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Bilanzkennzahlen – Kapitalstruktur, Vermögensstruktur & Bedeutung

Inhaltsverzeichnis

Wichtiges zu den Bilanzkennzahlen

Definition: Kennzahlen zur Beurteilung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens

Bedeutung: Einschätzung der wirtschaftlichen Lage von Unternehmen

Notwendigkeit: Einzelne Bilanzposten nicht aussagefähig, müssen ins Verhältnis gesetzt werden

Arten: Vertikale & horizontale Bilanzkennzahlen

Kapitalstruktur: Eigenkapitalquote, Fremdkapitalquote, Verschuldungsgrad

Vermögensstruktur: Konstitution, Anlagenintensität, Umlaufintensität

Horizontale Bilanzkennzahlen: Deckungsgrade, Liquiditätsgrade, Working Capital

Praxis: Grundlage für Handlungsempfehlungen und finanzielle Entscheidungen


Definition betriebswirtschaftliche Kennzahlen: Was sind Bilanzkennzahlen?

Das Handelsgesetzbuch legt fest, dass Unternehmen eine Bilanz aufstellen müssen. Neben der rechtlichen Notwendigkeit haben diese wirtschaftlichen Kennzahlen aus der Bilanz einen Nutzwert, wenn es um die Bewertung des betreffenden Unternehmens geht. Die Bilanzkennzahlen geben eine Übersicht über Stand und Entwicklung und ermöglichen ein Urteil darüber, ob es sich um ein gesundes Unternehmen handelt.

Die Auswertung von Bilanzkennzahlen spielt eine wichtige Rolle, um als Anleger eine Investmententscheidung auf fundamentaler Basis zu treffen. Der Blick auf die wirtschaftliche Situation und eventuelle künftige Entwicklungen von Unternehmen gibt einen rationalen Grund für ein Investment.

Bilanzkennzahlen sind notwendig, da einzelne Bilanzposten in der Regel nicht aussagekräftig sind. Interessanter wird es, wenn man Posten der Bilanz in ein Verhältnis zueinander setzt. Bei der Anlagenquote stellen sich Frage wie „Welchen Anteil hat das Anlagevermögen am Gesamtvermögen?„ Die Ergebnisse liefern Erkenntnisse über die Finanzierung, Flexibilität und Bonität eines Unternehmens.

Erfolgskennzahlen aus der GuV: Abgrenzung von Bilanzkennzahlen

Neben den Bilanzkennzahlen gibt es noch die Erfolgskennzahlen. Diese lassen sich nicht aus der Bilanz, sondern aus der GuV lesen.

Die GuV ist eine detaillierte Zeitraum-Rechnung, welche den Jahresüberschuss oder -verlust ermittelt. Diesen Jahresüberschuss kann anschließend in der Bilanz zum 31.12 eines Jahres in dem Posten „Eigenkapital” abgelesen werden.

Zu den wichtigen Erfolgskennzahlen gehören die Umsatzrentabilität, das Return on Investment (ROI) und das EBITDA.

Was ist die Umsatzrentabilität eines Unternehmens?

Hier wird Aufschluss darüber gegeben, welcher Anteil der Einnahmen eines Unternehmens als Gewinn verbucht werden kann. Liegt der Wert über 10 %, ist das Unternehmen sehr rentabel, unter 5 % rentiert es sich eher nicht.

Formel

Umsatzrendite (in %) = (Gewinn / Umsatz) * 100

Was ist der Return on Investment (ROI)?

Wird die Umsatzrentabilität mit der Umschlaghäufigkeit des Gesamtkapitals multipliziert, ergibt sich der Return on Investment (ROI), der den finanziellen Erfolg eines Unternehmens mit dem gesamten gebundenen Kapital des Unternehmens in Verhältnis setzt.

