RSI: Funktion und Berechnung des Relative Stärke Index

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Relative Strength Index (RSI) ist ein häufig genutzter Oszillator für die Technische Analyse von Aktien
  • Er liefert wichtige Handelssignale durch Divergenzen, Chartmuster und RSI-Niveaus
  • Der Indikator eignet sich gut, um Märkte und Aktien als überkauft oder überverkauft einzuordnen
  • Am wirkungsvollsten ist der Einsatz in Seitwärtsmärkten und innerhalb von Trading Ranges. Weniger gut funktioniert er in ausgeprägten Trends, da es zu falschen und verfrühten Signalen kommen kann.

Was ist der RSI?

Der Relative Stärke Index (Relative Strength Index), kurz RSI, ist ein charttechnischer Oszillator. Er wurde von J. Welles Wilder Jr. entwickelt und ist der wohl am häufigsten eingesetzte technische Indikator. Er ein vorlaufender oder Präsenzindikator, niemals jedoch ein nachfolgender Indikator.

Der RSI nimmt eine Berechnung des Verhältnisses der Aufwärts- zu den Abwärts-Schlusskursen innerhalb eines Betrachtungszeitraums vor und kann dabei zwischen 0 und 100 schwanken. Wenn er ein Hoch erreicht und anschließend nach unten dreht, so zeigt der Indikator ein Hoch an. Erreicht er ein Tief und dreht nach oben, so wird hingegen ein Boden angezeigt.

Der RSI Indikator wird gerne als Weiterentwicklung des Momentum Indikators betrachtet. Im Vergleich zum Momentum hat er nämlich vor allem zwei Vorteile:

  1. Der Kursverlauf eines Wertpapiers wird durch die gleichzeitige Berechnung von Aufwärts- und Abwärtskraft geglättet. Die RSI-Linie wird daher von einzelnen kräftigen Kursveränderungen weniger verzerrt.
  2. Die Festlegung des Bereichs zwischen 0 und 100 erlaubt es, verschiedene Titel miteinander zu vergleichen. Beim Momentum gibt es hingegen keine mathematischen Ober- und Untergrenzen.

Da der RSI ausschließlich auf Schlusskursen basiert, beinhaltet er zudem weniger Rauschen, was dem Indikator einen weiteren Vorteil gegenüber anderen Oszillatoren wie der Stochastik verleiht.

Wie erfolgt die Berechnung des RSI?

Zur Berechnung des RSI wird zunächst die Relative Stärke (RS) kalkuliert, die sich aus der Division der durchschnittlichen Aufwärtskraft durch die durchschnittliche Abwärtskraft ergibt. Im Anschluss kann der RSI durch eine einfache Formel berechnet werden:

RSI = 100 – 100 / (1 + RS)

RS = Mittelwert der positiven Schlusskursänderungen in der gewählten Periode / Mittelwert der negativen Schlusskursänderungen in derselben Periode

Die Einstellung erfolgt üblicherweise auf 14 Tage, wie es auch von Wilder vorgesehen wurde. Die horizontalen Bezugslinien sollen nur durch die höchsten Gipfel und die tiefsten Täler verlaufen. Meist werden sie bis 70 Prozent und 30 Prozent gezogen, wobei ein RSI von über 70 auf einen überkauften Markt und ein RSI von unter 30 auf einen überverkauften Markt hindeutet.

Welche RSI Werte sind gut?

Die überkauften und überverkauften RSI-Niveaus unterscheiden sich von Markt zu Markt und innerhalb eines Marktes sogar von Jahr zu Jahr. Allgemein gültige optimale RSI-Niveaus für Hochs und Tiefs können also nicht bestimmt werden.

Eine Anforderung, die RSI-Niveaus jedoch erfüllen sollen, ist, dass die Bezugslinien nur die höchsten Gipfel und nur die tiefsten Täler durchqueren. In diesem Zusammenhang gilt die 5-Prozent-Regel als Orientierung. Sie besagt, dass die Linien so gezogen werden sollen, dass der Indikator in den letzten vier bis sechs Monaten nur maximal fünf Prozent der Zeit jenseits davon verbracht hat.

Manche Trader nehmen auch Anpassungen je nach Marktzyklus vor und setzen die Niveaus in Haussen bei 40 und 80 Prozent fest, in Baissen hingegen bei 20 und 60 Prozent. Man sollte sich jedoch nicht dazu verleiten lassen, zu häufig an den Einstellungen zu manipulieren, denn früher oder später lässt sich dadurch jedes erwünschte Ergebnis erzielen, wenn man nur lange genug an den Einstellungen herumschraubt.

