Zuzahlungsbefreiung für Rentner – wie man richtig vorgeht

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste zur Zuzahlungsbefreiung für Rentner: 

  • Alle gesetzlich krankenversicherten Personen ab 18 Jahren müssen bestimmte Zuzahlungen für Medikamenten oder Hilfsmitteln leisten – seit 2004 auch alle Rentner.
  • Ab einer Belastungsgrenze von 2 Prozent können Rentner eine Befreiung von den Zuzahlungen beantragen.
  • Bei der Berechnung der individuellen Belastungsgrenze zählt die Höhe des gesamten Bruttoeinkommens aller Angehörigen eines Haushalts.
  • Der Antrag auf Zulassungsbefreiung erfolgt jährlich neu über die Krankenkasse.

Schmale Bezüge, hohe Energiepreise und steigende Kosten für den Lebensunterhalt: Für die meisten Rentner zählt jeder Cent. Das betrifft auch Zuzahlungen für Medikamente und weitere Gesundheitsleistungen. Denn seit der Gesundheitsreform 2004 ist eine vollständige Zuzahlungsbefreiung für Rentner nicht mehr möglich.

Dennoch können ältere Menschen sparen: Mit einer entsprechenden Bewilligung der Krankenkasse zahlen sie beim Gang in die Apotheke oder zum Arzt künftig weniger. Hier erfahren Sie alles über Voraussetzungen, Belastungsgrenzen sowie Antragsstellung für die Zuzahlungsbefreiung. 

Was sind Zuzahlungen zur gesetzlichen Krankenversicherung?

Alle Mitglieder einer gesetzlichen Krankenversicherung ab 18 Jahren müssen bestimmte Zuzahlungen leisten. Damit beteiligen sich Versicherte finanziell direkt selbst an den Kosten individueller Gesundheitsleistungen – zusätzlich zu den monatlichen Beiträgen. Die Pflicht zur Zuzahlung besteht beispielsweise bei

  • stationären Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen,
  • einer Krankenhausbehandlung,
  • Heil- und Hilfsmitteln,
  • Zahnersatz oder
  • Verband- und Arzneimitteln.

Wie hoch sind die Kosten für die Zuzahlungen zur Krankenversicherung?

Laut dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung – kurz: GKV-Modernisierungsgesetz – das 2004 in Kraft trat, liegen die Kosten dieser Leistungen bei zehn Prozent des Abgabepreises.

In der Praxis bedeutet das: mindestens fünf, höchstens zehn Euro Selbstbeteiligung. Jedoch darf die Zuzahlung den Preis der eigentlichen Leistung – zum Beispiel eines Medikamentes – nicht übersteigen.

Was ist die Zuzahlungsbefreiung?

Unter der Zuzahlungsbefreiung von der Krankenkasse versteht man den Wegfall der gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht, zu speziellen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ab 18 Jahren eine Zuzahlung zu leisten. Die Zuzahlungsbefreiung soll die Versicherten vor zu hohen finanziellen Belastungen schützen. Basis für die Zuzahlungsbefreiung bilden dabei individuelle Belastungsgrenzen beziehungsweise Höchstgrenzen. Sobald diese Grenzen überschritten werden, kann eine Zuzahlungsbefreiung beantragt werden.

Politisch ist der Nutzen von Zuzahlungen für Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse umstritten. Befürworter heben die stärkere Eigenverantwortung der Mitglieder hervor. Für sie sind Selbstbeteiligungen ein adäquates Mittel für eine wirtschaftlichere Nutzung der Gesundheitsleistungen. Kritiker hingegen bemängeln eben genau jene für sie fehlende Wirtschaftlichkeit und Effektivität: Für sie gehen die Zuzahlungen zulasten chronisch Kranker sowie Menschen mit geringem Einkommen – beispielsweise vieler Rentner oder Arbeitslosen.

Warum ist eine Zuzahlungsbefreiung für Rentner besonders wichtig?