Formel

ROI = [(Gewinn / Umsatz) * (Umsatz / Gesamtkapital)] * 100

So kann abgelesen werden, wie viel Gewinn das in die Firma investierte Kapital erwirtschaftet. Das macht den Wert interessant für potenzielle Investoren.

Was ist das EBITDA?

Das EBITDA steht für „Earnings before interests, taxes, depreciation and amortisation“. Zu Deutsch: Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände.

EBITDAJahresüberschuss

+/- außerordentliches Ergebnis

+ Minderheiten

+ Steueraufwand

– Steuererträge

+/- Finanzergebnis

+ Abschreibungen auf das Anlagevermögen

– Zuschreibungen auf das Anlagevermögen

Durch diese Abzüge soll das Betriebsergebnis ohne Verzerrungen dargestellt werden. Mit dem Herausrechnen der Steuern und der unterschiedlichen nationalen Abschreibungsregeln soll der internationale Vergleich mit anderen Unternehmen erleichtert werden.

Was ist eine Bilanz?

Die Betriebswirtschaftliche Unternehmensbilanz ist eine systematische Aufstellung von Vermögen und Kapitalbeschaffung eines Unternehmens. Genaugenommen wird die Verwendung und die Herkunft des Kapitals gegenübergestellt. Dabei beinhaltet die Aktivseite das Vermögen, aufgegliedert in Anlage- und Umlaufvermögen. Die Passivseite gliedert sich in Eigen- und Fremdkapital und veranschaulicht die Kapitalstruktur des Unternehmens.

Die Bilanz bildet zusammen mit der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) den rechtlichen Jahresabschluss eines Unternehmens. Dieser muss erstellt werden, um Gläubigern, Anteilseignern, Arbeitnehmern und dem Staat Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu geben.

Die Bilanz wird zu einem Bilanzstichtag aufgestellt. Der Vergleich der Bestände zu zwei verschiedenen Stichtagen gibt Aufschluss über die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens.

Wer muss eine Bilanz erstellen?

Die Bilanzierungspflicht ist im § 266 Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Ob ein Unternehmen tatsächlich eine Bilanz erstellen muss, hängt von der Rechtsform, dem Umsatz und der Tätigkeit ab. Wenn ein Kaufmann bilanzierungspflichtig ist, muss er einen Jahresabschluss mit Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und eventuell einem Anhang (Erläuterungen zur Bilanzierung) erstellen.

Folgende Regelungen bezüglicher der Bilanzierungspflicht gelten für die verschiedenen Rechtsformen:

Freiberufler

(Ärzte, Steuerberater, Rechtsanwälte, Journalisten, Unternehmensberater)

Nicht bilanzierungspflichtig

Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) ausreichend

Einzelunternehmer

(voll haftende Kaufleute und Kleingewerbetreibende)

Bilanzierungspflichtig, wenn
  • Jahresumsatz > 500.000 €
  • Jahresgewinn > 50.000 €
Personenhandelsgesellschaften

(OHG, Kommanditgesellschaft)

Bilanzierungspflichtig

Keine Veröffentlichung im Bundesanzeiger notwendig

Beschränkt haftende Gesellschaften

(GmbH, GmbH & Co. KG)

Bilanzierungspflichtig aufgrund des Gläubigerschutzes

Es gelten strengere Regelungen für die Bilanzierung

Bei haftungsbeschränkten Gesellschaften muss der Jahresabschluss um einen Anhang erweitert und im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Je nach Größe des Unternehmens ist das Testat einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft notwendig.

Welchen Nutzen & Funktion hat eine Bilanz?

Die Bilanz hat eine Dokumentations-, Gewinnermittlungs- und eine Informationsfunktion.

In ihrer Dokumentationsfunktion gibt die Bilanz eine verbindliche Auskunft über die Vermögens- und Kapitalstruktur des Unternehmens. Als handels- und steuerrechtliches Rechenwerk bildet es den formellen Abschluss der Buchführung.

