Bargeldabschaffung: Vor- & Nachteile einer bargeldlosen Welt

Beitragsbild zum Thema "Bargeldabschaffung". Rechts ist ein Piktogramm abgebildet, welches verschiedene bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten zeigt.
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In den Medien gibt es zunehmend Diskussionen, die sich mit einer eventuellen Bargeldabschaffung beschäftigen. Vollkommen unrealistisch ist dieses Szenario nicht. Das zeigt ein Blick auf andere Staaten. Insbesondere in Skandinavien, wie zum in Beispiel Schweden, werden inzwischen mehr als 80 Prozent sämtlicher Zahlungen – im Handel sogar über 90 Prozent – ohne Bargeld durchgeführt.

In unserem Beitrag möchten wir der Frage nachgehen, welche Argumente für und welche gegen die Abschaffung des Bargeldes sprechen. Darüber hinaus gehen wir darauf ein, wie realistisch die Bargeldabschaffung beim Euro ist, wann und wie das Ende des Bargeldes kommen könnte und worin die Folgen bestehen könnten.

Bargeldabschaffung – das Wichtigste zusammengefasst

  • Im Vergleich zu mehreren anderen Ländern ist der Euro als Bargeld bei den Deutschen nach wie vor ein sehr beliebtes Zahlungsmittel.
  • Zunehmend häufig wird in den Medien über eine eventuelle Bargeldabschaffung diskutiert.
  • Es gibt unter den Deutschen sowohl Kritiker als auch Befürworter des Bargeldes.
  • Zu den Vorteilen des Bargeldes zählen persönliche Freiheit und anonymes Zahlverhalten der Bürger.
  • Für die Abschaffung des Bargelds sprechen Argumente wie weniger Kosten, geringere Kriminalität und höhere Effizienz bargeldloser Zahlungen.
  • Damit das Bargeld als Banknoten oder Münzen in Euro in Deutschland bzw. innerhalb der EU abgeschafft werden könnte, müssten sämtliche Mitgliedsstaaten zustimmen.

Vorteile: Welche Gründe sprechen für eine bargeldlose Welt?

Die eventuelle Abschaffung von Bargeld wie dem Euro in Form von Banknoten und Münzen hätte aus Sicht einer Reihe von Experten einige Vorteile. Die Kritiker des Bargeldes argumentieren als Grundlage so, dass durch den bargeldlosen Zahlungsverkehr längst eine ausreichende Alternative zu Euro-Geldscheinen und Münzen zur Verfügung stehen würde. Die wichtigsten Vorteile, die im Zusammenhang mit einer bargeldlosen Welt genannt werden, sind:

  • Höhere Effizienz als bei bargeldlosen Zahlungen: Relativ unbestritten ist, dass bargeldlose Zahlungen effizienter als Zahlungen mit Geld in Form von Münzen und Banknoten sind.
  • Bares Geld ist vergleichsweise teuer, zum Beispiel für Banken: Ein weiteres Argument für die Bargeldabschaffung in Deutschland ist, dass mit der Produktion der Geldscheine und Münzen höhere Kosten verbunden sind. Das gilt ferner für die weitere Nutzung und Lagerung, zum Beispiel durch Banken, die Zentralbank und die Bürger, die unter anderem am Automaten Geld in Form von Banknoten besorgen.
  • Zahlungen ohne Bargeld sind hygienischer: Insbesondere während der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Zahlungen ohne Bargeld hygienischer sind.
  • Weniger Kriminalität wenn das Bargeld entfällt (Gefahr von Fälschungen nicht mehr existent): Zudem sinkt die Kriminalität, da es keine Fälschungen wie von Banknoten mehr gibt, keine Raubüberfälle in Bezug auf Bargeld sowie weniger Taschendiebstähle.
  • Weniger Fehler beim Bezahlen ohne Bargeld (Rückgeld etc.): In einer bargeldlosen Welt ereignen sich beim Bezahlvorgang weniger Fehler, weil es zum Beispiel keine Rückgabe falscher Beträge geben kann.

Hinzu kommt: Bargeld ist einfach nicht sonderlich umweltfreundlich!

Einige Argumente sprechen für Abschaffung des Bargeldes

Es gibt einige, im Wesentlichen nachvollziehbare Argumente, die für die Bargeldabschaffung sprechen. Hinzu kommt, dass mittlerweile mehrere, bargeldlose Zahlungssysteme existieren, wie zum Beispiel kontaktloses Bezahlen per Smartphone oder Kredit- und Bankkarten.

Nachteile: Welche Gründe sprechen gegen die Bargeldabschaffung?

