Aktiengesellschaft gründen – warum nicht?

Inhaltsverzeichnis

Wer bei der Rechtsform Aktiengesellschaft nur an große Konzerne denkt, liegt falsch: Sie können auch ein mittelständisches oder kleines Unternehmen als AG führen – und damit eine ganze Reihe von Vorteilen nutzen.

Kleine AG: Gewinnverteilung wie bei den Großen

Denn auch als mittelständischer Unternehmer können Sie finanzieren wie die Großen. Sofern Sie für Ihr Unternehmen die Rechtsform der AG wählen, sind Sie eher in der Lage, die Blockadebildung der Banken, die sich zunehmend beim Firmenkreditgeschäft verweigern, zu brechen.

Mit der Rechtsform der AG eröffnen Sie sich sogar den Zugang zur Börse.

Erweitern Sie Ihre Finanzierungsbasis

Die „kleine Aktiengesellschaft“ ist eine für mittelständische Unternehmen geeignete Rechtsform, die Ihnen die Möglichkeit gibt, Ihr Unternehmen von einer einseitigen Bankfinanzierung abzukoppeln. Allein die Rechtsform AG verbessert Ihre Bonität und erweitert somit Ihre Finanzierungsmöglichkeiten.

Die kleine AG ist kein neuer Rechtsform-Typus. Für Firmen mit überschaubarem Gesellschafterkreis wird über die Rechtsform der kleinen AG eine der GmbH ähnliche und mit den Vorzügen der AG ausgestattete Gesellschaftsform angeboten.

Welche besonderen Vorteile diese Rechtsform bietet

Auch wenn Sie nicht an die Börse gehen, können Sie sich durch die Ausgabe neuer Aktien Eigenkapital beschaffen.

Neben den bereits genannten Vorteilen liegt ein weiterer in der Unabhängigkeit des Vorstands, der stets ohne lästiges Reinreden der Gesellschafter seine Führungsrolle wahrnehmen und seine Vorstellungen verwirklichen kann. Ebenso bietet die AG eine unkomplizierte Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung. So können Sie Arbeitnehmer langfristig an Ihr Unternehmen binden und motivieren.

Inhaber-Aktien können Sie beliebig an Dritte übertragen. Eine notarielle Beurkundung – wie bei der Übertragung eines GmbH- Anteils – ist nicht erforderlich.

Außerdem können Sie mit dieser Gesellschaftsform ein Problem ganz geschickt mit erledigen: den Unternehmensübergang auf die nächste Generation.

Da niemand gerne darüber nachdenkt, haben viele Mittelständler nicht testamentarisch vorgesorgt. Sie bedenken nicht, dass der Tod des OHG- oder KG-Gesellschafters auch das Ende der Gesellschaft bedeuten kann. Erben können durch Geltendmachung von Erb- und Abfindungsansprüchen die Gesellschaft in den Ruin treiben.

Ganz anders in der AG. Hier können die Erben nicht die Auflösung der Gesellschaft betreiben, sondern sie können nur ihre eigenen Aktien verkaufen.

Bevor Sie sich mit dem Weg in die AG beschäftigen, sollten Sie sich jedoch einen ersten Überblick über diese Rechtsform verschaffen.

So legen Sie den Grundstein für Ihre AG

Für die Gründung einer AG müssen festgelegte Schritte in einer bestimmten Reihenfolge befolgt werden.

Vor einem Notar stellen die Firmengründer – eine oder mehrere geschäftsfähige Personen – im ersten Schritt durch notarielle Beurkundung die Satzung fest.

Können Sie als Gründer diesen Termin nicht wahrnehmen, können Sie sowohl einem Mitgründer – wenn Sie nicht allein die AG gründen – als auch einem Dritten die Vollmacht dazu erteilen. Diese Vollmacht müssen Sie aber notariell beglaubigen lassen.

Sodann übernehmen der/die Gründer die Aktien gegen Bar- oder Sacheinlagen. Haben die Gründer alle Aktien übernommen, ist die AG errichtet. Das heißt aber nicht, dass sie als solche rechtlich schon besteht.

Die AG muss nach Bestellung von Vorstand und Aufsichtsrat und der eventuellen Durchführung der Gründungsprüfung zusätzlich noch zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet und durch das Handelsregister des Amtsgerichts nach entsprechender Prüfung eingetragen werden.

Erst danach ist die AG im Rechtssinne existent. Sodann muss die Gesellschaft noch bekannt gemacht werden.

