Sonderkündigungsrecht: 2 Fälle aus der Praxis
Vermieter und Mieter wissen: Es gibt Sonderkündigungsrechte. Diese stehen einem Vermieter beispielsweise bei Eigenbedarf und auch in einem selbstbewohnten Zweifamilienhaus zu. Jedoch ist der Ausgang eines Rechtsstreits nicht immer von vornherein klar.
1. Sonderkündigungsrecht im selbstbewohnten Zweifamilienhaus
Viele Mieter wissen es nicht und Vermieter vergessen es gelegentlich. Lebt man als Vermieter in einem Zweifamilienhaus und vermietet die andere Wohnung, hat der Mieter keinen Kündigungsschutz mit Ausnahme einer verlängerten Kündigungsfrist. Vermieter benötigen für den Fall der Kündigung also keinen Kündigungsgrund, wie beispielsweise Eigenbedarf.
In dem Fall des Bundesgerichtshofs ging es um die Frage, ob ein Zweifamilienhaus oder Dreifamilienhaus vorlag (Urteil vom 18.02.2015, Az.: VIII ZR 127/14). Der Vermieter wohnt im Erdgeschoss, die Dachgeschosswohnung war vermietet.
Allerdings gab es im Dachgeschoss ein weiteres kleines Apartment. Dieses war ursprünglich vermietet und im Anschluss an die letzte Vermietung nutzte der Eigentümer es als Arbeitszimmer. In den letzten Jahren war es an das vom Vermieter betriebene Unternehmen vermietet.
In diesem Fall sagten die Richter, dass eindeutig kein Zweifamilienhaus vorliegen würde, sondern ein Gebäude mit drei selbständigen Wohneinheiten. Damit war der für Vermieter sehr günstige Ausnahmetatbestand des Zweifamilienhauses nicht mehr gegeben. Für eine Kündigung musste der Vermieter einen Grund nachweisen – ein sehr schwieriges Unterfangen!
Also: Vorsicht, wenn Sie aus einem Zweifamilienhaus ein Dreifamilienhaus durch Umbaumaßnahmen, Anbaumaßnahmen oder Umgestaltungen vornehmen!
2. Eigenbedarfskündigung: erst Vertrag dann Kündigung
Vorsichtig sollten Vermieter immer dann sein, wenn sie einen Mietvertrag abschließen und bereits bei Vertragsabschluss wissen, dass sie die Wohnung später einmal für andere Zwecke benötigen. Denn das könnte eine Eigenbedarfskündigung ausschließen. In diesem neuen Fall des Bundesgerichtshofs hat der Vermieter einmal richtig Glück gehabt (Urteil vom 04.02.2015, Az.: VIII ZR 154/14).
Etwa zwei Jahre nach der Anmietung einer Wohnung erhielt die Mieterin die Eigenbedarfskündigung. Diese Kündigung akzeptierte die Mieterin aber nicht, da für sie klar war, dass der Eigenbedarf bereits bei Abschluss des Mietverhältnisses vorhersehbar gewesen sei.
Der Vermieter hingegen trug vor, dass seine Tochter aus Australien nach Deutschland zurückkehren würde und eine Arbeitsstelle in Frankfurt annehmen will. Zeitgleich möchte sie ein berufsbegleitendes Studium in Mannheim antreten. Daher würde er die Wohnung für seine Tochter, also für eine Familienangehörige, benötigen und der Eigenbedarfsgrund sei gegeben.
Der Bundesgerichtshof hat hier kein rechtsmissbräuchliches Verhalten gesehen. Denn der Vermieter war bei Abschluss des Mietvertrags nicht entschlossen, Eigenbedarf bald geltend zu machen. Er hatte solches Vorgehen noch nicht einmal ernsthaft in Betracht gezogen. Erst durch den Entschluss der Tochter, in Frankfurt zu arbeiten, fasste er den Entschluss, die Kündigung auszusprechen.
Fazit: Der Vermieter hat hier sehr großes Glück gehabt. Der Fall zeigt aber auch, dass der Vermieter, wenn tatsächlich Gründe für eine Eigenbedarfskündigung nach Abschluss des Mietverhältnisses entstehen und nicht vorhersehbar waren, auf diese Gründe zurückgreifen kann.