WEG 2015: 3 wichtige Urteile zur Sonder- und Gemeinschaftsnutzung
In der Teilungserklärung kann die Eigentümergemeinschaft über Sonder- und Gemeinschaftsnutzung bestimmen. Einige Bestimmungen können jedoch verwirken und ein Beschluss der WEG ist nicht immer rechtmäßig. 3 Urteile erläutern wichtige Neuerungen für 2015.
1. Eigentümergemeinschaft kann Nutzung von Gemeinschaftsfläche regeln
Eigentümergemeinschaften sind berechtigt, den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums zu reglementieren. Was ein zulässiger Gebrauch ist, kann gem. § 15 Abs. 2 WEG durch Mehrheitsbeschluss festgelegt werden. Dies stellte das Landgericht Itzehoe im Mai 2014 klar.
Nach der Teilungserklärung einer Eigentümergemeinschaft war sämtlichen Wohnungseigentümern ein Sondernutzungsrecht an einem der auf dem Grundstück befindlichen Stellplätze zugewiesen. Die Stellplätze waren durch einen Carport überdacht. Vor den Stellflächen befand sich eine ca. 8,50 m breite gepflasterte Zufahrtsfläche.
Nach der Teilungserklärung war jeder Wohnungseigentümer berechtigt das gemeinschaftliche Eigentum in der Weise zu nutzen, dass die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigt werden.
Auf einer Eigentümerversammlung beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass außerhalb der laut Teilungserklärung zugewiesenen Carport-Stellplätze das Parken ab sofort verboten sein sollte.
Falschparker sollten zukünftig kostenpflichtig abgeschleppt werden. Lediglich kurzes Anhalten zum Be- und Entladen, sowie rücksichtsvolles Parken von Handwerkern und dem Gärtner sollte zukünftig in diesem Bereich erlaubt sein.
Anfechtung des Parkverbots
Ein Wohnungseigentümer reichte gegen den Beschluss eine Anfechtungsklage ein. Die Stellplätze des klagenden Wohnungseigentümers waren nebeneinander angeordnet. In der Vergangenheit kam es vor, dass der Wohnungseigentümer oder seine Gäste ein weiteres Fahrzeug quer vor diesen beiden Stellflächen parkten.
Ohne Erfolg! Nach Ansicht des Gerichts war der angefochtene Beschluss nicht wegen einer Abweichung von der Teilungserklärung rechtswidrig. §§ 13 Abs. 2, 14 Nr. 1 WEG räumen Eigentümergemeinschaften das Recht ein, den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums zu reglementieren.
Was ein zulässiger Gebrauch ist, kann gem. § 15 Abs. 2 WEG durch Mehrheitsbeschluss festgelegt werden. Nach den räumlichen Verhältnissen, wie sie durch Fotografien und einen Lageplan belegt wurden, war es zulässig, dass die Eigentümergemeinschaft eine Nutzung des Grundstücks zum Parken außerhalb der den Wohnungseigentümern zugewiesenen Stellflächen beschränkte.
Es war zulässig, dort das Parken ab sofort zu verbieten und Falschparker zukünftig kostenpflichtig abzuschleppen. Dass lediglich kurzes Anhalten zum Be- und Entladen und diese Bereiche zukünftig ausschließlich als Stellplatz für Besucher vorgesehen sein sollten, war zulässig (LG Itzehoe, Urteil v. 28.05.14, Az. 11 S 58/13).
2. Ein Sondernutzungsrecht kann verwirken
Eine der Teilungserklärung widersprechende Nutzung einer Gemeinschaftsfläche an der ein Sondernutzungsrecht besteht, kann zur Verwirkung des Sondernutzungsrechts führen. Dies entschied das Landgericht Hamburg im Juli 2014.
In einer Eigentümergemeinschaft war Streit über ein Sondernutzungsrecht entstanden. Gemäß der Teilungserklärung bestand an der Gartenfläche hinsichtlich einzelner Anteile jeweils ein Sondernutzungsrecht zu Gunsten einzelner Wohnungseigentümer.
