Erbpacht statt Kauf: Lohnt sich das in der Praxis?

Viele Menschen träumen vom eigenen Haus. Sie wünschen sich ihre eigenen vier Wände, doch nicht immer ist der Kauf einer Immobilie mit dazugehörigem Grundstück möglich oder sinnvoll. Doch es gibt Alternativen: Erbpacht.
Erbpacht statt Kauf ist eine Variante, die es ermöglicht, ein Haus zu bauen oder eine bestehende Immobilie zu nutzen, ohne das Grundstück selbst erwerben zu müssen. Stattdessen erhält man von einem Grundstückseigentümer ein sogenanntes Erbbaurecht, das dazu berechtigt, auf einem fremdem Grundstück eine Immobilie zu bauen. Doch wie funktioniert das genau, welche Vorteile hat die Erbpacht, welche Nachteile sind zu beachten und für wen lohnt sich diese Lösung?
Erbpacht statt Kauf: Was bedeutet das?
Wer sich für die Erbpacht statt Kauf entscheidet, verzichtet auf den Grundstückskauf. Das Grundstück, auf dem ein Haus gebaut wird, gehört dann jemand anderem und statt eines Kaufvertrags wird mit dem Grundstückseigentümer ein Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen.
Darin ist geregelt, dass der Immobilienbesitzer das Grundstück für einen festgelegten Zeitraum, der üblicherweise 50 bis 99 Jahre beträgt, nutzen darf. Man baut darauf dann ein Haus, bewohnt die Immobilie selbst oder vermietet sie. Im Gegenzug wird ein regelmäßiger Erbbauzins für den Boden gezahlt, der vom Prinzip einer Miete ähnelt.
Der Unterschied zum klassischen Kauf ist klar: Das Eigentum am Grundstück verbleibt beim Verpächter, während das Haus und die darauf befindliche Immobilie dem Erbbaurechtsnehmer gehören. Dieses geteilte Eigentum wird im Grundbuch eingetragen und ist rechtlich abgesichert.
Wie funktioniert das Erbbaurecht in der Praxis?
Das Erbbaurecht ist im sogenannten Erbbaurechtsvertrag geregelt. Darin finden sich Details wie:
- Die Laufzeit des Erbbauvertrags
- Die Höhe des Erbbauzinses
- Regelungen zur Verlängerung oder zum Ende des Vertrags
- Pflichten des Erbbaurechtsnehmers, wie etwa die Instandhaltung der Immobilie
Während der Laufzeit kann das Erbpachtgrundstück ganz normal genutzt werden. Auch ein Verkauf der darauf befindlichen Immobilie ist möglich, allerdings immer in Verbindung mit dem bestehenden Vertrag. Der potenzielle Käufer muss also in die Bedingungen des Erbbaurechts einsteigen.
Erbpacht statt Kauf: Was sind die Vorteile?
Der wohl größte Vorteil von Erbpacht statt Kauf liegt in den geringeren Startkosten. Wer ein Grundstück kaufen möchte, muss oft hohe Summen aufbringen. Mit der Erbpacht fällt dieser Kaufpreis für ein Grundstück weg und es wird lediglich der Erbbauzins gezahlt. Weitere Vorteile sind:
- Eine geringere finanzielle Belastung am Anfang: Insbesondere für junge Familien oder Menschen mit kleinerem Budget ist es oft leichter, den Erbbauzins zu zahlen, als ein teures Grundstück zu finanzieren.
- Mehr Flexibilität: Auch ohne direkten Grundstückskauf kann dank der Erbpacht ein Haus gebaut werden. Damit wird der Traum vom Eigenheim realisierbar.
- Rechtliche Absicherung: Das Erbbaurecht wird im Grundbuch eingetragen. Dadurch besteht eine hohe Sicherheit, dass es bei der Nutzung nicht zu Problemen kommt.
- Verfügbarkeit von Flächen: Besonders in Städten vergeben Kirchen, Kommunen oder Stiftungen häufig Erbpachtgrundstücke, sodass Flächen nutzbar werden, die ansonsten gar nicht auf dem Markt wären. Und auch generell ist die Erbpacht in angespannten Immobilienmärkten eine Option, um mehr Flächen zur Verfügung zu stellen.
Erbpacht statt Kauf: Was sind die Nachteile?
Natürlich gibt es nicht nur Vorteile bei der Erbpacht. Wer sich für Erbpacht statt Kauf entscheidet, sollte auch die möglichen Nachteile bedenken:
- Laufende Kosten: Der Erbbauzins ist zwar oft niedriger als eine Finanzierung, er fällt jedoch dauerhaft an. Zudem kann er in vielen Fällen regelmäßig angepasst werden.
- Kein volles Eigentum am Grundstück: Das Eigentum am Boden verbleibt beim Grundstückseigentümer. Damit ist man in seinen Rechten eingeschränkt, etwa bei einem späteren Verkauf der Immobilie.
