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Pac-Man-Abwehr im Übernahme-Geschäft: Die Macht des Geldes

Inhaltsverzeichnis

Im vorangegangenen Beitrag hatten wir Ihnen von der sogenannten Giftpille berichtet.

Sie haben erfahren, dass im Übernahme-Geschäft nicht immer ein Übernahme-Kandidat von den Avancen eines Bieters begeistert ist.

Außerdem hatten wir erklärt, was er unternehmen kann, um eine ungewollte Übernahme zu verhindern.

Neben den 3 verschiedenen Arten der Giftpille gibt es auch noch andere Abwehr-Strategien.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen nun die sogenannte „Pac-Man“-Verteidigung näher vorstellen.

Übernahme-Kandidat kontert feindlichen Vorstoß mit Gegen-Offerte aus

Bei der Pac-Man-Strategie, die vom Helden des gleichnamigen Computerspiels aus den 1980er-Jahren abgeleitet ist, wird der Jäger zum Gejagten.

Denn verwendet ein Übernahme-Kandidat diese Strategie, erfolgt ein Übernahme-Angebot an die Aktionäre des Unternehmens, das zuerst ein Angebot vorgelegt hat (also an den Bieter).

Im Übernahme-Geschäft gilt grundsätzlich: Groß frisst klein. Ein Konzern schnappt sich ein Ziel, um größer und effizienter zu werden oder um einen Konkurrenten auszuschalten.

Viele Großkonzerne sind so über die Jahre gewachsen. Bei der Pac-Man-Strategie ist es jedoch anders herum. Der (kleinere) Übernahme-Kandidat will dann plötzlich den Bieter schlucken.

Pac-Man-Strategie nur mit Hilfe der Banken möglich

Die Pac-Man-Strategie setzt voraus, dass der Übernahme-Kandidat eine Reihe von Geldgebern besitzt, die das Gegen-Angebot auch finanzieren würden. Im Normalfall ist nämlich der größere Bieter auch finanzstärker.

Dennoch ist ein Deal nicht unmöglich. Es wurden auch bereits mehrere Deals eingefädelt, bei denen der Käufer das kleinere Unternehmen war.

Dies waren zwar vornehmlich freundliche Deals, also gewollte Übernahmen, doch zeigen sie, dass nicht per Definition ein größeres Unternehmen ein kleineres übernimmt.

Bei der Pac-Man-Strategie als Abwehr einer ungewollten Übernahme geht es nicht selten auch nur  darum, den ungewollten Bieter zu verscheuchen.

Zieht der Bieter sein Angebot zurück, dann wird die selbst angedrohte Übernahme häufig auch fallengelassen.

Berühmtestes Pac-Man-Beispiel: Martin Marietta

Das bekannteste Beispiel einer erfolgreichen Abwehr mit Hilfe der Pac-Man-Strategie ist das US-Unternehmen Martin Marietta. 1982 erfolgte ein feindliches Übernahme-Angebot vom Konkurrenten Bendix.

Daraufhin verkaufte Marietta alle Geschäfts-Bereiche, die nicht zum Kern des Unternehmens gehörten, nahm sich die Unterstützung von Banken und machte seinerseits ein Übernahme-Angebot.

Martin Marietta überstand diese Übernahme-Schlacht und blieb ein eigenständiges Unternehmen. Bendix dagegen wurde später selbst Opfer einer Übernahme.

Pac-Man-Strategie im Einsatz: Rio Tinto verscheucht BHP Billiton

Auch in der Übernahme-Boomphase 2007 drohten Unternehmen, die mit einer feindlichen Übernahme konfrontiert wurden, mit der Pac-Man-Strategie.

So versuchte damals z. B. der australische Rohstoff-Gigant BHP Billliton, den Konkurrenten Rio Tinto feindlich zu übernehmen.

Als das Angebot auf wenig Gegenliebe stieß und Rio Tinto drohte, ein Gegen-Angebot abgeben zu wollen, zog sich BHP schnell wieder zurück.

Men´s Wearhouse nutzt Pac-Man-Strategie und übernimmt Jos A. Bank Clothiers

2014 wurde die Pac-Man-Strategie erfolgreich von dem amerikanischen Bekleidungs-Hhersteller Men´s Wearhouse genutzt.

Im Oktober 2013 versuchte der kleinere Rivale Jos A. Bank das Unternehmen zu übernehmen.

Men´s Wearhouse (MW) war alles andere als begeistert und legte kurze Zeit später die Pac-Man-typische Gegen-Offerte auf den Tisch.

Das wiederum gefiel Jos A. Bank (JAB) überhaupt nicht. JAB lehnte ab, ergriff Abwehr-Maßnahmen und kündigte an, unter Umständen die Offerte für MW anzuheben. Das gleiche machte auch MW.

Im Dezember dann, nachdem MW die Offerte für den einstigen Bieter ein 2. Mal aufgestockt hatte, kündigten die beiden Unternehmen an, dass sie eine Fusion prüfen.

Dass JAB den größeren Konkurrenten übernehmen würde, war zu dem Zeitpunkt bereits vom Tisch. Die Pac-Man-Verteidigung hat also einmal mehr funktioniert.

Anders als bei Rio Tinto und BHP Billiton, wurde diese Pac-Man-Strategie allerdings bis zum Ende durchgezogen. Men´s Wearhouse hat am Ende JAB übernommen.

Gewinner waren zu der Zeit die Aktionäre beider Lager, denn sowohl das JAB- als auch das MW-Papier stiegen um über 50%.

Erst Feind, dann Freund: Viele Übernahmen enden mit Einigung

Wenn Unternehmen nicht aufgekauft werden möchten, bietet sich gerade im anglo-amerikanischen Raum eine Reihe von Abwehr-Maßnahmen an, mit der ein Bieter verjagt werden kann.

In Deutschland dagegen ist die Gesetzlage anders. Viele Strategien, die in Amerika angewendet werden dürfen, sind hier verboten.

Als Hochtief plötzlich der feindlichen Übernahme-Offerte von ACS gegenüberstand, waren kaum Abwehr-Maßnahmen möglich. So fiel auch die kaum effiziente Stacheldraht-Abwehr von Hochtief in Wasser.

Glücklicherweise ist häufig der Einsatz von Abwehr-Maßnahmen ohnehin nicht notwendig.

In vielen Fällen mündet eine zunächst feindliche Übernahme nach Verhandlungen in eine freundliche Übernahme. Voraussetzung dafür ist lediglich ein angemessener Preis.