Die Zuzahlungsbefreiung ist für viele Rentner eine gute Möglichkeit, um Geld einzusparen. Denn ältere Menschen mit geringem Renteneinkommen belastet in Zeiten von hohen Kosten für den Lebensunterhalt aufgrund der aktuell herrschenden Inflation jede weitere finanzielle Ausgabe. 

Hinzu kommt: Laut Erhebungen des statistischen Bundesamts 2021 sind 19,4 Prozent der über 65-Jährigen in Deutschland armutsgefährdet. Sie verfügen über ein monatliches Einkommen unter 1.251 Euro. Bei Rentnern über 75 Jahren liegt die Quote sogar bei 18,8 Prozent.

Wann können sich Rentner von den Zuzahlungen auf Gesundheitsleistungen befreien lassen?

Das entscheidende Kriterium, welcher Versicherte die Selbstbeteiligung auf Medikamente oder medizinische Leistungen zahlen muss – und welcher nicht – ist die sogenannte Belastungsgrenze. Rentner und Versicherte ab 18 Jahren können nach dem Erreichen dieser individuellen Belastungsgrenze eine Zuzahlungsbefreiung durch die Krankenkasse erhalten. Konkret bedeutet das: Eine entsprechende Bescheinigung erhalten Rentner wie auch alle anderen Versicherten dann, wenn Sie mindestens 2 Prozent des Bruttojahreseinkommens für die Zuzahlungen an der medizinischen Versorgung verwenden.

Treffen diese Voraussetzungen für Sie als Rentner zu, sind Sie nach der Bewilligung durch Ihre Krankenkasse für den Rest eines Kalenderjahres von den Zuzahlungen für medizinische Leistungenentbunden. Sie erhalten dann von Ihrer Versicherung einen Bescheid über die Befreiung sowie oftmals auch einen Befreiungsausweis. Außerdem gibt die Zuzahlungsbefreiung Rentnern sowie allen anderen Versicherten das Recht, sich bereits getätigte Zuzahlungen im Bewilligungszeitraum von der Krankenkasse zurückerstatten zu lassen.

Wie hoch ist die Belastungsgrenze bei chronisch kranken Menschen?

Bei chronisch kranken Menschen ist die individuelle Belastungsgrenze bereits erreicht, wenn sie 1 Prozent ihres Bruttoeinkommens in einem Kalenderjahr für Zuzahlungen aufbringen müssen.

Welche Zuzahlungen von Rentnern übernimmt die Krankenkasse?

Rentner sparen bares Geld bei einer Zuzahlungsbefreiung für in Anspruch genommene Gesundheitsleistungen. Sie müssen dann unter anderem folgende Zuzahlungen nicht mehr leisten:

  • Medikamente und Verbandsmaterialien,
  • bestimmte Hilfsmittel,
  • Massagen und Krankengymnastik,
  • Impfungen,
  • Fahrkosten,
  • stationäre Behandlung im Krankenhaus und
  • Haushaltshilfe.

Doch nicht jede Art der Selbstbeteiligung fällt unter die Berechnung der Zuzahlungsbefreiung. Rentner müssen so beispielsweise die Eigenbeiträge zum Zahnersatz oder die Kosten für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) selbst aufbringen. Dazu zählen auch Leistungen ohne Verordnung durch einen Arzt. Eigenanteile etwa zu Osteopathie, einer sportmedizinischen Untersuchung oder orthopädischen Schuhen gehören ebenfalls nicht zu den erstattungsfähigen gesetzlichen Zuzahlungen.

Welches Einkommen wird bei der Zuzahlungsbefreiung berücksichtigt?

Um die individuelle Belastungsgrenze zu berechnen, zählt die Höhe des gesamten Bruttoeinkommens eine Familie beziehungsweise all jener Personen, die in einem Haushalt leben. Im Gegenzug finden dann auch alle Zuzahlungen der Familienmitglieder Berücksichtigung. Das betrifft:

  • Ehegatten,
  • Lebenspartner,
  • familienversicherte Kinder und
  • weitere Angehörige, die für den Lebensunterhalt aufkommen.