Die Satzung der AG

Bei einer AG spricht man nicht vom Gesellschaftsvertrag, sondern von der Satzung. An deren Feststellung können sich eine oder mehrere Personen beteiligen, und sie muss notariell beurkundet werden. Die Satzung muss folgende Mindestangaben enthalten:

  • Die Gründer,
  • den Nennbetrag der Aktien, die Zahl der Stückaktien, den Ausgabebetrag und bei mehreren Aktiengattungen die Gattung, die jeder Gründer übernimmt,
  • Firma und Sitz der Gesellschaft,
  • Unternehmensgegenstand,
  • Höhe des Grundkapitals,
  • bei Nennbetragsaktien den Nennbetrag und die Zahl der Aktien jeden Nennbetrags, bei Stückaktien deren Anzahl,
  • Angaben, ob Inhaber- oder Namensaktien ausgestellt werden,
  • Anzahl der Vorstandsmitglieder,
  • Bestimmungen über die Form der Bekanntmachung (Bundesanzeiger oder Tageszeitungen).

Den Gesellschaftsgläubigern haftet nur das Gesellschaftsvermögen. Vor der Eintragung ins Handelsregister haften die Gründer persönlich, nach der Eintragung nicht mehr. Die Aktionäre sind nur zur Leistung ihrer Einlagen verpflichtet. Von dieser Einlagenverpflichtung können die Aktionäre nicht befreit werden, brauchen aber bei Verlust oder Insolvenz auch keine Nachschüsse zu leisten.

Die Gewinnanteile der Aktionäre bestimmen sich nach dem Verhältnis ihrer jeweiligen Aktiennennbeträge am Grundkapital. Die Satzung kann eine abweichende Gewinnverteilung festschreiben. Für die kleine AG gelten Ausschüttungserleichterungen.

Die kleine AG ist eine vorteilhafte Rechtsform im Hinblick auf Basel II

GmbH, KG oder Einzelfirma sind zwar nicht out, aber viele Mittelständler stoßen spätestens bei der Kapitalbeschaffung mit diesen Rechtsformen an ihre Grenzen.

Mehr zum Thema: Wie viel Eigenkapital in das Unternehmen stecken?

Denn bei der Finanzierung führt die massive Verschärfung des §18 KWG dazu, dass die Banken wegen neuer Ratingvorgaben den Mittelstand nicht mehr wie gewohnt bedienen können. Für viele Unternehmen hat dies zur Folge, sich das notwendige Kapital zur Finanzierung weiteren Wachstums anderweitig beschaffen zu müssen.

Hier bietet die kleine AG Abhilfe

Diese Rechtsform hat den großen Vorteil, sich fast unbegrenzt auf dem organisierten Eigenkapitalmarkt bedienen zu können. Auch für die „kleine“, nicht börsennotierte AG gibt es auf Grund der leichten Übertragbarkeit von Aktien die Möglichkeit, neue Aktionäre aufzunehmen und damit die Eigenkapitalbasis zu stärken.

Diese Möglichkeiten bleiben anderen Gesellschaftsformen verwehrt. Durch die Ausgabe neuer Aktien kann Eigenkapital beschafft werden. Das macht die kleine AG kreditunabhängiger.

Um die Aktien erfolgreich zu vermarkten, stehen Profis Gewehr bei Fuß. Vielleicht lohnt sich die Überlegung, das Marketing einem Spezialisten zu überlassen, beispielsweise einem Finanzmakler oder einer Finanzmarketingagentur.

Vorteile bei der Nachfolgeregelung

Hat der Unternehmer keine Vorsorge für die Zukunft getroffen, sprich noch keine Nachfolgeregelung geplant, wirkt sich dieses Versäumnis beim Rating negativ aus. Denn wenn kein Nachfolger in absehbarer Zeit in Sicht ist, besteht die Gefahr des Unternehmensuntergangs beim Tod des derzeitigen Inhabers. Noch nicht zurückgezahlte Kredite kann die Bank unter Umständen ganz oder teilweise abschreiben. Ist aber ein Nachfolger in Sicht, hält sie sich an diesen.

Das Problem Nachfolgeregelung stellt sich insbesondere bei Familiengesellschaften. Denn die Regelung der Unternehmensnachfolge erfordert gerade in Unternehmen, in denen kein geeigneter Nachfolger da ist oder kein Familienmitglied die Unternehmensnachfolge antreten möchte, eine konstruktive und für alle Seiten einvernehmliche Lösung.