Neben den zuvor genannten Vorzügen der Bargeldabschaffung in Deutschland gibt es auf der anderen Seite ebenso Nachteile einer bargeldlosen Welt. Diese werden von Kritikern der Abschaffung angeführt. Vorrangig werden folgende Argumente für den Erhalt des Bargeldes genannt:

  • Erhalt der persönlichen Freiheit:
  • Ohne Bargeld keine anonymen Zahlungen mehr möglich
  • Höhere Transaktionskosten bei kleineren, unbaren Zahlungen im Einzelhandel
  • In manchen Situationen geht es nicht ohne Bargeld
  • Zunahme der Cyber-Kriminalität
  • Tendenziell geben Menschen ohne Bargeld mehr Geld aus
  • Staat und Behörden können Ausgabeverhalten kontrollieren und steuern
  • Leichtere Umsetzung von Negativzinsen – auch wenn politisch gewollt

Wegfall der persönlichen Freiheit und Anonymität

Ein Hauptargument der Kritiker, die sich gegen die Abschaffung des Bargeldes aussprechen, ist ein Verlust der persönlichen Freiheit. Wenn Sie nur noch unbar, beispielsweise mit der Kreditkarte, bezahlen können, lässt sich jede Transaktion nachvollziehen. Alle nicht bar vorgenommenen Zahlungen werden stets mit Ihrem Konto und dadurch mit Ihrem Namen verknüpft. Somit gäbe es keine Möglichkeit für Bürger in Deutschland mehr, anonym mit dem Euro zu bezahlen.

Jetzt ist das hingegen in Form von Banknoten oder Münzen der Fall. Damit einher ginge der Verlust der Wahlfreiheit der Menschen, weil sie gezwungen wären, kontaktlos bzw. mit einer Bank- oder Kreditkarte zu bezahlen.

Pro Bargeld: Man kann kann nicht überall mit Karte zahlen

Ein weiterer Nachteil einer bargeldlosen Welt wäre, dass die Zahlung ohne Bargeld in Form von Geldscheinen und Münzen in manchen Situationen in der Praxis nicht funktioniert. Das betrifft zum Beispiel:

  • Trödelmärkte
  • Bestimmte VergnügungsbereicheEinige Veranstaltungen wie Sportfeste
  • Obst- und Gemüsestände am Wegesrand

Kontra: Anstieg der Cyber-Kriminalität

Zudem befürchten manche Experten, dass zwar die Kriminalität rund um das Bargeldzurückgehen würde, wenn es keine Banknoten mehr gibt. Andererseits würde dann vermutlich die Cyber-Kriminalität zunehmen. Zudem sind für manche Händler, die Waren eher zu geringen Preisen verkaufen, Bargeldzahlungen oft kostengünstiger als ein Kartenlesegerät oder Ähnliches.

Mehr Ausgaben durch Kartenzahlung?

Nicht zu unterschätzen ist ebenfalls das Risiko, dass manche Menschen ohne Bargeld tendenziell mehr Geld ausgeben, als sie eigentlich möchten oder können. Das liegt daran, dass Sie zum Beispiel beim Bezahlen mit Karte nicht direkt „sehen“, welchen Betrag Sie ausgeben. Halten Sie hingegen Banknoten oder Münzen in den Händen, wird der ausgegebenen Betrag viel deutlicher visualisiert.

Wie realistisch ist die Bargeldabschaffung?

Momentan ist es relativ unwahrscheinlich, dass Bargeld für die Deutschen in absehbarer Zeit komplett abgeschafft werden wird. Konkrete Pläne dafür gibt es weder in Deutschland von der Regierung noch seitens der EU. Das hat unter anderem den Grund, dass Bargeld innerhalb der Europäischen Union rechtlich in der Verfassung verankert ist, konkret im Artikel 128 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU.

Dort steht unter anderem, dass ausschließlich die von der Zentralbank ausgegebenen Geldscheine die einzigen Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel innerhalb der EU sind. Sollte es Bestrebungen geben, diesen Artikel 128 zu ändern, was die Grundvoraussetzung für die Abschaffung von Bargeld wäre, wäre es erforderlich, dass alle momentan 27 Mitgliedstaaten zustimmen.

Häufiger angefeuert wird die Diskussion um die Abschaffung von Bargeld, wenn es um den digitalen Euro geht. Diese Form der virtuellen Währung wird zwar voraussichtlich kommen. Sowohl die Bundesregierung in Deutschland als auch die EU betonen, dass damit keinesfalls automatisch die Bargeldabschaffung verbunden ist.

Stattdessen antwortete die Regierung erst im vergangenen Jahr auf eine große Anfrage einer Fraktion, dass Bargeld die zentrale Geldform der Gesellschaft ist und zukünftig bleiben wird.

Es gibt somit weder von der Regierung in Deutschland noch seitens der EU konkrete Pläne, das Bargeld für die Deutschen abzuschaffen. Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass vielleicht in zwei oder drei Jahrzehnten Geldscheine und Münzen komplett aus dem Verkehr gezogen werden. Das wird jedoch nicht binnen weniger Jahre passieren, vor allem aus den genannten Gründen.

Wie sieht es in anderen Ländern aus?

