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Börse: Wie der Januar so das Jahr – Regel oder Mythos?

Inhaltsverzeichnis

Wer als Anleger im neuen Jahr auf den kommenden Zyklus im Aktiengeschäft blickt, mag an einige altgediente Börsenweisheiten denken. Die wohl bekannteste ist: „Sell in May and go away“. Doch längst hat sich das Aussetzen der Sommermonate als Mythos erwiesen. Viel eher hakt es im September – wo man der Weisheit nach zurückkehren sollte.

Januar-Effekt: die Börse dreht auf

Ebenfalls geläufig ist der Januar-Effekt an der Börse. Der Januar-Effekt wird genauso mit einem Spruch unterlegt: „As goes January, so goes the year“ (übersetzt etwa: „wie der Januar so das Jahr“). Prima, mag man denken, die ersten Tage sind doch ganz passabel angelaufen. Der Dax konnte sich nach seinem Jahresendknick wieder erholen, der Dow Jones strebt unverdrossen zu neuen Höhen. Ein gutes Omen fürs restliche Jahr?

Doch halt, erst mal einen Schritt zurück. Das mit dem Omen ist nur eine von drei Interpretationen zum Januar-Effekt. Im Ursprung geht er auf die 1980 vom amerikanischen Ökonomen veröffentlichte These zurück, dass gerade Aktien von Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung zu Jahresbeginn überdurchschnittlich zulegen, wenn sie zuvor stark gefallen sind. Auch andere Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis.

Der Grund: Gegen Jahresende bereinigen die Fondsmanager ihre Depots um einige kleinere und weniger spektakuläre Titel und hübschen so das Portfolio auf. Wenn die im Januar dann zurückgekauft werden, wirken sie sich wegen ihrer geringeren Handelsvolumina im Kurs stärker aus.

Der Wonnemonat als Jahresindikator

Die zweite Lesart ist, dass beim Januar-Effekt die Kurse generell besonders kräftig anziehen. Der Grund ist hier ähnlich. Hinzu kommt: Im Dezember werden schlecht gelaufene Aktien auch verkauft, um aus Steuergründen die Verluste mit Gewinnen gegenzurechnen. Im Januar wird wieder frisches Geld investiert. Die Risikobereitschaft steigt, man will Chancen nutzen und den Markt schlagen. Auch diese Interpretation zum Januar-Effekt ist hinreichend belegt.

Demzufolge müsste man aber gegen Februar schnell wieder aussteigen, um die Gewinne des Wonnemonats zu erhalten. Doch dann gibt es ja noch die Interpretation als Jahresindikator. Im Januar werden die Weichen fürs restliche Jahr gestellt. Die Aufbruchstimmung überträgt sich auf die weiteren Monate. Statistiken zufolge gibt es für große Indizes wie Dow Jones oder Dax eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit von über 80 %, dass die Freude im laufenden Jahr anhält.

Nun durchlaufen die Aktienmärkte seit Langem einen Aufwärtstrend. Was aber, wenn es im Januar schlecht läuft? In dem Fall müsste laut Statistik das Minus über 4 % liegen, um mit derselben Wahrscheinlichkeit ein schlechtes Jahr zu erwarten. Sind die Verluste geringer, nimmt sie auf rund 60 % ab. Wer darauf vertraut, sollte natürlich zeitig aussteigen, um die Verluste in Grenzen zu halten. Oder eben zukaufen, wenn der Januar gut läuft. In der zweiten Lesart war das doch anders?

Immer mehr Ausnahmen

Die Sache wird zum Glaubensbekenntnis. Doch erstens macht „Hin und Her die Taschen leer“. Und zweitens gibt es genügend Ausnahmen zur Regel. Nur zu oft fing das Jahr stark an, endete aber miserabel und umgekehrt. 2016 etwa rutsche der Dax erheblich ab, nur um ab Februar kräftig zuzulegen.

Bleibt die Frage, ob das Ganze mehr Kaffeesatzleserei ist. Der Statistik nach mehrheitlich nein. Doch kann man auch davon ausgehen, dass allein der Glaube an den Januar-Effekt einen gewissen Herdentrieb auslöst – die Stimmung steckt an. Allerdings dürfte sich das zunehmend relativieren, da die Börsen immer mehr von vollautomatischen Handelsprogrammen bestimmt werden.

Ob Bauern- oder Börsenregel: Als Anleger sollte man nach vorne schauen, Gefühle außen vor lassen und die Lage nüchtern betrachten.