Für den Antrag auf Zuzahlungsbefreiung sollten Rentner demnach ihre Bruttoeinnahmen und auch das ihrer Angehörigen zusammenrechnen. Zu diesen Bruttoeinnahmen zählen alle konstanten Einnahmen wie:

  • Renten (Brutto),
  • Arbeitseinkommen und -entgelt,
  • Miet- und Kapitaleinkünfte,
  • Sozial- und Arbeitslosenhilfe und
  • Unterhaltszahlungen und Arbeitslosengeld.

Welches Einkommen findet bei der Zuzahlungsbefreiung keine Berücksichtigung?

Es gibt auch Einnahmen, die nicht in der Berechnung Berücksichtigung finden. Diese sind Beihilfen und Renten für Körper- und Gesundheitsschäden nach dem Bundesentschädigungsgesetz sowie Grundrenten, die Rentner nach dem Bundesversorgungsgesetz beziehen.

Von dem daraus resultierenden Betrag, den gesamten Bruttoeinnahmen, können Rentner mit Familie Freibeträge abziehen. Diese orientieren sich am durchschnittlichen Entgelt der gesetzlichen Rentenversicherung und können sich jährlich ändern. 2022 gilt für Ehe- oder Lebenspartner ein Freibetrag von 5.922 Euro. Für familienversicherte Kinder, die im Haushalt leben, beträgt der Freibetrag je 8.388 Euro.

Wie hoch ist der Freibetrag für die Zuzahlungsbefreiung im Jahr 2023?

Im Jahr 2023 belaufen sich die Freibeträge für Ehegatten auf 6.111 Euro – zusätzlich je Kind auf 8.688 Euro.

Wie wird die Zuzahlungsbefreiung bei Rentner berechnet?

Um zu prüfen, ob eine Befreiung von Zuzahlungen für Sie als Rentner in Frage kommt, können Sie Ihre individuelle Belastungsgrenze leicht selbst berechnen:

Beispiel 1: Belastungsgrenze bei alleinstehendem Rentner

Ein Rentner lebt allein und verfügt über ein Jahreseinkommen beziehungsweise eine Rente in Höhe von 15.000 Euro. Die Belastungsgrenze bei 2 Prozent liegt dann bei 300 Euro. Für chronisch Kranke ist die Zuzahlungsgrenze bei nur 1 Prozent erreicht. In diesem Fall sind das 150 Euro. 

Beispiel 2: Rentner mit im Haushalt lebenden Ehegatten und Kindern

Die Bruttoeinnahmen eines Kalenderjahres betragen für den Rentner 25.000 Euro. Der noch arbeitende Ehegatte verdient 30.000 Euro pro Jahr. Das Familienaufkommen beläuft sich somit auf 55.000 Euro. Abzüglich der Freibeträge – 5.922 Euro für den Partner sowie je 8.388 für die zwei im Haushalt lebenden familienversicherten Kinder – liegt der Berechnung ein Einkommen in Höhe von 32.302 Euro zugrunde. 

Für zu leistende Selbstbeteiligungen bedeutet das: Die Zuzahlungsgrenze liegt bei 646,04 Euro in einem Kalenderjahr – beziehungsweise 323,04 Euro bei chronisch kranken Menschen. Darüber hinaus ist eine Befreiung durch die Krankenkasse möglich.

Rechner für die Zuzahlungsbefreiung

Viele Krankenkasse bieten als Service einen Rechner für Zuzahlungen auf ihren Websites an. Damit können Sie bequem prüfen, ob Ihre individuelle Belastungsgrenze für das laufende Jahr erreicht ist sowie geleistete Selbstbeteiligungen leicht dokumentieren. Diese elektronischen Nachweise lassen sich auch mit einem Antrag auf Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenversicherung einreichen.

Welche Unterlagen benötigen Rentner für die Zuzahlungsbefreiung?

