Was passiert mit Aktien bei einer Übernahme?

Was passiert mit Aktien bei einer Übernahme?
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Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Zuge der geplanten Übernahme erhalten Aktionäre ein sogenanntes Übernahmeangebot
  • Das Übernahmeangebot können Sie bis zu einem gewissen Grad ablehnen
  • Im Rahmen eines Squeeze Out kann Sie der Großaktionär jedoch zwingen, Ihre Anteile abzugeben

Jedes Jahr gibt eine Reihe von Unternehmensfusionen und Übernahmen, die auch Aktiengesellschaften betreffen. Meistens erfahren betroffene Aktionäre das erste Mal schon aus den Medien davon, wenn zum Beispiel das Unternehmen A ein Übernahmeangebot für das Unternehmen B unterbreitet.

Was passiert eigentlich mit den Aktien der betreffenden Gesellschaft bei einer Übernahme? In diesem Beitrag gehen wir auf die unterschiedlichen Übernahmeangebote ein und ob Sie diese auch ablehnen dürfen. Was mit den Aktien im Rahmen einer Verstaatlichung und bei einem sogenannten Squeeze Out passiert, erfahren Sie ebenfalls.

Was kann mit Aktien nach einer Übernahme passieren?

Einer Übernahme und einem Übernahmeangebot geht voraus, dass sich ein Unternehmen dazu entschlossen hat, die Zielgesellschaft zu kaufen. In dem Fall gibt es im ersten Schritt in der Regel ein Übernahmeangebot an das Zielunternehmen, welches dieses annehmen oder ablehnen kann. Dabei richtet sich der Großaktionär in aller Regel direkt an die Aktionäre, denen er das entsprechende Übernahmeangebot unterbreiten will und manchmal sogar muss.

Unter bestimmten Voraussetzungen muss das übernehmende Unternehmen, zum Beispiel auf Grundlage des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WPüG) ein Pflichtangebot unterbreiten. Das Übernahmegesetz greift in aller Regel unter der Voraussetzung, dass die entsprechenden Wertpapiere an geregelten Märkten gehandelt werden.

Was nun mit den Aktien nach einem Übernahmeangebot passiert, hängt vor allem davon ab, welches Angebot seitens des Käufers gemacht wird. Hier gibt es vor allem die folgenden drei Optionen in der Praxis:

  • Aktientausch
  • Barabfindung
  • Squeeze Out

Auf diese drei Möglichkeiten möchten wir in den nächsten Abschnitten etwas näher eingehen.

Was ist ein Aktientausch?

Bei einem Aktientausch bietet das übernehmende Unternehmen Ihnen als Aktionäre an, Ihre Aktien der zu übernehmenden Gesellschaft in Aktien der übernehmenden AG zu tauschen. Angenommen, Sie besitzen Wertpapiere des Unternehmens B, dem das Unternehmen A ein Übernahmeangebot unterbreitet hat. Das Angebot beinhaltet zum Beispiel, dass Sie für jede Ihrer bisherigen Aktien des Unternehmens B stattdessen ein Wertpapier des Unternehmens A erhalten. Sie müssen dann prüfen, ob sich der „Deal“ für Sie lohnt oder nicht. Grundsätzlich haben Sie auf jeden Fall die Möglichkeit, das Angebot abzulehnen.

Was ist eine Barabfindung?

Neben dem Aktientausch gibt es als weitere Option die sogenannte Barabfindung. Zu einem solchen Barabfindungsangebot ist die übernehmende Gesellschaft oftmals per Gesetz verpflichtet. In dem Fall würde Ihnen faktisch das übernehmende Unternehmen Ihre Aktien abkaufen und Sie würden im Gegenzug eine Barabfindung erhalten, also den Gegenwert gutgeschrieben bekommen. Die Konsequenz ist, dass Sie anschließend kein Aktionär mehr sind, weder der bisherigen noch der neuen Gesellschaft.

Was ist ein Squeeze Out?

Der sogenannte Squeeze Out ist in aller Regel die letzte Lösung, wenn die vorherigen Übernahmeangebote an die Aktionäre gescheitert sind. Das passiert, wenn nicht genügend Anteilsinhaber das entsprechende Angebot angenommen haben. Vereinfacht dargestellt ist ein Squeeze Out die Enteignung der Minderheitsaktionäre, auch wenn diese dennoch für deren Aktien einen gewissen Gegenwert erhalten. Dieser ist jedoch meistens (deutlich) geringer, als wenn es sich um ein vorheriges Angebot in Form eines Aktientauschs oder einer Barabfindung handelt. 

Damit ein solcher Squeeze Out jedoch durchgeführt werden kann, muss der Großaktionär mindestens 90 Prozent der gesamten Anteile, also am Grundkapital der AG, innehaben. Nur unter dieser Voraussetzung hat er die Möglichkeit, auf der nächsten Hauptversammlung das „Herausdrängen“ der noch vorhandenen Aktionäre zu beantragen. Meistens ist es dann nicht mehr möglich, dass sich betroffene Aktionäre dagegen wehren können.

