Preisdifferenzierung – Zielsetzung, Kriterien & Ordnung
Preisgestaltung für den Händler: Was ist die Preisdifferenzierung?
Bei der Preisdifferenzierung, oft ist in diesem Zusammenhange auch von der sogenannten Preisdiskriminierung die Rede, handelt es sich um ein preispolitisches Hilfsmittel für den Handel beziehungsweise das Marketing.
Unternehmen bieten dieselben Produkte nicht grundsätzlich zum selben Preis an. Damit soll erreicht werden, dass unterschiedliche Käufergruppen angesprochen werden können. Nicht jedes Unternehmen oder jeder Handelspartner ist schließlich in der Lage oder auch gewillt, entsprechende Preise für bestimmte Produkte zu bezahlen.
Preisdifferenzierung: Wie entsteht ein Preis?
Bei der Preisgestaltung ist vor allem entscheidend, wie groß Angebot und Nachfrage auf dem entsprechenden Markt ausfallen. Auf der anderen Seite sorgen entsprechende Preise auch dafür, dass Angebot und Nachfrage entsprechend groß oder eher gering ausfallen. Es handelt sich bei der Preisgestaltung somit um eine gegenseitige Abhängigkeitsbeziehung.
Der Preis als Marketing-Instrument
Bei der Preispolitik im Marketing geht es in erster Linie darum, Preise zu untersuchen, auszuwerten und festzusetzen. Welche Preise und zu welchen Konditionen werden Produkte und Dienstleistungen angeboten? Dieser Frage wird im Marketing in Sachen Preisbestimmung nachgegangen.
Ziel ist es letztlich, den idealen Preis für Sach- oder Dienstleistungen zu definieren. Bei der Festlegung des Preises sind zwei Aspekte zu berücksichtigen. Einerseits ist von Bedeutung, welche Strategie und Zielsetzung ein Unternehmen verfolgt. Andererseits dürfen die aktuellen oder zu erwartenden Gegebenheiten auf einem bestimmten Markt nicht außer Acht gelassen werden.
In unserer Gesellschaft hat sich der Preis als einer der wichtigsten Verkaufsargumente überhaupt etabliert. Der Preispolitik wird im modernen Marketing-Mix damit eine wichtige Aufgabe zuteil.
Unterscheidung kostenorientierte und marktorientierte Preispolitik
Relevant sind vor allem zwei Arten von Preispolitiken. Bei der marktorientierten Preispolitik steht ausschließlich das Ziel im Mittelpunkt, den Gewinn ansteigen zu lassen (Profitmaximierung). Hierbei ist wichtig, mit welchen Preisen die Konkurrenz auf dem Markt unterwegs ist. Ebenfalls von Bedeutung ist die Nachfrage nach bestimmten Produkten. Darauf reagiert die markorientierte Preispolitik, entsprechende Preisjustierungen sind das Resultat.
Die kostenorientierte Preispolitik handelt bei der Preisfestlegung nach einem bestimmten Fahrplan. Dabei spielt die Preisuntergrenze eine entscheidende Rolle. Zu welchen Kosten ein Produkt hergestellt wurde, ist bei der Festlegung eines Selbstkostenpreises relevant.
Unterscheidung zur Preisdiskriminierung
Die beiden Begriffe Preisdifferenzierung und Preisdiskriminierung erscheinen oft in ein- und demselben Kontext. Eine Differenzierung ist allerdings aufgrund des Begriffes Diskriminierung möglich.
Eine gewisse Ungleichbehandlung wird vor allem im Tourismus deutlich. Ein mögliches Szenario: Touristen lassen sich belgische Pommes Frites in Antwerpen oder Brüssel schmecken. Allerdings setzen die Verkäufer im Vergleich zu den Einheimischen bei den Touristen höhere Preise an. Letztlich unterscheiden sich die Preise, obwohl das gleiche Produkt verkauft bzw. gekauft wird.