Und genau da zeigen sich die Vorteile der kleinen AG. Ist kein Nachfolger da, kann infolge der Trennung von Eigenkapital und Management ein fremder Vorstand eingestellt werden, der nach eigenem Gutdünken handeln kann, das heißt, er ist den einzelnen Aktionären gegenüber nicht weisungsgebunden. Diese Tatsache erleichtert die Einstellung hoch qualifizierter Unternehmensleiter.

Bei einer Nachfolgeregelung spielen zumeist auch psychologische Probleme eine Rolle. Der Senior hat oft das Gefühl, über Nacht seiner Aufgaben und Verantwortung entbunden zu sein. Da kann die kleine AG Abhilfe schaffen, weil das Unternehmen fließend in andere Hände übertragen werden kann.

So zeigt die Praxis, dass es in der Mehrzahl der Fälle gewollt ist, die Aktienpakete nicht auf einmal, sondern in gestaffelten Teilpaketen zu übertragen. Dann können sich sowohl Seniorunternehmer als auch Nachfolger besser auf die Situation einstellen. So kann zum Beispiel folgende Staffelung ratsam sein:

Zu Beginn der Nachfolge wird eine jährliche Übergabe von 5% der Aktien vereinbart. Innerhalb der ersten beiden Jahre wird sich zeigen, ob der designierte Nachfolger den Aufgaben gewachsen ist. Ist das der Fall, können in den Folgejahren jährlich 10 bis 20% der Aktien übertragen werden. So kann der Nachfolger mit der steigenden Aktienübernahme an seiner Aufgabe wachsen.

Außerdem hat diese Lösung einen weiteren Vorteil: Der Senior gibt die Verantwortung langsam aus der Hand, und der Nachfolger kann bei einer schrittweisen Übergabe die zu zahlende Summe leichter finanzieren.

Weiterer Vorteil: Mitarbeiterbeteiligung

Die Vision: Jeder Mitarbeiter ist auch Aktionär des Unternehmens. Das ist keine Utopie, sondern bei der kleinen AG möglich. Durch Aktienübertragungen auf Mitarbeiter werden diese Teilhaber des Unternehmens und können unmittelbar am Unternehmenserfolg mitwirken.

Dies hat in aller Regel eine Minimierung der Fluktuation und eine höhere Produktivität und damit eine bessere Wettbewerbsfähigkeit zur Folge. Auch diese Tatsache wird positiv beim Rating berücksichtigt.

Und noch ein Vorteil: Eingeschränkte Publizitätspflicht

Ein besonderer Vorteil der kleinen AG ist die eingeschränkte Publizitätspflicht. Es genügt, die Bilanz ohne Gewinn- und Verlustrechnung beim zuständigen Handelsregister zu hinterlegen.

Eine Mitbestimmungspflicht der Arbeitnehmer sieht das Aktiengesetz für Aktiengesellschaften unter 500 Arbeitnehmern nicht vor. Genauso profitieren die Aktionäre von der geringeren Insolvenzquote im Vergleich zu anderen Gesellschaftsformen. Das Unternehmen ist auch dadurch bei Banken kreditwürdiger.

Bei der richtigen Entscheidung bleiben Sie Herr Ihrer AG

Die Vorteile, die Ihnen die kleine AG bietet, werden möglicherweise von der leidigen Frage eines eventuell schwindenden Einflusses auf Ihr Unternehmen überschattet.

Vielleicht haben Sie die Vorstellung: „Wenn ich erst einmal Fremdaktionäre habe, kann ich von diesen aufs Abstellgleis gedrängt werden. Dann habe ich in meinem Unternehmen nichts mehr zu melden. Das mache ich nicht mit.“

So denken sicherlich viele Einzelunternehmer und Personengesellschafter, die den Schritt in die AG wegen des befürchteten schwindenden Einflusses bisher nicht vollzogen haben.

Doch diese Angst ist unbegründet. Wenn Sie die Weichen richtig stellen, sprich, die „richtigen“ Aktien ausgeben, brauchen Sie sich um den schwindenden Einfluss keine Gedanken zu machen. Sie können durch die Ausgabe neuer Aktien Eigenkapital beschaffen und dennoch das Sagen behalten.

Wenn beispielsweise nahezu drei Viertel des Grundkapitals in fremde Hände gegangen sind, können Sie dennoch Herr Ihres Unternehmens bleiben. Das Aktiengesetz erlaubt die Ausgabe verschiedener Aktiengattungen.

Und so sichern Sie Ihre Stimmenmehrheit

Das Aktiengesetz erlaubt die Ausgabe zweier Aktiengattungen bis zur Parität, nämlich die Ausgabe von Stammaktien und die Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. Deshalb reicht es aus, 25% plus eine Aktie sämtlicher Stammaktien in der Familie zu behalten, um das Unternehmen zu beherrschen.