Die Bilanz hat daneben eine Gewinnermittlungsfunktion. Der Posten „Eigenkapital” enthält den in der GuV ermittelten Jahreserfolg und kann zwischen verschiedenen Bilanzstichtagen miteinander verglichen werden. Unter Berücksichtigung eventueller Einnahmen und Ausgaben ermittelt man so den Gewinn oder Verlust der Periode. Die GuV ist eine dem Posten „Eigenkapital” vorgelagerte, detaillierte Berechnung des Jahresüberschusses.

In seiner Informationsfunktion dient die Bilanz sowohl der Selbstinformation für das aufzustellende Unternehmen als auch Dritten gegenüber. In seiner Selbstinformation hilft es dem Kaufmann, das Unternehmen richtig zu steuern. Interessierte Dritte sind Lieferanten, Kreditgeber oder das Finanzamt. Ihre Interessen sollen durch die Veröffentlichung der Bilanz geschützt werden.

Definition Bilanzanalyse: Was sagen Bilanzwerte aus?

Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften oder GmbHs sind dazu verpflichtet, ihre Jahres- und Konzernabschlüsse zu veröffentlichen. Diese Einsichtnahme ist wichtig, da sich große Investoren, Lieferanten, Vertragspartner und Kunden ein Bild über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens machen können. Auch als privater Investor lassen sich diese Daten sinnvoll nutzen.

Bilanzen und Jahresabschlüsse werden beim elektronischen Bundesanzeiger des Bundesministeriums der Justiz veröffentlicht. Hier kann direkt nach einer Kapitalgesellschaft gesucht werden. Für die verschiedenen Adressaten der Bilanz lassen sich dort die spannenden Werte der Bilanz ablesen. Je nach Interesse des Adressaten sind unterschiedliche Bilanzwerte interessant.

Inhalte der Bilanzanalyse

Ablauf einer Jahresabschlussanalyse

Schaut man sich die Bilanz eines Unternehmens an, entdeckt man verschiedene Zahlen, die Hinweise auf die Bestände und den Erfolg geben sollen. Mithilfe von Bilanzkennzahlen setzt man verschiedene Bilanzwerte in Verhältnis zueinander, um noch aussagekräftigere Werte zu erhalten, die der eigenen Investmententscheidung dienen sollen. Diese Kennzahlen geben einen schnellen Überblick über Gewinne, Verluste und Renditen.

Die Jahresabschlussanalyse erfolgt in der Regel mit einer Analysesoftware. Wenn die Analyse innerhalb des Unternehmens durchgeführt wird, benutzt der Bilanzbuchhalter oder Controller die Buchhaltungssoftware, anhand der man den Jahresabschluss erstellt hat. Hier sind alle Geschäftsvorfälle des Unternehmens erfasst. Für die Analyse wird der Jahresabschluss weiter aufbereitet und neu gegliedert, je nachdem, was der Bilanzanalytiker benötigt.

Hierzu wird die ursprüngliche Bilanz in sogenannte Strukturbilanzen umgewandelt. Die Zahlen aus der Originalbilanz werden in fest vorgegebene Analysestrukturen übertragen. So kann eine Strukturbilanz beispielsweise einen mehrjährigen Vergleich, weitere Auswertungen oder Branchenvergleichszahlen enthalten.

Für eine Jahresabschlussanalyse gibt es zahlreiche Analyseprogramme auf dem Markt. Gemeinsam ist ihnen allen, dass die Berechnung der benötigten Kennzahlen automatisch erfolgt. Ein Beispiel hierfür sind Scoring-Systeme, welche für das Standard-Geschäft entwickelt wurden. Diese arbeiten mit mathematisch-statistischen Verfahren, welche das kundenindividuelle Risiko anhand eines Punktesystems ermitteln. So können Banken oder Ratingagenturen die Jahresabschlüsse unterschiedlicher Kunden mit der Software einheitlich aufbereiten und untereinander vergleichen.