Ein weiteres fiktives Beispiel: In Indien wird der Taj Mahal von Besuchern förmlich gestürmt. Die Eintrittspreise variieren nicht nur im Verhältnis von Einheimischen und Touristen. Auch unter den Einheimischen gibt es Unterschiede. Mehr als 22 Sprachen werden in Indien gesprochen. Die Schilder vor dem weltberühmten Mausoleum mit den entsprechenden Preisen für Besichtigungstouren sind daher in sämtlichen Sprachen angegeben. Gleichzeitig werden dabei unterschiedliche Preisangaben gemacht.
Bildung von Teilmärkten: Kriterien für die Preisdifferenzierung
Wie Teilmärkte gebildet werden und welche Kriterien für die Preisdifferenzierung eine Rolle spielen, hängt von einigen Faktoren ab. In der Folge aufgeführte Preisdifferenzierungs-Arten verdeutlichen diesen Zusammenhang.
Preisdifferenzierung anhand von Datum & Uhrzeit
Bei der zeitlichen Preisdifferenzierung erfolgt die Änderung des Preises für ein Gut für bestimmte Zeiträume. So gibt es beispielsweise tageszeitabhängige und jahreszeitabhängige Preisgestaltungen. Darunter fällt auch das saisonale Geschäft im Einzelhandel, was stark von Events wie Weihnachten abhängig ist.
Beispiele hierfür sind die Happy Hour in einer Bar, der Preisverlauf für Kraftstoff an Tankstellen oder auch diverse saisonale Angebote, Frühbucherrabatte oder Last-Minute-Schnäppchen.
Räumliche Preisdifferenzierung
Von einer räumlichen Preisdifferenzierung ist beispielsweise die Rede, wenn Fahrräder oder Autos in Deutschland zur selben Zeit an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Preisen angeboten werden.
Hintergrund ist, dass davon ausgegangen wird, dass ein Kunde nicht imstande ist, sich das von ihm gewünschte Produkt im Handumdrehen einfach an einem anderen Ort zu kaufen. Kleinere Produkte wie Schmuck oder Besteck könnte er sich zwar ohne Weiteres zusenden lassen, in Sachen Fahrrädern oder vor allem auch Autos sieht es dagegen anders aus. Die Größe und Komplexität des Wirtschaftsgutes hat also eine entscheidende Rolle bei einer räumlichen Preisdifferenzierung.
Abgegrenzt werden muss die räumliche Preisdifferenzierung von regionalen Unterschieden in der allgemeinen Preisgestaltung. So haben unterschiedlich hohe Lebenserhaltungskosten direkt Auswirkungen auf die Preispolitik.
Personelle Preisdifferenzierung
Bei der personellen Preisdifferenzierung ist die Einordnung in bestimmte Kundengruppen von Relevanz. So freuen sich beispielsweise Rentner unter anderem über günstigere Eintritte ins Museum oder Theater. Studenten bekommen an der Kinokasse gegen Vorlage ihres Studentenausweises ein günstigeres Ticket ausgehändigt. Beamte möchten eine bestimmte Versicherung abschließen und können dabei auf gute Konditionen hoffen.
Wer in seinem Lieblingsgeschäft eine Kundenkarte besitzt, wird davon ebenfalls profitieren und zu günstigeren Konditionen einkaufen können als Kunden ohne Kundenkarte. Kundenbindungsprogramme wie Payback arbeiten darüber hinaus aber noch mit einer Vielzahl anderer Marketing-Maßnahmen.
Preisdifferenzierung nach Absatzwegen
Außerdem unterscheiden sich Preisdifferenzierungen nach der Art der Absatzwege. So kann es passieren, dass gleichartige Süßigkeiten im Supermarkt um die Ecke billiger sind als entsprechende Süßwaren beim Fachhändler. Auch Mode kostet bei einem Factory-Sale des Herstellers weniger als in der Boutique im Einzelhandel.
Der Absatzweg des Internets hat darüber hinaus eine Sonderstellung inne. Häufig verkaufen Hersteller von Produkten ihre Ware über den Versandhandel günstiger als über das stationäre Handelsmodell.
