Negative Rendite bei Bundesanleihen – Gründe und Reaktionen

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Top-Staatsanleihen gelten gemeinhin als Fluchtburgen fürs ersparte Kapital. Ausschlaggebend ist die Sicherheit, sein Geld wieder zu bekommen. So wie die Schweiz erfreut sich auch Deutschland einer Bonitätsbewertung aller Ratingagenturen mit der Bestnote AAA.

Dass diese Staatspapiere gerade in unsicheren Zeiten gefragt sind, zeigte nach der Kredit- und Schuldenkrise Europas jüngst das britische Referendum zum Brexit. Die Turbulenzen verursachten einen Run auf deutsche Anleihen. Die Folge: Es ergab sich zum zweiten Mal eine negative Rendite für Bundesanleihen. Traf es 2014 Papiere mit 2 Jahren Laufzeit, sind es nun die 10-jährigen.

Negative Rendite bei Bundesanleihen: erstmals auch für 10-jährige

Der Grund liegt in der Eigenheit von Anleihen: Je höher ihr Kurs ist, desto niedriger fallen die Zinsen aus. Aktuell liegt die negative Rendite von Bundesanleihen mit 10 Jahren bei minus 0,19%.

Noch härter trifft es die Sparer in Japan mit minus 0,25%. Und die Schweizer berappen derzeit gar 0,60%. Unter den drei einzigen Ländern mit Negativzinsen für 10-jährige Papiere hat jetzt also auch Deutschland nachgezogen.

Doch warum die Aufmerksamkeit für gerade diese Laufzeit? 10-jährige haben mit ca. 2,5 Bio. € pro Jahr das höchste Handelsvolumen und damit nach den US-Anleihen die höchste Liquidität. Sie lassen sich jederzeit zu Geld machen. Deshalb sind sie die wichtigsten Anleihen für Investoren – und für den Finanzminister.

Gut die Hälfte der deutschen Schulden wird mit diesen Papieren finanziert. Wenn nun Anleger für dessen Schuldverschreibungen auch noch Geld zahlen müssen, statt welches zu bekommen, ist der Staat in einer ungeahnt privilegierten Situation.

Großinvestoren und EZB treiben den Kurs

Fragt sich natürlich, was diese Papiere so attraktiv macht. Bei aller Sicherheit – warum tut sich das ein Anleger eigentlich an? Mit 2% der Anleihen liegt nur ein sehr geringer Anteil der Papiere in privaten Händen. Das Gros sind neben Fonds vor allem Versicherungen und Pensionskassen. Sie sind gesetzlich verpflichtet, einen Teil ihrer Gelder in Bundespapiere zu investieren.

Wer also versucht, negative Renditen bei Bundesanleihen zu umgehen, wird als Versicherungsnehmer oder Pensionär letztlich doch von niedrigeren Zinsen eingeholt. Zu dieser Entwicklung trägt vor allem die EZB bei.

Sie kauft zur Vermeidung von Staatsschuldenproblemen massiv Anleihen der Euro-Staaten ein. Fast ein Viertel davon sind deutsche Papiere. Zusätzlich sorgt sie mit den Strafzinsen für Bankeinlagen bei der Zentralbank für Verdruss bei deutschen Sparern, die fast keine Zinsen mehr sehen.

Eidgenossen flüchten in Bargeld

In der Situation erscheint es rentabler, sein Geld zu Hause zu horten. In der Schweiz, wo Minuszinsen noch ausgeprägter sind, ist der Sparstrumpf wieder in Mode gekommen. Die Eidgenossen vermeiden zunehmend sowohl Staatsanleihen als auch Banken und halten mehr Bargeld als je zuvor. Besonders gefragt sind 1.000 Franken-Scheine. Der Nebeneffekt: Hersteller von Tresoren verzeichnen ungeahnte Umsatzzuwächse.

Dieser Trend ist auch hierzulande erkennbar. Nicht nur Privatleute, auch Banken und Sparkassen wollen ihr Geld verstärkt in geeigneten Sicherungssystemen verwahren anstatt es zum Strafzins bei der EZB zu parken. Das ist umso günstiger, je weniger Geldscheine verwahrt werden müssen. Diese Rechnung gilt für Privatpersonen gleichermaßen.

Bargeldbegrenzung mit System

Erheblich erschwert wird das jedoch durch die jüngst beschlossene Abschaffung der 500 Euro-Scheine. Die offizielle Begründung mit dem Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus wirkt vor diesem Hintergrund genauso bemüht wie dies bei der Bargeldbegrenzung der Fall ist.

Mit Minuszinsen und durch Anleihenkäufe verursachte Negativrenditen sollen Banken, Unternehmen und Verbraucher am Geldhorten gehindert und zu mehr Konsum angehalten werden. Mit weniger Bargeld lassen sich die Staatshaushalte und das Finanzsystem eben viel einfacher sanieren.

Auswege und Alternativen

Wer in dieser Misere Gewinner sucht, kann sich nach Firmenbeteiligungen von Unternehmen umsehen, die mit Sicherheitstechnik beschäftigt sind. Der ohnehin boomende Bereich wird durch den Trend, Bargeld zu horten, nur noch befeuert.

Unternehmensanleihen allerdings sind mit Vorsicht zu genießen. Hier ziehen die Renditen ebenfalls nach unten, erst recht seit der Ankündigung der EZB, nun auch Unternehmenspapiere zu kaufen.

Außerdem kommt es hier entscheidend auf die Bonität an. Was die betrifft, so gibt es immer noch Länder mit der Top-Note AAA und passabler Verzinsung. 10-jährige US-Papiere etwa bieten immerhin 1,36% und Australiens Anleihen 1,95%.