Adressaten der Bilanzanalyse

Bilanzkennzahlen dienen als Hilfestellung bei einer Unternehmensanalyse. Hierdurch lässt sich die aktuelle und künftige wirtschaftliche Lage ableiten. Zum einen interessiert sich die eigene Geschäftsführung für diese Werte, lässt sich doch anhand von ihnen der Managementerfolg messbar und vergleichbar mit anderen Unternehmen machen. Die Geschäftsführung kann Schwachstellen identifizieren und entsprechend gegensteuern.

Auch Lieferanten interessieren sich für die Bilanzen und die Kennzahlen. Angenommen, ein Zulieferer für Autoteile möchte einen großen Konzern beliefern. Da Lieferungen bei längerer Geschäftsbeziehung nicht per Vorkasse, sondern auf Rechnung bezahlt werden, ist die Liquidität des Abnehmers von großer Bedeutung. Muss dieser Insolvenz anmelden, weil er zu wenig Gewinn gemacht, fällt das auf die ausstehenden Rechnungen des Lieferanten zurück.

Auch Banken haben ein Interesse an den Bilanzkennzahlen. Diese erlauben ebenfalls Rückschlüsse auf die Rückzahlungsfähigkeit von Krediten oder deren erstmalige Bewilligung. Schließlich leihen Banken nur solchen Unternehmen Gelder, bei denen die Rückzahlung nahezu komplett gewährleistet ist.

Empfänger der Bilanzanalyse

Vor- & Nachteile der Bilanzanalyse

In der Regel sollten Unternehmen der gleichen Branche verglichen werden. Vergleicht man zwei Unternehmen der gleichen Branche, kann man oft das „bessere” Unternehmen anhand von Bilanzkennzahlen identifizieren. Durch die Bilanzkennzahlen können die Umsatzrentabilität, die Liquidität oder die Eigenkapitalquote abgelesen und interpretiert werden.

Die reine Betrachtung von starren Zahlen hat keine 100 %-ige Aussagekraft über die künftige wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens. Hierin liegt der größte Vorteil der Bilanzanalyse. Ein Nachteil ist, dass die Kennzahlen keine Vision, Wettbewerbsvorteile, Produktunterschiede oder ähnliches darstellen können. Sie beziehen sich auf die Bilanz und bleiben damit vergangenheitsbezogen. Die Bilanzanalyse gibt damit keine Auskunft über die langfristigen Strategien eines Unternehmens.

Hinzu kommt das sogenannte „Window-Dressing“. Da die Bilanzkennzahlen bei einer Vielzahl von Unternehmen offen einsehbar sind, werden oftmals noch Positionen in der Bilanz geschönt. Beispielsweise werden Altlasten abgestoßen oder kurzfristig Verbindlichkeiten aufgenommen, um verschiedene Effekte zu erzielen.

Vertikale Bilanzkennzahlen: Analyse der Kapitalstruktur

Bei der vertikalen Bilanzkennzahlenanalyse werden Posten der Aktiva oder der Passiva zueinander in Beziehung gesetzt.

So ist auf vertikaler Ebene die Analyse der Kapitalstruktur auf der Passivseite und die Analyse der Vermögensstruktur auf der Aktivseite möglich.

Arten von Bilanzkennzahlen

Was ist die Eigenkapitalquote eines Unternehmens?

Die Eigenkapitalquote gibt an, wie hoch der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital ist

Formel

Eigenkapitalquote (in %) = (Eigenkapital / Gesamtkapital) * 100

Je höher die Eigenkapitalquote ist, umso höher ist die finanzielle Stabilität. Das Unternehmen ist dann unabhängiger gegenüber Fremdkapitalgebern.

Was ist die Fremdkapitalquote eines Unternehmens?