Wie auch bei den meisten anderen Oszillatoren gilt auch beim RSI, dass er besonders gut in Seitwärtsmärkten und innerhalb von Trading Ranges (Handelsspannen) funktioniert. In ausgeprägten Trends liefert er hingegen häufig falsche Signale. In Phasen von starken Trends kann der RSI oft wochenlang in Bereichen verharren, die als überkauft oder überverkauft zu interpretieren sind. Ein verfrühter Handel kann daher zu Verlusten führen.

Wann entstehen Kauf- und Verkaufssignale beim RSI?

Für die Technische Analyse von Aktien liefert der RSI drei Arten von Signalen, und zwar in folgender Reihenfolge hinsichtlich ihrer Bedeutung:

1.     Divergenzen

2.     Chartmuster

3.     RSI-Niveaus

1. Bullische und bärische Divergenzen

Bullische und bärische Divergenzen generieren die bedeutungsvollsten Signale für den Handel. Die Divergenzen zwischen RSI und Kurs treten meist bei bedeutenden Hochs und Tiefs auf. Sie zeigen eine Trendschwäche an und liefern Hinweise, wann der Trend bereit für eine Wende ist.

Bullische Divergenzen liefern Kaufsignale und treten auf, wenn der Preis auf ein neues Tief fällt, der RSI aber ein höheres Tief bildet, als beim vorherigen Rückgang. Sobald der RSI nach seinem zweiten Tief nach oben dreht, sollte man kaufen und ein Stop-Loss unter dem letzten untergeordneten Kurstief setzen. Die Kaufsignale sind besonders stark, wenn das erste RSI-Tief unterhalb der unteren Bezugslinie liegt und das zweite darüber.

Bärische Divergenzen liefern Verkaufssignale und treten auf, wenn der Kurs auf ein neues Hoch steigt, der RSI aber ein niedrigeres Hoch als beim vorherigen Anstieg bildet. Sobald der Relative Strength Index nach seinem zweiten Hoch nach unten dreht, ist der Zeitpunkt gekommen, um zu shorten. Ein Stop-Loss sollte man über dem letzten untergeordneten Kurshoch setzen. Die stärksten Verkaufssignale sind gegeben, wenn das erste RSI-Hoch über die obere Bezugslinie steigt und das zweite darunter liegt.

2. Chartmuster

Der RSI Indikator durchbricht seine Bezugslinien häufig ein paar Tage vor dem Preis. Dadurch liefert er für gewöhnlich ein bis zwei Tage vor der eigentlichen Trendwende bereits Kauf- und Verkaufssignale.

3. RSI-Niveaus

Steigt der RSI über seine obere Bezugslinie, so zeigt dies, dass die Bullen zwar aktuell stark sind, der Markt jedoch überkauft ist und in die Verkaufszone übergeht. Fällt er unter die untere Bezugslinie, so zeigt dies hingegen an, dass die Bären aktuell noch stark sind, der Markt jedoch überverkauft ist und in die Kaufzone übergeht.

Löst der Indikator ein Überverkauft-Signal aus, so sollte allerdings nur dann gekauft werden, wenn der Wochentrend nach oben zeigt. Bei einem Überkauft-Signal sollte hingegen nur dann geshortet werden, wenn der Wochentrend nach unten weist. Es lassen sich somit folgende Trading Regeln festhalten:

  1. Kaufen, wenn der RSI unter die untere Bezugslinie fällt und dann wieder darüber steigt und nach oben dreht
  2. Verkaufen, wenn der RSI über die obere Bezugslinie steigt und wieder darunter fällt und nach unten dreht

Fazit zum Relative Stärke Index und abschließende Hinweise

Der Relative Strength Index eignet sich hervorragend für die Technische Analyse bei Aktien und liefert wertvolle Hinweise auf Märkte, die als überkauft oder überverkauft gelten. Der RSI Indikator generiert Kauf- und Verkaufssignale durch Divergenzen, Chartmuster und durch die Einordnung von RSI-Niveaus.

Besonders gut funktioniert der RSI – wie die meisten anderen Oszillatoren auch – in Seitwärtsmärkten und innerhalb von Trading Ranges. Weniger gut eignet sich der Einsatz des RSI in ausgeprägten Trends, da er hier häufig verfrühte Signale liefert.

Gerade Neueinsteiger sollten es jedoch tunlichst vermeiden, sich nur auf den Relative Strength Index als einzigen Indikator zu verlassen. Genauso wenig sollte man „Indikator-Shopping“ betreiben und zu viele Indikatoren gleichzeitig anwenden. Vielmehr sollte man eine kleine Auswahl an verschiedenartigen Indikatoren vornehmen (Trendfolge-Indikatoren, Oszillatoren, sonstige Indikatoren) und sich bei der Anwendung an eine strikte Hierarchie halten. So können präzise und rationale Handelsentscheidungen getroffen werden und der erfolgreichen Technischen Analyse von Aktien steht nichts mehr im Weg!