CBOE Put/Call Ratio: Als Stimmungsbarometer für Trader nur bedingt geeignet
Bei der Frage, wohin ein Wertpapiermarkt gerade tendiert, orientieren sich Trader und Analysten gerne an Stimmungsbarometern. Der weltweit am meisten verwendete ist das CBOE Put/Call Ratio als Index für die aktuell vorherrschende Stimmung der Marktteilnehmer. In Europa ist es etwa das Put/Call Ratio der EUWAX.
CBOE Put/Call Ratio: weltweit wichtigster Index für Marktstimmungen
Am Verhältnis zwischen offenen Put- und Call-Optionen lässt sich ablesen, ob die Optimisten oder die Pessimisten die Oberhand haben. Das verbreitete Prinzip: Die Anzahl der Verkaufsaufträge (Puts) wird durch die der Kaufaufträge (Calls) geteilt. Je höher das Ratio, desto mehr wird auf fallende Kurse gesetzt und umgekehrt. Trader, die gegen den Trend handeln, erwarten bei einem hohen Ratio steigende, bei einem niedrigen fallende Kurse. Sie nutzen das Barometer als Kontraindikator.
Nach diesem Verfahren wird auch an der Chicago Board Options Exchange (CBOE) das Put/Call Ratio halbstündlich sowie täglich berechnet, außerdem gibt es historische Charts. Die CBOE veröffentlicht Put/Call Ratios zu Index-, Aktienoptionen und allen gehandelten Optionen. Die Abkürzungen lauten entsprechend CBOE Index-PCR, Equity- und Total-PCR.
Ergänzung zur Fundamental- und technischen Analyse
Das international beachtete CBOE Put/Call Ratio als Index für die Marktstimmung ist eines von mehreren Hilfsmitteln mit dem Ziel, die nahe Zukunft vorherzusehen. In der Regel wird dies zunächst mit der Fundamentalanalyse und technischen Indikatoren versucht. Doch die Auswertung von Fundamentaldaten ist mitunter komplex und erlaubt nur bedingte Rückschlüsse. Technische Indikatoren wiederum beruhen auf Zahlen aus der Vergangenheit.
Optionen hingegen sind als Termingeschäfte per se auf die Zukunft ausgerichtet. Ein entsprechendes Stimmungsbarometer richtet sich rein nach tatsächlichen Geschäften. Andere Sentiment-Indikatoren hingegen wie der Sentix spiegeln lediglich die Meinung von Marktteilnehmern. Das gleichnamige Frankfurter Analysehaus befragt wöchentlich mehrere 1.000 Nutzer nach ihrer Einschätzung zu verschiedenen Märkten.
Fakten statt Meinung
Der Nachteil dieses Vorgehens liegt auf der Hand: Erstens unterliegt jede Einschätzung persönlichen Wahrnehmungen und Verzerrungen. Zweitens kommt es zu einer gewissen trägen Routine, wenn regelmäßig dieselben Personen Auskunft geben.
Hier zeigt sich der Vorteil eines Put/Call Ratio, das auf zukunftsgerichteten Fakten beruht: Ein Trader erkennt aus dem Verhältnis der laufenden Geschäfte, ob etwa die Pessimisten, also die Bären, oder die Bullen die Oberhand haben. Ist das Put/Call Ratio entsprechend hoch, kann er auf fallende Kurse setzen oder als Contrarian gegen den Trend handeln. Dasselbe umgekehrt.
Nicht immer an der Realität
Ein grobes Beispiel verdeutlicht das Vorgehen: Wenn 100 Puts und 50 Calls gehandelt werden, liegt das Ratio bei 2. Allerdings, auch dieser Wert kann die tatsächliche Stimmung verzerren. Die Schwachstelle der Berechnung liegt nämlich darin, dass sie außen vor lässt, wenn beispielsweise Calls verkauft werden.
Verkaufte Calls können ebenso wie Puts für eine pessimistische Erwartung sprechen. In dem Fall müsste der echte Wert höher liegen und die Stimmung noch schlechter sein. Außerdem werden bei der Berechnung nicht die Laufzeiten der Optionen berücksichtigt.
Ein weiterer Schwachpunkt: Gerade bei Indizes sichern sich professionelle Investoren generell gerne ab. Derartige Puts haben dann nicht sehr viel mit Pessimismus zu tun. Und in Bezug auf Aktien kann es durchaus sein, dass das Kaufverhalten durch Strategien wie Sell in May oder mit Blick auf die Dividendensaison beeinflusst wird.
Nicht blind auf Zahlen vertrauen
Der CBOE Put/Call Stimmungsindex ist also wie alle vergleichbaren Barometer mit Vorsicht zu genießen. Die Beobachtung von Zahlen ist eine Sache. Die aber müssen interpretiert werden. Trader, die im blinden Vertrauen Anlageentscheidungen treffen, gehen ein extrem hohes Risiko ein.
Auch wenn rückwirkend gesehen die CBOE mit ihren Stimmungsindikatoren meist richtig lag, ein Garant für die Zukunft sind sie nicht. Sie eignen sich eher als Ergänzung, wenn etwa andere Indikatoren keine klaren Trends zeigen oder der Markt seitwärts verläuft.