Sachliche Preisdifferenzierung
Bei der sachlichen Preisdifferenzierung wird der Verwendungszweck des Produktes in den Vordergrund gerückt. So könnte Alkohol beispielsweise zur Herstellung von Spirituosen eingesetzt werden. Denkbar ist aber ebenso die Verwendung des Alkohols für die Reinigung im Haushalt.
Ein weiteres Beispiel ist die Preisdifferenzierung im Hinblick auf Strom oder Gas. Hierbei ist zu beachten, ob Strom oder Gas für Industriezwecke oder im Privathaushalt eingesetzt wird.
Leistungsbezogene Preisdifferenzierung
Bei der leistungsbezogenen Preisdifferenzierung handelt es sich sozusagen um das Anbieten von bestimmten Leistungsvarianten eines Produktes. Beispielsweise verreist Familie Schuster aus München mit der Bahn in den Urlaub nach Sylt. Sie gönnen sich dafür Tickets der 1. Klasse. Familie Schneider aus Stuttgart verreist an den Bodensee. Sie kaufen sich ebenfalls Zugtickets, allerdings welche für die 2. Klasse.
Ähnlich verhält es sich bei Flugreisen: Frau Müller bucht Economy Class, Herr Friedrich nimmt im First-Class-Bereich Platz. Auch VIP-Tickets für Konzerte oder Kinotickets, die über unterschiedliche Sitzbereiche verfügen, stellen Beispiele für leistungsbezogene Preisdifferenzierung dar.
Mengenmäßige Preisdifferenzierung
Die mengenmäßige Preisdifferenzierung zielt darauf ab, für entsprechend mehr Ware weniger zu zahlen. Beispielsweise ist Student Simon begeisterter DVD-Sammler. Eigentlich möchte er sich nur drei DVDs besorgen, bekommt aber fünf DVDs zum selben Preis angeboten.
Der typische Mengenrabatt äußert sich dabei im Alltag regelmäßig. Der Absatz der zusätzlichen Einheiten macht die Opportunitätskosten der niedrigeren Marge wett. Und auch der Kunde hat dabei das Gefühl, ein Schnäppchen geschlagen zu haben. Eine typische Win-Win-Situation aller Marktteilnehmer.
Abgrenzung: Preisdifferenzierung vs. Produktdifferenzierung
Preisdifferenzierung und Produktdifferenzierung sind von Haus aus tatsächlich sehr verschieden, dennoch geht mit der Preisdifferenzierung die Produktdifferenzierung immer wieder einher. Grundsätzlich geht es bei der Produktdifferenzierung darum, dass ein bestimmtes Produkt auch in anderen Ausführungen angeboten wird.
Beispielsweise könnte eine Puppe für Kinder in Sachen Funktion oder Aussehen ergänzt werden. Die bereits vorhandene Puppe würde deshalb nicht zwangsläufig ersetzt werden, dafür aber ein neueres Modell mit erweiterten Funktionen erhalten. Auch Smartphones mit unterschiedlichen Speicherkapazitäten sind typische Beispiele. Nicht zuletzt bieten Automobilunternehmen Modelle an, die über teils unterschiedliche Ausstattungen verfügen. Aufgrund der Differenzierung von Produkten sollen möglichst neue Zielgruppen erschlossen werden.
Gelingt dies, wird sich nicht nur der Umsatz, sondern vermutlich auch der Gewinn steigern lassen. Nicht zuletzt ist einem Unternehmen daran gelegen, auch die verändernden Wünsche und Ansprüche der Kunden zu befriedigen. Die Erweiterung oder Perfektionierung von Produkten ist diesbezüglich hilfreich und notwendig
Preisdifferenzierung in der Betriebswirtschaft (1. – 3. Grad)
Der englische Ökonom Arthur Cecil Pigou (1877 – 1959) hat die Preisdifferenzierung in drei verschiedene Ordnungen beziehungsweise Grade unterteilt, die heute relevanter Bestandteil der Betriebswirtschaft sind. Neben der vollständigen oder auch perfekten Preisdifferenzierung stehen Vergünstigungen mit bestimmten Mengen sowie eine Segmentierung des Marktes bei den beiden anderen Preisdifferenzierungen im Vordergrund.