Sie sollten aber bedenken, dass Sie Vorzugsaktien ohne Stimmrecht nicht in unbegrenztem Ausmaß ausgeben können. Das Aktiengesetz hat die Ausgabe von Vorzugsaktien auf maximal 50 Prozent des Grundkapitals begrenzt. Im Extremfall steht also jeder Stammaktie eine Vorzugsaktie gegenüber.

Wenn Sie das Grundkapital Ihrer AG beispielsweise in 500 Stammaktien zu 50 €, die stimmberechtigt sind, und in 500 Vorzugsaktien, die nicht stimmberechtigt sind, aufteilen, verfügen die Stammaktionäre, wenn sie 375 Stammaktien halten, über 75% der stimmberechtigten Aktien (375 von 500 = 75%).

Ist das der Fall, das heißt, werden Vorzugsaktien ohne Stimmrecht in größtmöglichem Umfang ausgegeben, so verfügen die Altgesellschafter mit einer Kapitalbeteiligung von 37,5% immer noch über eine Dreiviertel-Mehrheit der Stimmen. Diese Relation öffnet für Sie erhebliche Finanzierungsspielräume.

Beispiel: Wie Sie Stammaktien und Vorzugsaktien kombinieren können

Das Grundkapital der X-AG beträgt 5 Mio €. Es wird gehalten zu 75% von Familie Reuter und zu 25% von Fremdaktionären. Im Zuge einer Kapitalerhöhung wird das Grundkapital auf 10 Mio. € aufgestockt.

Würden Stammaktien ausgegeben, so wäre Familie Reuter nur noch zu 37,5% beteiligt. Die Fremdaktionäre hätten das Sagen.

Anders aber bei der Ausgabe von stimmrechtslosen Vorzugsaktien. Hier ist Familie Reuter zwar auch nur mit 37,5% beteiligt. Aber sie hält nach wie vor 75% der Stammaktien, die das Stimmrecht gewähren. Familie Reuter bleibt nach wie vor Herr des Unternehmens.

Das Stimmrecht wird den Vorzugsaktionären abgekauft

Sie sollten allerdings beachten, dass Sie bei der Dividendenzahlung die Vorzugsaktionäre zuerst und bevorzugt behandeln müssen.

Erstens werden den Vorzugsaktionären in aller Regel höhere Dividenden gezahlt, und zweitens gehen die Stammaktionäre leer aus, wenn der Bilanzgewinn nach der bevorzugten Auszahlung an die Vorzugsaktionäre verbraucht ist.

Diese Bevorzugung erkaufen sich die Vorzugsaktionäre durch einen Stimmrechtsausschluss. Das Stimmrecht lebt aber wieder auf, wenn die Dividende ausfällt und auch im Folgejahr nicht nachgezahlt wird.

Beachtenswertes bei der Ausgabe von Stammaktien

Mit der Ausgabe von Stammaktien signalisieren die Altgesellschafter, dass sie bereit sind, künftig die Macht in ihrem Unternehmen zu teilen. Sie schaffen zwar dadurch Vertrauen bei den Anlegern, müssen allerdings zur Erhaltung ihrer Mehrheitsposition mindestens 50% plus 1 Aktie der Stammaktien halten.

Mehr zum Thema: Als Anleger Vorzugs- oder Stammaktien kaufen?

Aber damit nicht genug. Sie müssen auch bei künftigen Kapitalerhöhungen mitziehen, um nicht die Mehrheit zu verlieren. Können sie bei einer Kapitalerhöhung nicht mithalten, werden sie von den Fremdaktionären „überflügelt“, was einem Abschieben auf das Abstellgleis gleichkommt.

Wenn Sie sich also auch künftig Ihren Einfluss sichern wollen, kommt die Ausgabe von Stammaktien bei Kapitalerhöhungen für Sie nicht in Betracht.

Checkliste: Vorteile der kleinen AG

  • Erweiterung der Finanzierungsbasis
  • Unabhängigkeit von Banken und sonstigen Kreditgebern
  • Erleichterte Kapitalbeschaffung für Expansionspläne
  • Unabhängigkeit des Vorstands
  • Erleichterung des Generationenwechsels
  • Mitarbeiterbeteiligung am Kapital
  • Bessere Ratingeinstufung
  • Leichtere Rekrutierung eines qualifizierten Managements
  • Leichte Anteilsübertragung (kein Notar erforderlich)
  • Sicherung des Stimmrechts durch Ausgabe von Vorzugsaktien