Analog zur Eigenkapitalquote gibt die Fremdkapitalquote das prozentuale Verhältnis zwischen Fremdkapital und dem Gesamtkapital, d. h. der Bilanzsumme an. Beide Kennzahlen geben Auskunft über die Kapitalstruktur eines Unternehmens.

Formel

Fremdkapitalquote (in %) = (Fremdkapital / Gesamtkapital) * 100

Innerhalb des Unternehmens benötigt man die Fremdkapitalquote als Grundlage für Finanzierungsentscheidungen. Externe Dritte messen an der Höhe der Fremdkapitalquote die Kreditwürdigkeit des Unternehmens.

Was ist der Verschuldungsgrad eines Unternehmens?

Der Verschuldungsgrad setzt Eigen- und Fremdkapital in Verhältnis zueinander. Je höher der Anteil des Fremdkapitals ist, desto stärker ist ein Unternehmen an Geldgeber von außerhalb gebunden. Das wirkt sich nachteilig auf die Flexibilität aus.

Formel

Verschuldungsgrad (in %) = (Fremdkapital / Eigenkapital) * 100

Eine grobe Regel aus der Praxis besagt, dass der Verschuldungsgrad nicht höher als 2:1 sein sollte. Wenn das Fremdkapital das Doppelte des Eigenkapitals beträgt, gilt die Finanzierungsstruktur des Unternehmens als ungesund.

Vertikale Bilanzkennzahlen: Wie wird die Vermögensstruktur berechnet?

Neben der Analyse der Kapitalstruktur, kann man mit den vertikalen Bilanzkennzahlen die Vermögensstruktur analysieren. Die Anlagenintensität und die Umlaufintensität gehören zu den vertikalen Bilanzkennzahlen.

Konstitution: Analyse der Vermögensstruktur

Der Vermögensaufbau eines Unternehmens, auch Konstitution genannt, wird in Prozent angegeben. Er gibt Aufschluss über das Verhältnis von Anlage- und Umlaufvermögen. Die Konstitution bzw. der Vermögensaufbau stellt eine der wichtigsten Bilanzkennzahlen dar.

Formel

Vermögensaufbau (Konstitution in %) = (gesamtes Anlagevermögen / gesamtes Umlaufvermögen) * 100

Bei einem Ergebnis von beispielsweise 150 % würde das Anlagenvermögen dem 1,5-fachen vom Umlaufvermögen bedeuten.

Berechnung der Anlageintensität?

Hierbei wird der Anteil des Anlagevermögens mit dem Gesamtvermögen in Verhältnis gesetzt. Je geringer das Anlagevermögen ist, desto liquider ist das betreffende Unternehmen.

Formel

Anlageintensität (in %) = (Anlagevermögen / Gesamtvermögen) * 100

Da das Anlagevermögen langfristig gebundenes Kapital darstellt, beinhaltet eine hohe Anlageintensität ein höheres Risiko. Hiermit sinkt die Flexibilität des Unternehmens.

Berechnung der Umlaufintensität

Die Umlaufintensität steht für den Anteil des Umlaufvermögens am Gesamtvermögen des Unternehmens.

Formel

Umlaufintensität (in %) = (Umlaufvermögen / Gesamtkapital) *100

Auch sie gibt Aufschluss über die Finanzlage. Bei einem hohen Anteil des Umlaufvermögens geht man von zu hohen Lagerbeständen aus. Ein Unternehmen kann bei einer hohen Umlaufintensität schneller auf konjunkturelle Veränderungen und ähnliches reagieren.

Berechnung der horizontalen Bilanzkennzahlen: Deckungsgrade, Liquiditätsgrad & Working Capital

Bei horizontalen Bilanzkennzahlen sieht man sich das Verhältnis zwischen einzelnen Aktiv- und Passivposten an. Bei der horizontalen Bilanzkennzahlenanalyse können Aussagen über die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gemacht werden. Daher spricht man bei den horizontalen Kennzahlen von der Liquiditätsanalyse.

