Zucker, Kaffee, Weizen – wenn das Wetter den Preis treibt
Gleich ob Mais, Baumwolle, Getreide oder Sojabohnen – wenn Agrarrohstoffe vom Klima abhängen und die Ernte mal besser, mal schlechter ausfällt, sind sie für Investoren alles andere als langweilig.
In fetten Jahren fallen die Preise mit dem Angebot, in mageren Zeiten steigen sie. Längst ist der Handel an den Warenterminbörsen nicht mehr nur Profis vorbehalten, die mit Future-Kontrakten agieren. Über Zertifikate, CFDs oder ETCs haben auch Privatanleger Zugang zur Welt der Soft Commodities.
Investments mit Tücken
Hinzu kommt: Sie scheinen auf Anhieb gut begreifbar. Wer zum Frühstück sein Weizenbrötchen mit Kaffee und einem Zuckerwürfel genießt und in der Zeitung über den Klimawandel liest, mag sich die Zusammenhänge jedoch etwas einfacher vorstellen als sie sind.
Natürlich werden auch Weizen, Kaffee und Zucker als Agrarrohstoffe vom Klima beeinflusst. Doch das Kalkül, dass mit zunehmender Trockenheit die Preise und somit automatisch die eigenen Renditen steigen, ist zu kurz gegriffen.
Das liegt zum einen an der spezifischen Dynamik von Rohstoff-Investments. So wie Öl oder Gold basieren sie auf Terminkontrakten, die auf einen bestimmten Preis in der Zukunft spekulieren.
Weil diese Kontrakte aber monatlich gestaffelte Laufzeiten haben, müssen sie in den jeweils nächsten verlängert werden, wobei der alte verkauft und der neue gekauft wird.
Das verursacht zum einen Transaktionskosten. Zum anderen entstehen „Rollverluste“, wenn der nächste Kontrakt bei gestiegenen Preisen entsprechend teuerer wird. Dieser Effekt nennt sich Contango-Falle.
Alternativ kann man kurzfristig agieren. Hierfür eigenen sich Zertifikate oder CFDs, mit denen man wahlweise auf steigende oder fallende Kurse setzen kann. Wer sich längerfristig orientiert, tut sich mit einem ETF auf einen bestimmten Agrarrohstoff-Index leichter, da der einfach nur abgebildet wird.
Agrarrohstoffe sind abhängig vom Klima
Unabhängig davon: Im Nachhinein lässt sich relativ einfach sehen, welche Agrarrohstoffe das Klima wie und wo beeinflusst hat – Beispiel Zucker: Nachdem der Weltmarktpreis seit 2011 im Sinkflug war, legte er ab Mitte 2015 bis heute kräftig zu.
Während in Indien, dem weltweit zweitgrößten Produzenten, extreme Trockenheit die Zuckerrohr-Ernte schwach ausfallen ließ, waren es beim größten Exporteur Brasilien Wetterturbulenzen mit Starkregen und Frost.
Umgekehrt kann eine Dürreperiode in Brasilien den Kaffeepreis in die Höhe treiben. Das Wetter ist trotz genereller Erderwärmung nicht linear vorhersehbar. Hinzu kommt das Wetterphänomen El Nino, das in Zyklen von zwei bis sieben Jahren vor der Pazifikküste Südamerikas auftritt und globale Auswirkungen hat.
Diese Verschiebung der Wassertemperatur kann Unwetter sowie extreme Dürre verursachen.
Letztes Jahr hatte El Nino besonders stark zugeschlagen. Immerhin wurde es von Meteorologen bereits im Sommer 2015 vorhergesehen. Sie gingen auch davon aus, dass etwa in Indien mit weniger Regen und in Südamerika mit Dauerregen zu rechnen sei. In Bezug auf die Zuckerernte und die Preise lagen sie somit richtig.
Neues El Nino macht Preissteigerungen wahrscheinlich
Abseits von El Nino sind längerfristige Vorhersagen jedoch schwierig. So überraschte zu Beginn dieses Jahres die ungewöhnliche Kälte in Südeuropa, Nordafrika oder dem vorderen Orient. In diesem Fall hätten sich auf Basis von Wettervorhersagen höchstens kurzfristige Spekulationen rentiert.
Wer mittelfristig denkt, kann die jüngste Frühwarnung der australischen Wetterbehörde ins Kalkül ziehen. Deren Klimamodelle zeigen einen Temperaturanstieg im tropischen Pazifik über die kommenden sechs Monate.
Ab Juni wird mit einem Schwellenwert gerechnet, der ein erneutes El Nino auslöst. Das US-Klimavorhersagezentrum geht von einer 60%igen Chance aus.
Die Auswirkungen dürften ähnlich ausfallen wie letztes Jahr, allerdings wesentlich weniger stark ausgeprägt. Von daher könnte etwa der Zuckerpreis weiterhin steigen. Allerdings: Die Chance, dass es anders kommt, liegt bei 40 %. Dagegen ist der Weizenpreis an Amerikas größter Warenterminbörse in Chicago bereits eingebrochen, weil die lange Trockenheit in den US-Plains ein Ende hat.
Insgesamt ist es trotz verbesserter Vorhersagen ein Risikospiel auf Agrarrohstoffe und Klimaeinflüsse zu spekulieren. Langfristig ist wegen der Klimaerwärmung mit mehr Wetterextremen zu rechnen, die sich tendenziell in weniger berechenbaren Ernten und höheren Preisen niederschlagen dürften.
Doch ist schwer abzusehen, inwiefern sich Anbaugebiete zum Teil verschieben und für Ausgleich sorgen. Für Privatanleger bleiben solche Spekulationen daher insgesamt zu risikoreich.