Kann ich einen Aktientausch oder eine Barabfindung ablehnen?

Während Sie bei einem zuvor erläuterten Squeeze Out als Aktionär praktisch keine Möglichkeit haben, sich gegen die Abfindung zu wehren, sieht es bei den zwei weiteren Optionen anders aus. Sowohl den vorgeschlagenen Aktientausch als auch die Barabfindung können Sie ablehnen, wenn Ihnen das Angebot nicht zusagt. Normalerweise gibt es eine Frist von etwa sechs Wochen um das Angebot anzunehmen. Tun Sie das nicht, existiert meistens noch eine weitere Frist von zwei Wochen. Auf jeden Fall haben Sie innerhalb beider Fristen die Möglichkeit, das Ihnen unterbreitete Angebot abzulehnen bzw. (stillschweigend) nicht anzunehmen.

Aktien an der Börse verkaufen oder auf Übernahmeangebot warten?

Meistens erfahren Aktionäre schon vor einem offiziellen Übernahmeangebot davon, dass eine Aktiengesellschaft von einem anderen Unternehmen übernommen werden soll. Dann stellt sich die berechtigte Frage, ob man die betreffenden Wertpapiere möglichst schnell an der Börse veräußert oder auf das entsprechende Übernahmeangebot warten. 

Häufig ist es so, dass die Aktienkurse – manchmal beider betroffener Aktiengesellschaften – schon im Vorfeld des eigentlichen Übernahmeangebotes steigen. Dann ist jedoch die Frage, ob der so erreichte Aktienkurs höher oder niedriger als beim kommenden Übernahmeangebot ist. Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht, denn auch die Historie zeigt, dass sowohl die eine als auch die andere Variante häufiger vorgekommen ist.

Was geschieht mit Aktien bei einer Verstaatlichung?

Nicht immer ist es ein Unternehmen aus der Privatwirtschaft, welches eine Aktiengesellschaft aufkaufen und übernehmen möchte. Gerade seit der Coronakrise gab es mehrere Übernahmen seitens des Staates, beispielsweise bei Uniper. Dann stellt sich für Aktionäre die Frage, was mit ihren Aktien bei einer Verstaatlichung passiert. 

Vom Grundsatz her ist der Vorgang nicht selten identisch mit der Übernahme, die von einem Unternehmen durchgeführt wird. Das bedeutet, dass auch der Staat den Aktionären selbstverständlich ein Übernahmeangebot unterbreiten kann. Der Vorgang ist dann identisch mit der Übernahme durch ein privatwirtschaftliches Unternehmen. 

Nicht selten greift der Staat allerdings zu einem etwas anderen Mittel, so auch bei Uniper. Hier gab es kein direktes Übernahmeangebot an die Aktionäre. Stattdessen wurde eine Kapitalerhöhung vorgenommen, und zwar ohne Bezugsrechte für die vorhandenen Aktionäre. Die Folge war, dass der Kurs und der Wert der Aktien deutlich gefallen sind. Das wiederum führte dazu, dass der Staat letztendlich über 98 Prozent der Anteile hielt. 

Neben der Kapitalerhöhung gibt es auch bei der Verstaatlichung die Variante, einen Squeeze Out durchzuführen. Diesen haben wir zuvor bereits erläutert. Es ist also nicht so, dass Sie als Aktionär bei einer Verstaatlichung enteignet würden, sondern auch in dem Fall erhalten Sie für Ihre Aktien einen gewissen Gegenwert.

Leitfaden für Anleger bei einem Übernahmeangebot 

Ist es für Anleger schlecht, wenn „ihre“ Aktiengesellschaft übernommen werden soll? Oft ist ein Übernahmeangebot sogar eher positiv für Aktionäre, weil der Aktienkurs im Vorfeld häufig steigt. Trotzdem ist es sinnvoll, einen kühlen Kopf zu bewahren. Dabei hilft zum Beispiel der folgende Leitfaden, wie Sie sich verhalten können, wenn Sie von einer geplanten Übernahme „Ihrer“ Aktiengesellschaft erfahren:

  1. Prüfen, ob sich ein Verkauf an der Börse lohnen könnte
  2. Informieren und Übernahmeangebot prüfen
  3. Abfindungsangebot zu gering (aus Ihrer Sicht): Ablehnen bzw. nicht annehmen
  4. Nachfrist zur weiteren Prüfung nutzen
  5. Angebot akzeptieren oder weiterhin ablehnen

Letztendlich ist es in den meisten Fällen sinnvoller, ein Übernahmeangebot anzunehmen. Kommt es nämlich zu einem Squeeze Out, ist der gebotene Preis bzw. festgelegte Preis für die Aktien in aller Regel geringer als beim noch freiwilligen Übernahmeangebot an die Aktionäre.