Ist die Belastungsgrenze für ein Kalenderjahr erreicht, kann bei der zuständigen Krankenkasse ein Antrag auf Zuzahlungsbefreiung erfolgen. Rentner – wie auch jüngere Versicherte – benötigen dann folgende Daten und Unterlagen:

  • Krankenversicherungsnummer,
  • Nachweise über das Bruttojahreseinkommen (beispielsweise die Rente),
  • Einkommensbescheinigungen wie Verträge über Einnahmen aus Mieten, Zinseinkünfte, Verdienstbescheinigungen, Nachweis über Betriebsrenten sowie weitere Einkünfte,
  • sofern zutreffend: einen Leistungsbescheid über Sozialhilfe, Sozialgeld, Grundsicherungsleistungen, Arbeitslosengeld II, Kriegsopferfürsorge,
  • bei einer Unterbringung in einer Senioren- oder Pflegeeinrichtung: einen Bescheid vom Kostenträger,
  • IBAN bzw. Bankverbindung und
  • falls vorhanden: Zahlungsnachweise und Rechnungen für bereits gezahlte Zuzahlungen.

Leistungserbringer, wie Sanitätshäuser, Ärzte oder Apotheken, müssen Versicherten die Zuzahlungen auf medizinische Produkte oder Dienste kostenfrei quittieren. Der Beleg sollte dann folgende Angaben erhalten:

  • Vor- und Nachname der zahlenden Person
  • Leistungsart – beispielsweise Name des Medikaments, Krankengymnastik, Fahrdienst oder ähnliches
  • der Betrag der Zuzahlung
  • Datum der Leistungserbringung
  • Stempel der Apotheke oder der Praxis  

Wichtig: Eine Rechnung über eine geleistete Zuzahlung allein reicht der Krankenkasse nicht aus. Um die Rückerstattung bewilligen zu lassen, fügen Sie zusätzlich einen Zahlungsnachweis bei. Das kann eine Kopie des Bankkontoauszugs oder eine Quittung sein. Daten, die nicht für die Zuzahlungsbefreiung nötig sind, können Sie einfach schwärzen.

Wie können Rentner eine Zuzahlungsbefreiung beantragen?

Einen Antrag auf Zulassungsbefreiung erhalten Rentner bei ihrer Krankenkasse. Diesen müssen sie jedes Jahr erneut stellen – jedoch erst dann, wenn die Belastungsgrenze innerhalb eines Kalenderjahres erreicht ist. Dem Antrag sind alle Belege über Zahlungen sowie Einnahmen beizufügen. Dabei ist wichtig zu beachten, alle Nachweise über die geleisteten Zuzahlungen unbedingt aufzubewahren.

Manche Krankenkassen stellen bereits am Anfang des Jahres eine Zuzahlungsbefreiung aus. Rentner, die schon vor Beginn eines Kalenderjahres wissen, dass sie die Belastungsgrenze im kommenden Jahr überschreiten, können den persönlich maximalen Betrag im Voraus an die Krankenkasse überweisen.

Einige Apotheken bieten die Erfassung und Führung von Quittungenfür den Antrag bei der Krankenkasse an. Ein Auszug der Zuzahlungen kann jederzeit erfolgen – und zwar mit Hilfe einer eigenen Kundenkarte. Das könnte für Rentner besonders interessant sein, da sie dann nicht alle Belege aufbewahren müssen.

Bewilligt die Krankenkasse die Zuzahlungsbefreiung für Rentner und andere Versicherte, so erfolgt dies unter Vorbehalt des Widerrufsrechts. Denn die genaue Belastungsgrenze lässt sich erst am letzten Tag eines Kalenderjahres bestimmen. Es besteht also die Möglichkeit, dass es am Ende des Jahres noch eine Rückerstattung gibt. 

Kann die Zuzahlungsbefreiung rückwirkend beantragt werden?

Den Antrag auf eine Befreiung von den gesetzlichen Zuzahlungen können alle Versicherten bis zu vier Jahre rückwirkend stellen.