Optionsscheine: So einfach werden Kurse manipuliert
Immer mehr Anleger entscheiden sich für Optionen. Sie nehmen richtigerweise das Original, die Optionen, statt der schlechten Kopie, die Optionsscheine. Ein überzeugendes Argument dafür ist:
- Die Kurse von Optionsscheinen können von Banken manipuliert werden.
- Die Kurse von Optionen können nicht manipuliert werden.
Optionsscheine werden von Banken emittiert. Banken haben also zu bestimmten Zeiten ein handfestes Interessen an hohen Kursen (beim Verkauf an den Anleger) und an niedrigen Kursen (beim Rückkauf vom Anleger).
Optionen haben keine Emittenten. Sie werden an Terminbörsen gehandelt. Kauf- und Verkaufsangebot sorgen für faire Kurse. Es gibt niemanden, der Interesse an Kursmanipulationen hat.
So können Banken die Kurse von Optionsscheinen manipulieren
Kurzer Hintergrund: Die Volatilität ist ein Maß für die Schwankungen des Kursverlaufs einer Aktie oder eines Indexes. Die Angabe erfolgt in Prozent. An der Börse wird zwischen der historischen und der impliziten (zukünftig erwarteten) Volatilität unterschieden.
Implizite Volatilität ist wichtig für Kurse von Optionen
Mit Optionen und Optionsscheinen spekulieren Sie auf künftig steigende oder fallende Kurse der Basiswerte. Deshalb ist für diese Kurse die erwartete Volatilität des Basiswertes für die Zukunft, also die „implizite Volatilität“, wichtig.
Die implizite Volatilität lässt sich nicht errechnen
Diese zukünftige Volatilität kann von den Börsianern und Emittenten nur geschätzt werden. Je höher die implizite Volatilität eines Basiswertes, desto chancenreicher ist der Kauf einer Option oder eines Optionsscheins. Entsprechend werden sie teurer. Denn:
Je höher die Volatilität (also die erwartete Schwankungsbreite des Kurses), desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Option oder der Optionsschein während ihrer Laufzeit in den Gewinn laufen. Geht die Volatilität zurück, wird dies unwahrscheinlicher. Deshalb sinkt der Preis einer Option.
Also: Die implizite Volatilität ist wichtig für den Kurs einer Option und eines Optionsscheins.
Die implizite Volatilität wird bei Optionsscheinen von den Banken geschätzt. Dabei haben sie völlig freie Hand! Schätzen sie die implizite Volatilität hoch, wird der Optionsschein teuer (gut zum Verkauf an den Anleger). Schätzen die Emittenten die implizite Volatilität niedrig, wird der Optionsschein billiger (gut für den Rückkauf durch den Emittenten). Durch das freie Einsetzen der Variablen, der impliziten Volatilität, können die Emittenten mit den Kursen von Optionsscheinen machen, was sie wollen.
Mit der Schätzung der impliziten Volatilität können die Banken bei ihren Optionsscheinen die Kurse manipulieren, wie sie wollen
Das geht zum Beispiel folgendermaßen: Eine Bank emittiert einen neuen Optionsschein. Die implizite Volatilität wird von der Bank hoch geschätzt und eingepreist. Der Optionsschein ist teuer. Jetzt wird seitens der Anleger gekauft. Sind kurze Zeit später zum Beispiel 80% dieses Optionsscheins in Anlegerhand, sinkt „wie durch ein Wunder“ die implizite Volatilität drastisch. Der Preis des Optionsscheins fällt deutlich. Und die Bank steht für 80% dieser Papiere potenziell auf der Käuferseite zum billigen Rückkauf ihrer Produkte.
Keine Manipulation bei Optionen möglich
Optionen haben keinen Emittenten. Hier ergeben sich die Kurse an Terminbörsen durch Angebot und Nachfrage. Nur Angebot und Nachfrage führen zum fairen Preis einer Option. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) lobt deshalb die Terminbörsen regelmäßig wegen ihrer Transparenz und stellt diese den manipulationsanfälligen Optionsscheinen als vorbildliches Beispiel gegenüber.
Das ist einer der Gründe, dass sich immer mehr Leser für Optionen und den Optionen-Profi entscheiden.
Zum guten Schluss: Heute, am 21.06.2011, dem mit 16 Stunden und 35 Minuten längsten Tag des Jahres, startet der Sommer. Ich wünsche Ihnen einen Sommer mit dem April-Wetter dieses Jahres.
© Rainer Heißmann – Weiterverbreitung nur mit Link auf den Originaltext gestattet
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