Deckungsgrade I & II: Berechnung & Unterschied

Der Deckungsgrad 1. Grades zeigt an, inwieweit das Anlagevermögen durch das Eigenkapital gedeckt ist.

Formel

Deckungsgrad I (in %) = (Eigenkapital / Anlagevermögen) * 100

Der Gedanke dahinter ist, dass langfristiges Vermögen langfristig finanziert sein sollte. Ein Deckungsgrad zwischen 70 % und 100 % wird als optimal angesehen.

Wenn zum Eigenkapital das langfristige Fremdkapital hinzugerechnet wird, erhält man den Deckungsgrad 2. Grades.

Formel

Deckungsgrad II (in %) = [(Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / Anlagevermögen] * 100

Der Deckungsgrad 2. Grades sollte idealerweise zwischen 110 % und 150 % liegen.

Je weiter ein Deckungsbeitrag über 100 % liegt, umso stabiler ist die finanzielle Lage des Unternehmens. Denn mit dem Anteil der langfristig finanziertem Umlaufvermögen steigt die finanzielle Stabilität.

Deckungsgrade bei Bilanzkennzahlen

Berechnung & Unterscheidung der Liquiditätsgrade I, II & III

Die Deckungsgrade sind gute Bilanzkennzahlen, um die langfristige Finanzierung eines Unternehmens zu analysieren. Dagegen eignen sich die Liquiditätsgrade, um Rückschlüsse auf die kurzfristige Finanzierung zu schließen. In der Praxis werden hierzu drei verschiedene Grade verwendet.

Die drei Liquiditätsgrade in der Übersicht:

  • Die Liquidität ersten Grades stellt das Verhältnis flüssiger Geldmittel zu kurzfristigem Fremdkapital dar.
  • Die Liquidität zweiten Grades zeigt das Verhältnis zwischen flüssigen Mitteln und Forderungen und dem kurzfristigen Fremdkapital.
  • Die Liquidität dritten Grades beschreibt das Verhältnis zwischen dem Umlaufvermögen und dem kurz- und mittelfristigen Fremdkapital.
BerechnungInterpretationnormaler Richtwert
Liquidität 1. Grades (in %)= (flüssige Mittel / kurzfristige Verbindlichkeiten) * 100 %Dient der Bewertung der Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens.

Eine 100 %-ige Deckung würde bedeuten, dass alle kurzfristigen Verbindlichkeiten (Bargeld oder Kasse) durch die flüssigen Mittel beglichen werden können.

10 – 30 %
Liquidität 2. Grades (in %)= (monetäres Umlaufvermögen / kurzfristiges Fremdkapital) * 100 %Das monetäre Umlaufvermögen beinhaltet neben den flüssigen Mitteln noch das sonstige Umlaufvermögen. Das sind alle leicht liquidierbaren Vermögenswerte des Unternehmens.> 100 %

Die Liquidität 2. Grades sollte über 100 % liegen, damit das kurzfristige Vermögen mindestens das kurzfristige Kapital deckt. Ansonsten gilt die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens als gefährdet.

Liquidität 3. Grades (in %)= (Umlaufvermögen / kurzfristiges Fremdkapital) * 100 %Die Berechnung wird erweitert, das komplette bilanzierte Umlaufvermögen wird berücksichtigt.= 120 %

Bei einem Wert < 100 % wäre das langfristige Anlagevermögen kurzfristig finanziert worden.

Anzumerken ist, dass die angegeben Richtwerte keine anerkannten Optimalwerte sind. Diese gelten vielmehr in der Praxis als „normal”.

Bilanzkennzahl: Was ist das Working Capital?

Die Differenz aus Umlaufvermögen und den kurzfristigen Verbindlichkeiten ergibt das Working Capital:

Formel

Working Capital = Umlaufvermögen – kurzfristige Verbindlichkeiten

Die kurzfristigen Verbindlichkeiten setzen sich verschiedenen Bilanzposten zusammen.