Zwei der Wohnungseigentümer hatten ihre Sondernutzungsflächen entgegen der Regelung in der Teilungserklärung zu Ungunsten eines anderen Wohnungseigentümers ausgedehnt, Bäume angepflanzt und rechtswidrig Grenzsteine gesetzt. Jahrelang unternahm der betroffene Wohnungseigentümer hiergegen nichts. Später verkaufte er sein Wohnungseigentum.
Forderung zur Herausgabe des benachteiligten WEG-Mitglieds
Als der neue Eigentümer von der nachteiligen Grenzverschiebung erfuhr und erkannte, dass der Bereich des seiner Eigentumswohnung zugeordneten gesondert nutzbaren Gemeinschaftseigentums größer ist, forderte er die ihn beeinträchtigenden Wohnungseigentümer zur Herausgabe auf. Diese Wohnungseigentümer weigerten sich jedoch und beriefen sich auf Verwirkung des Herausgabeanspruchs.
Das Landgericht Hamburg entschied den Rechtsstreit zu Ungunsten des klagenden Wohnungseigentümers. Zwar war das Sondernutzungsrecht nicht durch abweichende Vereinbarung erloschen.
Der Anspruch auf Herausgabe und Räumung war jedoch inzwischen verwirkt. Eine über Jahre gelebte, von der Teilungserklärung abweichende Nutzung eines Sondernutzungsrechts führt dazu, dass die Ansprüche aus dem Sondernutzungsrecht nicht mehr durchgesetzt werden können.
Dem alten Eigentümer war die von der Teilungserklärung abweichende Nutzung der Sondernutzungsfläche von Anfang an bekannt. Er hatte die abweichende Nutzung über einen langen Zeitraum hinweg widerspruchslos hingenommen. Dies musste sich der neue Eigentümer zurechnen lassen (LG Hamburg, Urteil v. 09.07.14, Az. 318 S 120/13).
3. Sondernutzungsrecht kann nicht per Beschluss bestellt werden
Dass Wohnungseigentümer nicht per Mehrheitsbeschluss ein Sondernutzungsrecht einräumen können, entschied das Landgericht Hamburg im April 2014. Auch Beschlüsse die vor über 30 Jahren gefasst wurden, sind nicht wirksam.
Ein Wohnungseigentümer der später durch Kauf seiner Eigentumswohnung in die Eigentümergemeinschaft eingetreten war, hatte einen anderen Wohnungseigentümer auf Freigabe des von ihm genutzten Kellerraums verklagt. Der verklagte Wohnungseigentümer hatte seine Eigentumswohnung in den 1980er Jahren gekauft. An dem laut Kaufvertrag mitverkauften Kellerraum war 1978 nur ein Sondernutzungsrecht per Mehrheitsbeschluss eingeräumt worden.
Herausgabe des Kellerraums – nach wie vor Gemeinschaftseigentum
Das angerufene Gericht entschied, dass der verklagte Wohnungseigentümer den Kellerraum herausgeben musste. Bei dem Kellerraum handelte es sich nach wie vor um Gemeinschaftseigentum. Der Eigentümer hatte kein wirksames Sondernutzungsrecht erworben. 1978 war das Sondernutzungsrecht per Beschluss nicht wirksam eingeräumt worden, denn die Eigentümergemeinschaft konnte hierüber keinen Mehrheitsbeschluss fassen.
Die frühere Diskussion in der Rechtsprechung, dass Sondernutzungsrechte durch einen rechtswidrigen unangefochtenen Mehrheitsbeschluss begründet werden können, hat der Bundesgerichtshof durch seine Rechtssprechung zu „Zitterbeschlüssen“ beendet.
Selbst wenn eine allstimmige Vereinbarung der Wohnungseigentümer vorgelegen hätte, wäre diese nicht verbindlich, weil die Einräumung des Sondereigentums dann im Grundbuch hätte eingetragen werden müssen. Denn nur so wäre die Regelung für einen späteren Käufer einer betroffenen Eigentumswohnung verbindlich gewesen (LG Hamburg, Urteil v. 09.04.14, Az. 318 S 117/13).