Optionsscheine: Die Hebelwirkung macht den Reiz aus

Optionsscheine: Die Hebelwirkung macht den Reiz aus
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Inhaltsverzeichnis

Die Hebelwirkung macht den Reiz des Optionsscheins gegenüber einer Aktie oder einem Index aus. Der Grundeffekt des Hebels ist recht einfach. Beim Kauf eines Optionsscheins müssen Sie wesentlich weniger Kapital investieren als beim Direkt-Kauf eines Basiswertes (z. B. einer Aktie). Da Sie auf den gleichen Basiswert setzen, jedoch weniger Kapital investieren, profitieren Sie überproportional von einer Kurssteigerung. Hinweis: Es gibt zwei Hebel-Begriffe, sodass es leicht zu fehlerhaften Berechnungen kommen kann.

Optionsscheine und der theoretischer Hebel

Der theoretische Hebel gibt an, um wie viel mal mehr der Optionsschein bei einem konstanten Aufgeld (!) steigt oder fällt, wenn der Basiswert um 1% steigt. Beispiel: Steigt eine Aktie um 5% und hat der betreffende Optionsschein einen Hebel von 3, steigt der Optionsschein um 15%. Die Aussagekraft dieses Hebels ist aber sehr gering, denn: Das Aufgeld bleibt fast nie konstant. Um das zu veranschaulichen, möchte ich Ihnen ein Beispiel schildern:

Eine Aktie hatte sich von 1 auf 2 € verdoppelt und der Optionsschein hatte einen theoretischen Hebel von 7. Bei einer Kursverdopplung der Aktie hätte der Optionsschein sogar um 700% zulegen müssen – so die reguläre Rechnungsweise.

Aufgeld im Blick behalten

Jedoch: Der Optionsschein bewegte sich nicht einmal um einen Cent. Die Lösung war das hohe Aufgeld. Der Optionsschein wurde mitten in der Boomphase auf den Markt gebracht und hatte einen Basispreis von 80 €. Der Optionsschein wird sich nur dann bewegen, wenn die Aktie zumindest ansatzweise Richtung 80 € marschiert. Eine Verdopplung von 1 auf 2 € verpufft dagegen und hat so gut wie keine Auswirkung.  Der theoretische Hebel kann daher sehr irreführend sein, wenn zwischen dem Aktien-Kurs und dem Basispreis des Optionsscheines eine große Differenz besteht.

Der Omega-Hebel und seine Bedeutung

In den Profilen/Kenndaten der Optionsscheine finden Sie daher grundsätzlich nur die aussagekräftige Kennzahl Omega-Hebel. Diese Kennzahl gibt die tatsächliche Hebel Leistung des Optionsscheins an. Das Omega gibt an, um welchen Prozentsatz sich der Kurs des Optionsscheins bei einer Kursbewegung des Basiswerts um 1% verändert. Das Ergebnis ist wesentlich genauer, weil hier zusätzlich das „Delta“ berücksichtigt wird.

Optionen: Das Delta und seine Bedeutung

Die Kennzahl „Delta“ zeigt Ihnen an, wie sich der Preis des Optionsscheins entwickelt, wenn sich der aktuelle Kurs des Basiswerts um eine Einheit ändert.

Beispiel: Ein Kauf-Optionsschein auf die Telekom-Aktie mit einem Delta von +0,5 wird bei einem Anstieg der Telekom-Aktie um 1 € theoretisch 0,50 € gewinnen (sollte das Bezugsverhältnis nicht bei 1:1 liegen, müssen Sie den Delta-Wert mit dem Bezugspreis multiplizieren).

Bei Kauf-Optionsscheinen (Call) bewegen sich die Delta-Werte zwischen 0 und +1 (bzw. 0% und 100%), bei Verkaufs-Optionsscheinen (Put) zwischen –1 und 0 (bzw. –100% und 0%).

Die Wichtigkeit des Delta erkennen Sie an folgender Faustformel: Delta = Ausübungswahrscheinlichkeit.

Das bedeutet, dass Sie bei einem Delta von 1 mit sehr großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen können, dass der Kurs des Basiswerts am Ende über dem Basispreis liegt, Sie die Option also auch ausüben können.

Beispiel: Die Telekom-Aktie notiert bei 10 €, der Basispreis liegt nur bei 5 €. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Telekom-Aktie unter 5 € fällt, ist sehr gering. Daher wird die Kennzahl Delta fast bei 1 (100%) liegen.

Läge der Basispreis dagegen bei 100 €, wäre das Delta fast bei 0, da die Wahrscheinlichkeit, dass die Telekom-Aktie über 100 € steigt, sehr gering ist. Das heißt für Ihre Auswahl: Je niedriger die Kennzahl Delta, desto höher ist das Risiko.

Wie auch der bereits beschriebene Omega-Hebel ist das Delta keine konstante Größe. Bewegungen beim Basiswert, bei der erwarteten Schwankungsstärke (Volatilität) oder bei der Restlaufzeit beeinflussen das aktuelle Delta. Jetzt zur praktischen Anwendung: Ich habe Ihnen den theoretischen und den Omega-Hebel vorgestellt. Mit der Kennzahl Delta können Sie diese beiden Hebel-Varianten verbinden. Der theoretische Hebel zeigt Ihnen an, wie viel Optionsscheine (bereinigt um das Bezugsverhältnis) Sie für den Preis des Basiswertes erwerben können.

Delta und theoretischer Hebel: Messzahl für Ihren Kapitaleinsatz

Mit den Kennzahlen Delta und theoretischer Hebel können Sie jetzt den eigentlichen Hebel, der Ihnen die reale Hebelwirkung anzeigt, also den Omega-Hebel, ermitteln. Ein Omega-Hebel von 3 bedeutet zum Beispiel, dass der Optionsschein um 12% steigt, wenn sich der Basiswert um 4% erhöht. Bei unserem Beispiel der Deutschen Telekom heißt das in Zahlen:

Aktien-Kurs Deutsche Telekom: 10,00 €Basispreis: 8,00 €Optionsscheinkurs: 0,50 €Bezugsverhältnis: 0,1 (1:10)Delta: 0,85Theoretischer Hebel: 10 × 0,1 0,50 = 2Omega: 0,85 × 2 = 1,7