Unberechtigte Mietminderung: Vermieter müssen handeln

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Eins ist klar: Bestehen Mängel, ist der Mieter zur Mietminderung berechtigt und Vermieter haben keinen Anlass zur Kündigung. Geht der Mieter jedoch irrtümlich von einem Minderungsrecht aus, muss er seinen Irrtum selbst verantworten. Befindet sich der Mieter infolge der unberechtigten Minderung mit 2 Monatsmieten im Rückstand, kann ihm also fristlos gekündigt werden.

Risiken: Untätigkeit und Mietpreisbremse

Mindert der Mieter die Miete, ohne dass ein Mangel tatsächlich vorliegt, sollten Vermieter ihn sofort darauf hinweisen, dass man die Minderung nicht akzeptiert. Denn durch Schweigen können Vermieter ihr Kündigungsrecht möglicherweise verwirken (BGH, Urteil v. 04.02.04, Az. VIII ZR 171/03).

Ein weiteres Risiko für den Vermieter birgt die Mietpreisbremse. Der Mieter kann nämlich noch im Räumungsprozess nach der fristlosen Kündigung einwenden, die vereinbarte Miete liege über der zulässigen 10%-Grenze.

Kann er dies im Prozess beweisen, schuldet er insoweit gar keine Mietzahlung mehr. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass der für eine Kündigung notwendige Zahlungsrückstand nicht mehr erreicht wird. Die Kündigung wird in einem solchen Fall nachträglich der Boden entzogen und der Vermieter verliert den Prozess.

Dieses Risiko kann man verringern, indem man hilfsweise ordentlich kündigt und eine weitere Kündigung nachschiebt, wenn sich der Zahlungsrückstand des Mieters weiter erhöht hat. Für eine ordentliche Kündigung genügt nämlich bereits ein Rückstand von mehr als einer Monatsmiete.

Berechtigte Mietminderung bei falsch ausgewiesener Wohnfläche

Weicht die im Mietvertrag angegebene Wohnungsgröße um mehr als 10% von der tatsächlichen Fläche ab, ist der Mieter zur Mietminderung berechtigt. Ursache einer falschen Flächenangabe ist in der Praxis häufig, dass die Größen von Balkonen oder Terrassen fehlerhaft angerechnet werden.

Grundsätzlich können Vermieter im Mietvertrag frei vereinbaren, in welcher Weise Balkon oder Terrasse bei der Flächenermittlung berücksichtigt werden sollen. Enthält der Mietvertrag keine solchen Angaben, wenden die Gerichte die Wohnflächenverordnung (WoFlV) an (BGH, Urteil v. 22.04.09, Az. VIII ZR 86/08).

Danach darf man Balkone, Dachgärten und Terrassen in der Regel mit 25% der Grundfläche in die Wohnfläche einrechnen. Nur ausnahmsweise ist eine Berücksichtigung bis zu 50% möglich, wenn es sich um große und sehr attraktive Balkone oder Terrassen handelt mit Blick ins Grüne.

Im Zweifel Balkone nur mit 25% angeben

Will man Balkon oder Terrasse mit 50% der Grundfläche bei der Wohnfläche berücksichtigen, nimmt man dies in den Mietvertrag auf. Vermieter können eine kurze Begründung anfügen. Im Zweifel sind Vermieter auf der sicheren Seite, wenn sie Balkon- und Terrassenflächen nur zu 25% bei der Wohnfläche anrechnen.

Musterformulierung: „Der 8 m² große Südbalkon wird mit 50% seiner Fläche bei der Wohnfläche berücksichtigt.“

Bei Mietverträgen, die Vermieter bereits vor dem 01.01.2004 abgeschlossen haben, wird die Wohnfläche noch nach der Vorgängervorschrift, der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) ermittelt.

Bei diesen alten Mietverträgen können Vermieter die Flächen von Balkonen, Loggien, Dachgärten und gedeckten Freisitzen noch generell zu 50% in die Wohnfläche einrechnen, ohne dass es auf die Größe, Attraktivität und Nutzbarkeit im Einzelnen ankommt. Diese alten Mietverträge bleiben auch insoweit gültig.

Unberechtigte Mietminderung bei Lärm von neuem Bolzplatz

Bei langjährigen Mietverträgen kommt es immer wieder vor, dass im Lauf der Mietzeit der Geräuschpegel aus dem Wohnumfeld ansteigt. Mieter mindern dann schnell die Miete. Das brauchen Sie ab jetzt nicht mehr hinzunehmen (BGH, Urteil v. 29.04.15, Az. VIII ZR 197/14).

Im entschiedenen Fall wurde auf einem benachbarten Schulgelände ein Bolzplatz neu errichtet, auf dem abends noch Kinder oder Jugendliche lärmten.

Mieter dürfen nach dem jetzigen Urteil wegen solcher neu auftretenden Lärmbelästigungen aus der Nachbarschaft nicht mehr die Miete kürzen, wenn auch Sie als Vermieter und Grundstückseigentümer die zunehmende Geräuschbelästigung vom Nachbargrundstück entschädigungslos zu dulden haben.

Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Lärmstörung unwesentlich oder ortsüblich ist. Für Kinderlärm gilt hier eine besondere Duldungspflicht (§ 22 Abs. 1a Bundesimmissionsschutzgesetz), sogar dann, wenn der Mietvertrag bereits vor Inkrafttreten dieser gesetzlichen Regelung abgeschlossen wurde. Eine Mietminderung ist bei Kinderlärm in der Praxis kaum mehr möglich.