Bilanzposten für kurzfristige Verbindlichkeiten:

  • Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr
  • Steuerrückstellungen
  • Sonstige Rückstellungen
  • Passiver Rechnungsabgrenzungsposten

Das Working Capital sollte positiv sein. Dann kann ein Teil des Umlaufvermögens mit langfristig zur Verfügung stehendem Kapital finanziert werden. Je höher das Working Capital ist, desto sicherer ist die Liquidität des Unternehmens.

Fazit: Bilanzkennzahlen als Ausgangspunkt für Investmententscheidungen

Diese Übersicht über wichtige Bilanzkennzahlen ist keinesfalls vollständig. Für eine umfassende Bilanzanalyse können und sollen darüber hinaus weitere Kennzahlen betrachtet und interpretiert werden. Bilanzkennzahlen sind nicht nur eine Vorschrift des Handelsgesetzbuches, sondern auch eine Hilfe bei der Unternehmensbewertung. Schon beim ersten Hinsehen wird klar, ob es sich um ein gesundes Unternehmen handelt oder nicht.

Diese Kennzahlen haben eine eigenständige Aussagekraft. Außerdem kann die Entwicklung eines Unternehmens durch diese Werte über mehrere Jahre hinweg beurteilt werden. Viele Finanzportale bereiten solche Daten auf und stellen sie in einer kleinen Übersicht zur Verfügung. Von den großen DAX-Unternehmen bis hin zu den TecDAX-Unternehmen sind im Regelfall alle Zahlen vorhanden.

Wenn man sich für ein Investment entscheiden will und mehrere Aktien im Visier hat, so macht es Sinn, Vergleichskennzahlen zu finden und zu bewerten. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass im besten Fall Unternehmen der gleichen Branche miteinander verglichen werden, da gerade in unterschiedlichen Branchen das Eigenkapital-/Fremdkapitalverhältnis stark schwankt. Vergleiche machen hier wenig Sinn.

Über den Tellerrand der Bilanzkennzahlen hinaussehen

Nach einem Vergleich der Bilanzkennzahlen lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen. Welche Strategie fährt das Unternehmen langfristig, welche Wettbewerbsvorteile gibt es oder welche Patente liegen vor? Auch die Expansionspolitik der Unternehmen kann ausschlaggebend sein.

Die Zahlen der Bilanz und GuV dienen als Grundlage einer Jahresabschlussanalyse. Ziel ist es einen Einblick in die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu geben. Das Problem einer Analyse nur mit Bilanzkennzahlen ist, dass diese vergangenheitsbezogen sind. Der Bilanzanalytiker erhält zwangsläufig nur ein eingeschränktes Bild des Unternehmens. Für Prognosen über die Zukunft sind die Zahlen aus Bilanz und GuV nur eingeschränkt hilfreich.

Außerdem gilt es zu beachten, dass für die Aufstellung des Jahresabschlusses grundsätzlich das Anschaffungskostenprinzip gilt. Vermögensgegenstände werden nicht zu Zeitwerten, sondern zum Anschaffungspreis bilanziert. Eine Beurteilung von Zeitwerten ist nicht möglich. So zeigt sich, dass die Aussagefähigkeit der Kennzahlen einer Bilanz bezüglich zukunftsbezogener Informationen begrenzt sind. Die Bedürfnisse des Adressaten eines Jahresabschlusses können nicht ausschließlich durch die Bilanzkennzahlen gedeckt werden.

Bilanzkennzahlen sind notwendig, um eine gesunde Investmententscheidung treffen zu können. Das Gesamtbild wird jedoch durch weitere Punkte vervollständigt: Durch die Verknüpfung von Bilanzkennzahlen, technischer Kursanalyse, weicher Faktoren wie Strategien und Visionen sowie die Betrachtung des Unternehmens im Wettbewerb lässt sich eine gute Entscheidung für ein Investment treffen.