Vanille-Preis: Gewürz ist nun wertvoller als Silber
Neben Aktien und Anleihen sind Rohstoffe ein spannendes Feld für Investments. Abgesehen von Gold, Silber oder Kupfer können Agrarrohstoffe außergewöhnliche Chancen bieten.
Diese Soft Commodities umfassen so ziemlich alles, was im täglichen Leben konsumiert wird: von Weizen, Mais oder Zucker über Kaffee und Kakao bis zu Sojabohnen oder Gewürzen werden landwirtschaftliche Produkte über Futures an den Börsen gehandelt.
Vanille-Preis ums 30-Fache gestiegen
Wenn besondere Umstände wie schlechtes Wetter die Ernte verhageln, schießen die Preise teils exorbitant in die Höhe. Der jüngste Renner ist Vanille. Der Preis für die Bourbon-Vanille stieg zeitweise auf über 600 US-$. Damit ist das Gewürz wertvoller als ein Kilo Silber, das weniger als 550 US-$ kostet. Der Lebensmittelkonzern Nestlé etwa verkauft Vanilleeis nun um 2,5 % teurer.
Der Vanille-Preis geht schon seit fünf Jahren steil nach oben. 2012 lag er noch bei rund 20 US-$. Auch in naher Zukunft dürfte der Preis für Vanille nicht unter 400 US-$ sinken. Die Entwicklung hat mehrere Gründe.
Gleich ob Kuchen, Kekse, Körperpflege, die Verbraucher achten seit Jahren zunehmend auf natürliche anstelle der meist verwendeten künstlichen Aromastoffe. Die gestiegene Nachfrage schlägt sich im Preis nieder. Zudem sind die Anbaugebiete für die besonders begehrte Sorte der Bourbon-Vanille auf Madagaskar, La Réunion und die Komoren beschränkt.
Obendrein wurde Madagaskar im März vom Zyklon „Enawo“ heimgesucht, der weite Flächen verwüstete und die Ernte erheblich beeinträchtigte. Die Insel vor der ostafrikanischen Küste deckt ca. 80 % des Weltbedarfs. Damit bestimmt Madagaskar den Vanille-Preis.
Mdax-Konzern an vorderster Front
Wenn also zur höheren Nachfrage bei begrenztem Angebot ein verheerendes Naturereignis kommt, sind Preisauftriebe wie bei Vanille kein Wunder. Die wiederum sorgen für vermehrten Erntediebstahl, weshalb viele Bauern vorsorglich sehr früh mit der Ernte beginnen – eigentlich zu früh.
Zur Größenordnung: Exportiert werden jährlich bis zu 2.000 Tonnen aufbereiteter Vanille. Vorab greifen häufig windige Zwischenhändler das Geschäft ab. Einer der weltweit größten Hersteller von Duft- und Aromastoffen ist deshalb vor Ort: Symrise, das im Mdax gelistete Unternehmen aus Minden verarbeitet gut 10 % der angebauten Menge direkt auf Madagaskar.
Den Bestand hält es unter anderem durch faire Konditionen und Förderprogramme, die feste Verbindungen zu den örtlichen Herstellern schaffen. Das Konzept zahlt sich aus. Symrise gehört zu den Profiteueren des anhaltenden Trends zu natürlicher Vanille.
Die Aktie konnte in den vergangenen drei Monaten um über 10 % zulegen. Auf Zehnjahressicht sogar um 224 %. Anleger können sich über eine jährlich steigende Dividende freuen. Zu den Kunden von Symrise gehören namhafte Konzerne wie Beiersdorf, Coca-Cola, Danone, Nestlé, PepsiCo oder Unilever.
Schwieriges Investment
Mittelfristig dürfte der Preis für Vanille wieder nachgeben. Da neue Anbieter in Indien oder Uganda die Preissituation nutzen und mit eigenem Anbau beginnen, wird sich das Angebot ausweiten. Wer als Privatanleger in Soft Commodities investieren will, greift in der Regel auf CFDs, Zertifikate oder ETCs zurück, die aber meist eine Reihe verschiedener Produkte abbilden. Für Vanille allein gibt es so gut wie kein Angebot. Und direkte Kontrakte sind Großinvestoren oder Hedgefonds vorbehalten.
An der Stelle taucht natürlich die Frage auf, inwiefern derartige Investments ethisch vertretbar sind. Die verbreitete Kritik lautet: Die Spekulation treibt die Preise, drückt die kleinen Bauern und befördert die Hungersnot in der Welt. Andererseits sorgt der Handel für mehr Liquidität am Markt und verhindert Preiskapriolen, die ansonsten durch wenige Spekulanten verursacht werden.
Was die Sache für Anleger viel mehr beeinträchtigt, sind die Nebeneffekte, die Investments auf Terminkontrakte mit sich bringen. Allen voran die Risiken, die im Zusammenspiel der örtlichen Währung der Hersteller mit dem US-Dollar entstehen. Zudem der Roll-Effekt, wenn auslaufende Kontrakte mit Transaktionskosten in neue übertragen werden. Sind die teurer, läuft man in eine Situation, die als Contango-Falle bezeichnet wird.