Kupfer: Kaufen oder besser verkaufen?
Nur einen Monat nachdem der Kupferpreis auf sein Jahreshoch stieg, sind die Notierungen im Zuge der Talfahrt an den Aktien- und Rohstoffmärkten in der vergangenen Woche wieder auf ein 15-Wochen-Tief zurückgefallen.
Das wirft die Frage auf, wie weit der Preis für das rote Metall noch fallen kann.
Lohnt sich der Ankauf?
Im Hintergrund dieser Frage stehen die weitere Entwicklung in Europa und die wirtschaftliche Abkühlung in China. Beide erfüllen die Rohstoffinvestoren derzeit mit einer gewissen Sorge, die sich natürlich auch in nachgebenden Preisen niederschlägt.
Die Antwort auf diese Frage ist nicht ohne Brisanz, denn Kupfer als das Metall der Infrastruktur gilt gemeinhin als ein besonders sensibler Indikator für den Zustand der Weltwirtschaft.
Zieht diese an, wird viel Kupfer verbraucht, was den Preis steigen lässt. Ein schwächerer Kupferpreis signalisiert im Gegenzug ein Nachlassen der wirtschaftlichen Aktivität.
In diesem Jahr profitierte der Kupferpreis bislang von einer positiven Wirtschaftserwartung seitens der Investoren und einem starken Nachfrageschub aus China.
Nun mehren sich die Befürchtungen, dass nicht nur der Lageraufbau in China, der bislang die Nachfrage aus dem Reich der Mitte zusätzlich befeuert hat, zum Erliegen kommt.
So soll angeblich auch die chinesische Wirtschaft insgesamt an Dynamik verlieren und damit weniger Kupfer nachgefragt werden.
Die wichtigsten Stützen brechen weg
Die Befürchtungen sind durchaus berechtigt, denn ein großer Teil der chinesischen Investitionen ging bislang in den Auf- und Ausbau der Infrastruktur. Dieser ist sehr rohstoffintensiv und er benötigt zudem auch große Mengen an Kupfer.
Wie nervös die Marktteilnehmer inzwischen geworden sind zeigen die Tagesschwankungen.
Mit Tagesverlusten von rund 6%, nachdem die wichtige Unterstützung bei 3 US Dollar je Pfund unterschritten wurde, verzeichnete der Markt die höchsten Wertverluste seit Februar 2009.
Der Preis je Tonne mit dreimonatiger Lieferfrist lag in der Spitze bei 8.043 US Dollar.
Inzwischen sind je nach Tageskurs nur noch rund 6.400 Dollar auf den Tisch zu legen, um eine Tonne Kupfer zu erwerben. Und selbst dieses ermäßigte Niveau gilt vielen Investoren nur als Durchgangsstation auf dem weiteren Weg abwärts.
Kupfer: Pessimismus vs. Optimismus
Nach diesem heftigen Einbruch haben die Pessimisten Hochkonjunktur.
Für das Kupfer negativ eingestellte Stimmen geben zu bedenken, dass das Kupfer in den letzten Wochen seine beiden wichtigsten fundamentalen Stützen verloren habe.
Das sind einerseits die beständige Nachfrage aus China und andererseits die Hoffnung auf eine sich wiederbelebende Konjunktur in Europa. Hinter der Entwicklung in China stünden nun ebenso deutliche Fragezeichen wie hinter jener in Europa.
Kommt es hier tatsächlich zu staatlichen Zahlungsausfällen, wären Auswirkungen auf die Realwirtschaft und damit mittelbar auf die Kupfernachfrage unvermeidlich.
Besonders negativ eingestellte Marktteilnehmer sehen den Kupferpreis in diesem Fall bereits wieder auf unter 2,0 US Dollar je Pfund zurückfallen – ein Niveau, das zuletzt am Tiefpunkt der vorherigen Rezession erreicht wurde.
Andere Investoren halten den Markt hingegen für überverkauft und erwarten eine zumindest technische Gegenreaktion, die den Preis zumindest kurzfristig wieder etwas anziehen lassen sollte.
Dass Kupfer langfristig vor dem Hintergrund der immer noch robusten Nachfrage unter 2,60 US Dollar je Pfund notieren soll, erscheint ihnen nur schwer vorstellbar.
Rächt sich nun der überschäumende Optimismus der letzten Wochen?
Wägt man die einzelnen Argumente gegeneinander ab, haben die pessimistischen Stimmen das etwas größere Gewicht, denn der Markt hat in den vergangenen Wochen die fundamentalen Daten mehr oder weniger komplett ignoriert.
Der Angebotsüberhang hätte eigentlich verhindern müssen, dass der Kupferpreis überhaupt die Schwelle von 3 US Dollar je Pfund überschreitet.
Trotzdem ist genau dies geschehen, weil sehr viel spekulatives Kapital in den Kupfermarkt geflossen ist. Dies geschah aufgrund der Masse von Investoren, die daran glauben wollten, dass der Preis nur noch steigen könne.
Es sind nun gerade diese Finanzinvestoren, die in diesen Wochen der Krise und Verunsicherung mit besonderer Eile zum Ausgang stürmen.
Da die Preise zwangsläufig stark fallen, wenn alle zur gleichen Zeit den Verkaufsknopf drücken und ein hohes Angebot auf eine geringe Nachfrage trifft, könnte der Kupferpreis rasch weiter fallen und auch die Marke von 2 US Dollar je Pfund wieder unterschreiten.
Dieser Pessimismus gipfelt im Ausspruch eines Händlers, der meinte, er würde Kupfer nur noch für den Fall kaufen, dass es eine Shortposition zu schließen gäbe.
Keine Panik auf der Titanic!
Den kritischen Stimmen stehen aber auch solche gegenüber, die dazu aufrufen, einen Schritt zurückzutreten und die aktuelle Stimmung als das zu erkennen, was sie ist: eine Panik.
Die Sorgen über einen Zusammenbruch Europas seien übertrieben.
Zwar könne der Kupferpreis tatsächlich noch weiter fallen, doch seien diese Preise dann jedoch Kaufgelegenheiten. Wer Positionen hat, solle diese weiter halten und ggf. bei Preisen von 2,70 US Dollar oder tiefer weiteres Kupfer zukaufen.
Wenn der Kupferpreis dann später wieder über 3,10 US Dollar notiere, könne man die Kontrakte mit einem netten Gewinn verkaufen und sich seinen Mut entsprechend versilbern lassen.
Damit stimmen potentielle Käufer und Verkäufer hinsichtlich der sehr kurzfristigen Entwicklung auffällig überein: Es wird für die nächsten Tage und Wochen mit weiter nachgebenden Preisen gerechnet.
Hinsichtlich der langfristigen Perspektiven trennen beide Gruppen jedoch Welten.