Bezugsrecht bei Aktien: Berechnung und Beispiele

Das Wichtigste zum Bezugsrecht
Definition: Recht eines Altaktionärs bei einer Kapitalerhöhung eines Unternehmens neue Aktien (junge Aktien) zu erwerben
Bezugskurs: Der Kaufpreis von jungen Aktien
Bezugsfrist: Inhaber von Altaktien müssen sich innerhalb von 14 Tagen entscheiden, ob sie neue Aktien beziehen oder ihr Bezugsrecht veräußern oder verzichten.
Bezugsverhältnis: Gibt an, wie viele neue Aktien die Altaktionäre durch ihr Bezugsrecht erhalten.
Bezugsrechtspreis: Wird durch Angebot und Nachfrage an der Börse sowie durch das Bezugsverhältnis bestimmt.
Das Bezugsrecht sichert Altaktionären ein Vorkaufsrecht, wenn durch eine Kapitalerhöhung neue Aktien ausgegeben werden. Dadurch wird die Benachteiligung der Altaktionäre – die durch die erhöhte Zahl der Unternehmensaktien entsteht – ausgeglichen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Bezugsrecht aber auch ausgeschlossen werden.
Was ist das Bezugsrecht bei Aktien?
Benötigt ein Unternehmen mehr Kapital, wird oftmals eine Kapitalerhöhung durchgeführt. Dies geschieht durch die Ausgabe von neuen, sogenannten jungen Aktien (Kapitalverwässerung bzw. Verwässerungseffekt). Diese können vom Altaktionär zum sogenannten Bezugskurs erworben werden.
Die Emission dieser jungen Aktien vergrößert die Gesamtzahl der Unternehmensaktien. Folglich verringert sich auch das Stimmrecht, welches an eine einzelne Altaktien geknüpft ist. Zudem sinkt bei einer Kapitalerhöhung oftmals der Aktienkurs. Der Emissionskurs der neuen Aktien liegt meistens nämlich unter dem alten Kurs.
Für Altaktionäre entsteht folgende Situation: Ihr Stimmrecht und ihre Dividenden sinken. Um dieses auszugleichen, erhalten sie Bezugsrechte. Dieses ermöglicht ihnen den Kauf der neuen Aktien. Alternativ könnten sie ihr Bezugsrecht aber auch verkaufen. Durch einen Kauf der neuen Aktien behalten Altaktionäre ihr Stimmrecht und ihren prozentualen Aktienanteil bei. Das Bezugsrecht soll zudem sicherstellen, dass Altaktionäre vor neuen Anlegern junge Aktien erwerben können. Sie müssen nämlich die Frist des Bezugsrechts abwarten, bevor sie diese erwerben können.

Was ist die Bezugsrechtsemission?
Nimmt eine Aktiengesellschaft eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten vor, spricht man von einer Bezugsrechtsemission. Einer Kapitalerhöhung eines Aktienunternehmens können verschiedenste Ursachen zu Grunde liegen. Sie kann ein Zeichen von Stärke oder Schwäche sein. Ein Grund kann sein, dass größere Investitionen oder sogar eine Firmenfusion vorbereitet werden, die mit der vorhandenen Kapitaldecke nicht zu bewältigen sind. Andererseits kann die Kapitalerhöhung aber auch zum schieren Überleben nötig sein. Etwa wenn dringend Geld zur Schuldentilgung bzw. Senkung von Fremdkapitalkosten gebraucht wird.
Anschließend wird ebenfalls der Emissionszeitpunkt festgelegt. Ab diesem Datum gilt für die Aktionäre die Bezugsfrist und somit auch ihr Bezugsverhältnis. Dieses ermöglicht es ihnen, neue, junge Aktien zu beziehen.Eine Kapitalerhöhung muss auf der Hauptversammlung mit ¾ Mehrheit beschlossen werden. Im selben Zug wird auch der Ausgabekurs für die neuen Aktien bestimmt.