Noch gibt es in Europa kein Land, das Bargeld komplett abgeschafft hat. Insbesondere in den nordeuropäischen Staaten wie Dänemark oder Schweden nutzen die Bürger allerdings immer seltener auf freiwilliger Basis Bargeld. In Dänemark zum Beispiel werden im Supermarkt schon seit Jahren Beträge auf- oder abgerundet, sodass kleinste Münzen nicht mehr existieren.

Wann und wie könnte Bargeld abgeschafft werden?

Auf längere Sicht hin betrachtet kann es passieren, dass Bargeld abgeschafft wird. Aller Wahrscheinlichkeit jedoch nicht binnen der nächsten 15 bis 20 Jahre. Der Wunsch nach der Bargeldabschaffung gründet sich unter anderem darauf, dass es eine Reihe einflussreicher Interessensgruppen gibt, die sich tendenziell für das Ende des Bargeldes aussprechen:

  • Zentralbank
  • Geschäftsbanken
  • Werbeindustrie
  • FinTechs
  • Behörden (Kontrolle)

Wenn wir von der Annahme ausgehen, dass Bargeld in Deutschland langfristig abgeschafft werden könnte, gehen einige Experten von einem Zeitraum ab jetzt zwischen 15 bis 25 Jahren aus. Ebenfalls gibt es Szenarien, wie sich eine langsame Abschaffung des Bargeldes in der Praxis vollziehen könnte. Ein häufiger genanntes Szenario sieht wie folgt aus:

  • Abschaffung großer Banknoten und kleiner Münzen
  • Obergrenze für Bargeldzahlungen wird eingeführt
  • Schrittweisen Verschärfung der Obergrenze
  • Aufheben der Bargeld-Annahmepflicht im Gewerbesektor
  • Einführung einheitlicher Beschränkungen bei Bargeldabhebungen
  • Bargeldzahlungen werden durch zusätzliche Gebühren oder Steuern teurer

Die erste Stufe gibt es in Deutschland bereits, nachdem vor geraumer Zeit die 500 Euro Geldscheine abgeschafft wurden. Begründet wurde das jedoch vor allem mit der Bekämpfung von Geldwäsche. Wie das zuvor aufgeführte Szenario zeigt, würde bei einer schrittweisen Abschaffung des Bargeldes vermutlich teilweise mit Begrenzungen und Beschränkungen gearbeitet. Zum anderen Teil würde das Bargeld für die Bürger insbesondere durch Gebühren oder zusätzliche Steuern voraussichtlich unattraktiver.

Gibt es bereits Einschränkungen bzw. Obergrenzen beim Bargeld?

Allgemeine Einschränkungen im Hinblick auf Bargeldzahlungen und das Bargeld als solches gibt es in Deutschland bisher nicht. Allerdings existieren mittlerweile in speziellen Sektoren Begrenzungen, zum Beispiel beim Kauf von Immobilien. Seit geraumer Zeit ist es nicht mehr erlaubt, Häuser oder Eigentumswohnungen in bar zu bezahlen. Darüber hinaus hat sich die EU bereits auf eine Bargeldobergrenze von 10.000 Euro geeinigt, die in der Zukunft gelten soll. Argument ist der Kampf gegen Geldwäsche.

Was sind die Folgen, wenn Bargeld abgeschafft wird?

Insbesondere besorgte Bürger in Deutschland und anderen Staaten machen sich Gedanken über mögliche Folgen, falls das Bargeld tatsächlich abgeschafft werden sollte. Problematisch wäre das im ersten Schritt für Zentralbanken, deren Gewinne deutlich niedriger ausfallen würden. Das wiederum würde dazu führen, dass der Staat weniger Einnahmen hat, die aus diesen Gewinnen der Notenbank resultieren.

Eine weitere, mögliche Konsequenz der Bargeldabschaffung, wäre ein Anstieg der Inflationsrate. Diese entwickelt sich tendenziell ähnlich wie die Wachstumsrate der Geldmenge. Da jedoch das noch im Umlauf befindliche Bargeld den Kreditinstituten nicht zur Verfügung steht, liegt das Kapital in vollem Umfang bei den Geschäftsbanken und diese könnten mehr Darlehen vergeben.

Zudem müsste gewährleistet sein, dass allen Bürgern uneingeschränkt unbare Zahlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass jede Person in Deutschland zum Beispiel über eine Bankkarte verfügen müsste, mit der in den Geschäften bargeldlose Zahlungen möglich sind. Manche Menschen besitzen jedoch aus verschiedenen Gründen kein Konto, wären somit komplett vom Zahlungsverkehr ausgeschlossen.

Ebenfalls könnte die Abschaffung zur Folge haben, dass der Goldpreis deutlich steigt. Das Gold könnte eine Art Ersatz-Bargeld werden. Viele Menschen haben nach wie vor das Bedürfnis, leicht aufzubewahrende Werte wie Geldscheine oder Gold zu lagern. Gravierende, gesamtwirtschaftliche Nachteile sind jedoch bei der Abschaffung des Bargeldes nicht zu befürchten.