1. Grad: Was ist die perfekte Preisdifferenzierung?
Bei der perfekten Preisdifferenzierung (Preisdifferenzierung 1. Grades) steht hauptsächlich der Preis im Vordergrund, den ein Kunde für ein bestimmtes Produkt höchstens bezahlen möchte. Dafür ist es natürlich wichtig, dass beispielsweise ein Schuhverkäufer weiß, wie viel ein Kunde für seine neu angebotenen Hausschuhe grundsätzlich bezahlen möchte. Entweder der Schuhverkäufer fragt direkt beim Kunden nach oder er kann auf bestimmte Erfahrungswerte zurückgreifen.
Bei der perfekten Preisdifferenzierung ist es wichtig, eine realistische Preiskalkulation vorzunehmen. Überhöhte Preise könnten Kunden schließlich schnell vergraulen. Preise müssen erst ausgehandelt oder festgelegt werden. Das ist unter anderem bei Auktionen oder auch Flohmärkten der Fall.
2. Grad: Funktionsweise der Selbstselektion
Bei der Selbstselektion (Preisdifferenzierung 2. Grades) steht vor allem die selbständige Entscheidung des Kunden für ein bestimmtes Produkt im Vordergrund. Dieses Beispiel verdeutlicht die Funktionsweise der Selbstselektion. Frau Köhler aus Ulm möchte sich neue Tischdecken für ihr Wohnzimmer zulegen. Ein Einrichtungsspezialist in der Stadt bietet diese an.
Frau Köhlers Lieblingstischdecke gibt es neuerdings in mehreren Farb- und Stoffvarianten. Zudem würde sie bei einer bestimmten Abnahme von einem Mengenrabatt profitieren. Frau Köhler entscheidet sich daraufhin für insgesamt fünf Tischdecken mit entsprechenden Farbvarianten und einem ganz besonderen Stoffgemisch.
3. Grad: Segmentation der Käuferschaft
Bei der Segmentation (Preisdifferenzierung 3. Grades) ist der Fokus im Vergleich zur perfekten Preisdifferenzierung nicht nur auf eine Person, sondern auf Personengruppen ausgerichtet. Relevante Gruppen können neben Studenten, Schülern und Rentnern beispielsweise auch Arbeiter oder Kinder sein.
So könnten Studenten beispielsweise Lernmaterialien in Geschäft für Schreibbedarf günstiger erhalten als Berufstätige. Rentner bekommen unter Umständen vergünstigte Tickets fürs Hallenbad und Schüler müssen im Kino nicht den vollen Preis bezahlen. Grundsätzlich geht es darum zu erörtern, welche Bedürfnisse und Wünsche, welches Einkommen oder auch welcher Familienstand auf bestimmte Gruppen zutrifft. Somit lassen sich Rückschlüsse auf das Angebot sowie die Preisgestaltung ziehen.
Fazit: Ziele der Preisdifferenzierung
Mögliche Ziele der verschiedenen Arten der Preisdifferenzierung können neben der Gewinnsteigerung allgemein folgende Aspekte sein: Gewinn von Neukunden beziehungsweise zusätzlicher Kaufkraft, Kundenbindung, gleichmäßige Auslastung, Ausnutzung von Wettbewerbsvorteilen, Lagerräumung oder aber auch Verbesserung des Betriebsklimas sowie soziale Gerechtigkeit.
Die Bestimmung beziehungsweise Festlegung des Preises für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleitung ist ein entscheidender Faktor, um Umsatz oder Gewinn zu steigern. Die Herausforderung besteht darin, unterschiedliche Wünsche und Vorstellungen eines Unternehmens sowie die Belange der Kundschaft unter einen Hut zu bringen und dabei wirtschaftlich zu arbeiten.