Ist die 14-tägige Bezugsfrist abgelaufen, werden sowohl die neuen als auch die alten Aktien an der Börse gehandelt.
Was ist das Mittelbare Bezugsrecht?
Von einem Mittelbaren Bezugsrecht spricht man, wenn bei der Ausgabe der jungen Aktien ein Zwischenschritt erfolgt. Dabei werden die jungen Aktien zunächst von einer Bank erworben. Diese bietet die Aktien den Altaktionären dann zur Ausübung ihres Bezugsrechtes bereit.
Ob ein Mittelbares Bezugsrecht möglich ist, wird während der Hauptversammlung beschlossen.
Was ist das Inhaber-Bezugsrecht?
Um ihr Kapital zu erhöhen, geben Aktiengesellschaften neue Aktien heraus (Eigenkapitalbeschaffung). Altaktionäre haben dann das Recht, entsprechend ihres eigenen Anteils, neue Aktien der Gesellschaft zum Ausgabepreis zu kaufen. Dafür erhalten sie sogenannte Inhaber-Bezugsrechte.
Die Funktionsweise des Bezugsrechts
Das Bezugsrecht kann als eine Art Vorkaufsrecht gesehen werden. Es funktioniert wie folgt: Durch eine Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft werden neue Aktien zum Kauf angeboten. Damit Altaktionäre ihre Beteiligungsquote beibehalten können, erhalten sie ein Vorkaufsrecht auf die neuen Aktien zum Bezugskurs.
Machen sie dies geltend, kaufen sie die jungen Aktien und behalten so ihre Beteiligung an der Gesellschaft bei.
Was ist der Bezugsrechtsabschlag?
Bietet eine Aktiengesellschaft junge Aktien zum Kauf an, erhalten die Altaktionäre ein Bezugsrecht. Dieses erhält dabei häufig einen Abschlag auf den Börsenkurs. Erhöht eine Aktiengesellschaft ihr Kapital, führt dies häufig zu einer Kursminderung der Aktie.
Der Bezugsrechtsabschlag wird am ersten Tag festgelegt, an dem die Bezugsrechte ausgeübt werden können. Bei der Kursnotierung der jungen Aktie wird ein entsprechender Hinweis darauf vermerkt.
Warum wird Aktionären ein Bezugsrecht eingeräumt?
Durch das Bezugsrecht sollen Altaktionäre für den entstehenden Wertverlust ihrer Altaktien entschädigt werden. Dieser wird auch als Verwässerungseffekt oder Kapitalverwässerung bezeichnet. Er erklärt sich damit, dass die neuen zusätzlichen Aktien – die jungen Aktien – den bisherigen Besitzanteil der Aktionäre verkleinern.
Dies geschieht, da sich die Marktkapitalisierung nach einer Kapitalerhöhung auf mehr Aktien als zuvor verteilt. Entsprechend hat dies auch Auswirkungen auf das jeweilige Stimmrechtsverhältnis und auch auf die Dividendenanteile der Aktionäre.
Diese können ihr Bezugsrecht zum Kauf junger Aktien ausüben oder es an der Börse verkaufen. Wenn sie die Grunddaten haben, können sie mit verschiedenen Formeln die wichtigsten Auswirkungen vorab berechnen:
- In welchem Verhältnis zu seinen alten Aktien bekommt man junge Aktien?
- Wie hoch ist der Wertverlust?
- Wie viel ist das Bezugsrecht wert?
- Wie wirkt sich das auf Dividenden aus?
Ermittlung des Bezugsrechtes
Bevor ein Altaktionär sich dazu entscheidet, sein Bezugsrecht geltend zu machen oder auszuschlagen, sollte er sich mit den genauen Werten wie dem Bezugsverhältnis, dem Verwässerungseffekt und dem Bezugsrechtswert auseinandersetzen.