- Unsicherheit zum Vertragsende: Läuft der Erbbauvertrag aus, entscheidet der Grundstückseigentümer, ob eine Verlängerung erfolgt. Wird nicht verlängert, geht die Immobilie üblicherweise auf den Besitzer des Grundstücks über. Dafür gibt es dann zwar oft eine Entschädigung, diese spiegelt aber nicht immer den Marktwert wider.
- Erschwerte Finanzierung: Banken sehen ein Erbpachtgrundstück manchmal kritischer als ein klassisches Grundstückseigentum, da die Sicherheit geringer ist. Ein Kredit, um ein Haus auf dem betroffenen Grundstück zu bauen, kann dadurch schwieriger zu bekommen sein.
Für wen ist Erbpacht statt Kauf sinnvoll?
Die Wahl Erbpacht statt Kauf hängt stark von den persönlichen Lebensumständen ab. Sinnvoll ist sie oft für:
- Menschen, die ein Haus bauen wollen, sich aber keinen Grundstückskauf leisten können.
- Menschen, die in begehrten Lagen wohnen möchten, wo ein klassischer Kauf kaum möglich ist.
- Käufer, die langfristig planen und sich mit der Idee arrangieren können, nicht das volle Eigentum am Boden zu haben.
Weniger geeignet ist die Erbpacht, wenn jemand unbedingt das Grundstück als unbeschränktes Eigentum haben möchte oder die Immobilie als reine Kapitalanlage für einen späteren Verkauf betrachtet. In einem solchen Fall überwiegen die Nachteile.
Welche typischen Kosten fallen beim Erbbaurecht an?
Ein wichtiger Faktor beim Thema Erbpacht ist der Erbbauzins. Er orientiert sich am Wert des Grundstücks und liegt üblicherweise zwischen 3 und 6 Prozent pro Jahr. Beispiel: Beträgt der Wert des Grundstücks 300.000 Euro, dann liegt der Erbbauzins üblicherweise zwischen 9.000 und 12.000 Euro jährlich.
Somit ist klar: Selbst wenn kein Kauf des Grundstücks erfolgt, dann werden regelmäßige Zahlungen fällig, die sich über die Jahre aufsummieren. Erbpacht statt Kauf ist daher gar nicht immer unbedingt günstiger, weshalb in der Praxis genau durchgerechnet werden sollte, wann sich die Erbpacht wirklich lohnt.
Was gilt für den Verkauf einer Immobilie auf einem Erbpachtgrundstück?
Der Verkauf einer Immobilie auf einem Erbpachtgrundstück ist grundsätzlich möglich. Allerdings muss ein neuer Eigentümer immer auch den bestehenden Erbbaurechtsvertrag übernehmen und sich an alle Bedingungen aus dem Vertrag halten.
Auf manche Käufer wirkt ein Erbpachtgrundstück daher oft weniger attraktiv, wodurch der Verkauf häufig schwerer ist oder der Preis niedriger ausfällt.
Was sind die Unterschiede zwischen Grundstückskauf und Erbpacht?
Der direkte Vergleich zeigt, worauf es ankommt:
Art | Besonderheiten |
Grundstückskauf | Volles Eigentum, freie Verfügung, hohe Anfangskosten, dafür keine laufenden Kosten an einen Grundstückseigentümer |
Erbpacht | Kein Grundstückseigentum, niedrigere Anfangskosten, regelmäßiger Erbbauzins, Abhängigkeit vom Erbbaurechtsvertrag |
Wer langfristig denkt und sich ein Eigentum ohne Einschränkungen wünscht, ist mit einem Grundstückskauf grundsätzlich besser beraten. Wer dagegen die hohen Anfangskosten scheut, kann mit Erbpacht statt Kauf eine realistische Alternative nutzen.
Fazit: Erbpacht statt Kauf ist oft eine Frage der Lebensplanung
Erbpacht statt Kauf ist eine spannende Option für Menschen, die eine Immobilie nutzen oder ein Haus bauen möchten, aber die hohen Kosten für den Grundstückskauf scheuen. Der größte Vorteil liegt in den niedrigeren Einstiegskosten und der Möglichkeit, auch in beliebten Lagen ein Zuhause zu finden.
Allerdings dürfen die langfristigen Nachteile nicht unterschätzt werden: Der Erbbauzins, die Abhängigkeit vom Grundstückseigentümer und die eingeschränkten Möglichkeiten beim Verkauf sind Punkte, die genau bedacht werden müssen. Und auch das Ende der Laufzeit des Erbpachtvertrags kann schneller kommen, als man denkt, insbesondere, wenn man in einen schon bestehenden Vertrag einsteigt.
Am Ende hängt die Entscheidung von den individuellen Lebensumständen sowie den finanziellen Möglichkeiten ab. Und auch die persönliche Einstellung zum Thema Eigentum und wie ein Haus genutzt werden soll, spielt mit rein. Wer Verträge sorgfältig liest und sich gut beraten lässt, kann mit einer Erbpacht dennoch seinen Traum vom Eigenheim verwirklichen.