • Der Stiefsohn/die Stieftochter
  • Die Neffen und Nichten

Entferntere verschwägerte Personen und Verwandte zählen nur dann zu den Familienangehörigen, wenn eine besonders enge Bindung vorliegt – z. B. beim Schwager – oder wenn der Vermieter rechtlich oder zumindest moralisch zur Gewährung von Unterhalt und Fürsorge verpflichtet ist.

Beispiel

Ein besonderes persönliches Verhältnis kann für folgenden Fall bejaht werden: Der Vermieter lebt in Hamburg und hat seit längerer Zeit persönlichen Kontakt zu seiner in München lebenden Cousine und unterstützt diese zudem mit Geld- und Sachleistungen.

Eigenbedarfskündigung rechtssicher zustellen: Kündigung des Mietvertrages zustellen

Wie stets in einem Kündigungsschreiben muss darauf hingewiesen werden, dass einer stillschweigenden Verlängerung nach § 545 BGB widersprochen wird. Andernfalls würde sich das Mietverhältnis in folgendem Fall fortsetzen.

Dem Mieter sollte der Eigennutzungswunsch im Zweifel besser ausführlich erläutert werden.

Am einfachsten ist es, wenn die Kündigungserklärung dem Mieter direkt ausgehändigt und der Empfang quittiert wird. Ist das nicht möglich, muss die Kündigung per Brief versendet werden.

Eine Zustellung kommt in Betracht durch:

  • Einen einfachen Brief
  • Ein Einwurfeinschreiben, das in den Briefkasten eingeworfen wird
  • Ein Übergabeeinschreiben, dessen Erhalt der Empfänger quittieren muss
  • Einen Gerichtsvollzieher
  • Einen sonstigen Boten

Im Zweifelsfall muss der Vermieter beweisen, dass die Kündigung dem Mieter zugegangen ist.

Checkliste: Das muss vor der Eigenbedarfskündigung geklärt werden

Checkliste Eigenbedarfskündigung