Formel für das Bezugsverhältnis
Für sämtliche Berechnungen muss zunächst das Bezugsverhältnis errechnet werden. Dies kann auf zwei Arten geschehen: Entweder man berechnet das Verhältnis von altem Grundkapital zum erhöhten Kapital oder das Verhältnis von Altaktienbestand zum Bestand der jungen Aktien.
Das Bezugsverhältnis berechnen: Methode A
$$\bo\text"Bezugsverhältnis" = \text"(Grundkapital)"↙\text"alt" / ( \text"Grundkapital"↙\text"neu" – \text"Grundkapital"↙\text"alt"\)$$
Das Ergebnis dieser Rechnung gibt dann das Bezugsverhältnis wieder. Lautet das Ergebnis beispielsweise 5, dann liegt ein Bezugsverhältnis von 5:1 vor. Für fünf alte Aktien können Altaktionäre also eine neue erwerben.
Verwässerungseffekt
Von einem Verwässerungseffekt ist die Rede, wenn die prozentualen Anteile eines Aktionärs verringert werden – wie es häufig bei einer Kapitalerhöhung geschieht. Denn: Es sind plötzlich mehr Aktien auf dem Markt. Folglich muss auch der Gewinn des Unternehmens auf viel mehr Aktien verteilt werden. Die Dividende je Aktie sinkt dann bei gleichbleibendem Kursgewinn.
Den Verwässerungseffekt berechnen
$$\bo\text"neuer Aktienkurs"↙\text"(Mischkurs)" = (\text"Bezugsverhältnis"*\text"Akteinkurs"↙\text"alt" +1*\text"Preis junge Aktie")/(\text"Bezugsverhältnis+1"\)$$
Bezugsrechtswert
Der Wertverlust soll durch das Bezugsrecht ausgeglichen werden. In der Formel wird der neue Kurs vom alten Kurs abgezogen und das Ganze durch das Bezugsverhältnis plus 1 dividiert.
Aktienkurs alt-Preis der jungen Aktie/ Bezugsverhältnis + 1
Bezugsrechtswert bei Dividendennachteil
Wenn die Kapitalerhöhung im laufenden Geschäftsjahr durchgeführt wird, sind die jungen Aktien dann nur noch für die restlichen Monate dividendenberechtigt. Das ist natürlich ein Nachteil, der sich ebenfalls berechnen lässt.
Bei der Berechnung wird der Grundvorgang von oben insofern erweitert, als der Dividendennachteil errechnet und dem Kurs der jungen Aktie hinzuaddiert wird. Dies geschieht deshalb, weil der Dividendennachteil sich rechnerisch wie eine Erhöhung des Bezugspreises der jungen Aktie auswirkt.
Angenommen, die Dividende fürs Jahr wird 3 Euro betragen. Und die junge Aktie ist erst ab 1.5. dividendenberechtigt. Dann bleiben vom Jahr nur noch 8 Monate. Dann rechnet sich der Nachteil so:
3 € * 8/12 = 2 € Die Differenz zwischen 3 € und 2 € ist der Dividendennachteil in Höhe von 1 €.
Integriert in die Formel zum Bezugsrechtswert sieht das so aus:
( (36 €) – (24 € + 1)) / ((5/1) + 1) = 2 € Der Wert des Bezugsrechts bei Dividendennachteil beträgt somit 2 €.
Bezugsrechtswert bei Dividendenvorteil
Nicht selten werden nach einer Kapitalerhöhung die Dividenden zum Kaufanreiz der Aktie angehoben. Dies bringt einen Dividendenvorteil mit sich. Rechnerisch wirkt sich das wie eine Verringerung des Bezugspreises aus. Deshalb wird in dem Fall der errechnete Vorteil vom Kurs der jungen Aktie abgezogen.

Ausübung von Bezugsrechten
Bevor Aktionäre ihr Bezugsrecht geltend machen, verkaufen oder darauf verzichten, sollten sie sich mit verschiedenen Werten befassen, die vorab berechnet werden sollten. Für diese Entscheidung haben Altaktionäre 14 Tage Zeit. Eine solche Kapitalerhöhung – die auch als Bezugsrechtemission bezeichnet wird – hat für Aktiengesellschaften einen Vorteil: In der Regel nehmen die Altaktionäre ihr Recht rasch in Anspruch und erwerben die neuen Aktien. Es steht also in nur kurzer Zeit mehr Eigenkapital zur Verfügung.
In den meisten Fällen nehmen Altaktionäre ihr Bezugsrecht in Anspruch, um eine Verwässerung ihrer Unternehmensanteile zu verhindern. Es ist ratsam, das Bezugsrecht geltend zu machen – auch wenn die Aktien ohne das Bezugsrecht günstiger zu erwerben wären.
Vertretung bei Bezugsrechten
Möchte ein Aktionär sein Bezugsrecht nicht ausüben, kann er komplett darauf verzichten, oder es an eine andere Person gewinnbringend verkaufen. Dies bietet sich vor allem in Branchen an, in denen es auch einen großen Markt für die angebotenen Aktien gibt. Je größer die Nachfrage nach den jungen Aktien ist, je größer wird auch der Verkaufsgewinn des Altaktionärs sein.
Bezugsrechtausschluss: Ausschluss von Bezugsrechten möglich?
Wird auf einer Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung beschlossen, kann dabei ebenfalls ein Bezugsrechtausschluss festgelegt werden. Auch für den sogenannten Bezugsrechtsausschluss ist eine ¾ Mehrheit nötig (§ 186 AktG).
Für den Bezugsrechtsausschluss gibt es allerdings bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen. Das Grundkapital der Aktiengesellschaft darf durch den Verkauf der neuen Aktien in der Regel um nicht mehr als zehn Prozent steigen. Der Preis für diese neuen Aktien darf außerdem nur knapp unter dem aktuellen Aktienkurs liegen. In der Regel gilt hier eine 5 % Marke.
Gründe für den Bezugsrechtsausschluss
Das Bezugsrecht kann beispielsweise wegen folgender Gründe ausgeschlossen werden:
- Die neuen Aktien sollen verwendet werden, um ein anderes Unternehmen zu übernehmen.
- Die neu ausgegebenen Aktien bestehen ausschließlich aus Belegschaftsaktien.
- Die neuen Aktien sind ausschließlich dafür gedacht, um an einer Börse im Ausland gehandelt zu werden.
Folgen für Investoren?
Durch den Bezugsrechtsausschluss können also Firmenübernahmen oder Börsengänge finanziert werden. Für Aktionäre entsteht dadurch allerdings ein Nachteil, da seine prozentualen Firmenanteile sinken. Auch sein Stimmrecht wird dadurch verringert – dies wird auch als Verwässerungseffekt bezeichnet.
Bezugsrecht: Vergleich der D-A-CH-Region
Auch in Österreich und der Schweiz wird Altaktionären ein Vorkaufsrecht eingeräumt, damit sie ihre Beteiligungsquote an einer Aktiengesellschaft halten können. In der gesamten DACH-Region haben Altaktionäre dieselben Möglichkeiten: Sie können ihr Bezugsrecht ausüben, darauf verzichten oder es weiter veräußern.
Fazit: Bezugsrecht – Ein großer Vorteil für Aktionäre
Kommt es zu einer Kapitalerhöhung, bietet das Bezugsrecht einen fairen Ausgleich für die Altaktionäre. Die vergrößerte Anzahl an Aktien bringt für sie nämlich erhebliche Nachteile mit sich, wie ein vermindertes Stimmrecht oder eine niedrigere Dividende. Aktionären wird durch das Bezugsrecht eine Art Vorkaufsrecht zugesichert, mit dem sie die neuen Aktien vor neuen Anlegern erwerben können. Sie sichern sich somit ihren Aktienanteil an der Gesellschaft.