Darf mein Mieter Flüchtlinge in die Wohnung aufnehmen?
Nachdem bereits 2015 Millionen von Migranten in Europa Schutz suchten, erlebt Europa durch den Krieg in der Ukraine im Jahr 2022 eine neue Flüchtlingswelle ungeahnten Ausmaßes. Experten erwarten derzeit bis zu 8 Millionen Kriegsflüchtlinge, die auf die unterschiedlichen europäischen Länder verteilt werden müssen.
Angesichts der Entwicklungen in der Ukraine, der kaum zu ertragenden Bilder von zerstörten Häusern, Schulen und zerbombter Infrastruktur wird die Hilfsbereitschaft der Deutschen immer größer. Neben Geld- und Sachspenden möchten sich viele persönlich engagieren und Flüchtlinge in die Wohnung aufnehmen, in der sie selbst leben. Möchte Ihr Mieter einen Flüchtling in Ihre Wohnung aufnehmen, fragen Sie sich sicher, ob dies möglich ist und welche rechtlichen Rahmenbedingungen beachtet werden müssen?
Wie lange dürfen Mieter Flüchtlinge ohne Genehmigung des Vermieters aufnehmen?
Grundsätzlich steht es Ihren Mietern frei, Geflüchtete in einer gemieteten Wohnung aufzunehmen. Unterschieden werden muss hierbei zwischen Flüchtlingen mit und ohne Asylstatus. Flüchtlinge mit Asylstatus werden zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen versorgt. Möchte ein nicht anerkannter Asylbewerber in einer privaten Unterkunft wohnen, geht das ausschließlich mit einer behördlichen Ausnahmegenehmigung.
Anerkannte Asylbewerber dürfen beispielsweise nach den Regelungen des Freistaats Bayern erst in eine Privatwohnung ziehen, wenn sie ihren Lebensunterhalt aus eigenem Erwerbseinkommen oder Vermögen bestreiten können oder familiäre oder medizinische Gründe vorliegen.
Für Flüchtlinge aus der Ukraine gilt abweichend die sogenannte Massenzustromrichtlinie der Europäischen Union. Sie besagt, dass Ukrainer mit ihren Kindern ohne Visum nach Deutschland einreisen und ohne Asylverfahren in Deutschland wohnen dürfen.
Handelt es sich bei den Schutzbedürftigen aus EU-Ländern wie der Ukraine um enge Familienangehörige, benötigten Mieter für die Unterbringung keine Erlaubnis. Ansonsten gilt, dass für Flüchtlinge, die länger als sechs Wochen in der gemieteten Wohnung untergebracht werden, eine Erlaubnis vom Mieter eingeholt werden muss. Dies ist der Fall, da eine Zeitspanne von mehr als sechs oder acht Wochen nicht mehr als erlaubnisfreier Besuch gilt.
Warum ist eine Erlaubnis des Vermieters nach acht Wochen notwendig?
Als Vermieter haben Sie grundsätzlich das Recht zu erfahren, welche Personen in Ihrem Eigentum wohnen. Nimmt Ihr Mieter einen Flüchtling in der Wohnung auf, gilt dieser rechtlich als Untermieter. Die Untermiete setzt nach § 553 BGB voraus, dass:
- Ihr Mieter ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung hat,
- Dieses Interesse nach Abschluss des Mietvertrags entstanden ist und
- Die überwiegenden Interessen des Vermieters gegen die Untervermietung sprechen.
Ein berechtigtes Interesse gegen die Untervermietung liegt unter anderem vor, wenn der Wohnraum durch die Untervermietung über-belegt wäre. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn eine 4-köpfige Familie langfristig ein Zimmer bewohnen soll. Neben der menschenunwürdigen Unterbringung spielen in diesem Fall auch Haftungsfragen eine Rolle. Haben Sie als Vermieter bereits schlechte Erfahrungen mit dem Untermieter gemacht, dürfen Sie die Untermiete ebenfalls ablehnen.
Wann gilt die Flüchtlingsaufnahme aus Mietersicht als berechtigtes Interesse?
Für die Annahme eines berechtigten Interesses genügt ein vernünftiger Grund. In der Regel ist das die Änderung der persönlichen, wirtschaftlichen oder finanziellen Verhältnisse. Beispielweise, wenn Ihr Mieter arbeitslos wird und die Miete nicht mehr allein bestreiten kann oder wenn ein Kind aus der Wohnung auszieht und dadurch ein Zimmer frei wird.
Ob auch die Aufnahme eines Flüchtlings ein berechtigtes humanitäres Interesse darstellt, welches zur Untermiete berechtigt, ist gerichtlich bis heute nicht abschließend geklärt. Zumindest dort, wo Wohnungsnot herrscht, ist die Hilfeleistung als berechtigtes Interesse vorstellbar.
Welche begrenzten Rechte haben Vermieter bei einer Untervermietung?
Sind diese Voraussetzungen der Untermiete gegeben, bedeutet dies nicht, dass Ihr Mieter Flüchtlinge ungefragt in die Wohnung ohne ihre Zustimmung aufnehmen darf. Versagen Sie ihm die Erlaubnis, obwohl die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, ist er allerdings zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt.
Sie können Ihre Erlaubnis auch nicht von Bedingungen abhängig machen. Vor allem haben Sie kein Anrecht darauf, zu erfahren, ob der Untermieter über ein geregeltes Einkommen verfügt oder ob die Zahlung der Miete auf andere Art sichergestellt ist. Der Mietvertrag kommt grundsätzlich zwischen dem Mieter und dem Untermieter zustande. Sie als Vermieter sind nicht in dieses vertragliche Verhältnis eingebunden. Da Sie aber ein Recht darauf haben, zu erfahren, wer in Ihrer Wohnung wohnt, können Sie verlangen, dass Ihnen der Untermieter namentlich benannt wird.
Dürfen Vermieter einen Mietzuschlag verlangen?
Hat Ihr Mieter einen Flüchtling in die Wohnung aufgenommen, haben Sie das Recht, die monatliche Miete und die Nebenkosten zu erhöhen. Dieser Zuschlag ergibt sich aus Ihrer höheren Belastung durch die erhöhte Wohnraumnutzung. Gegen einen Untermietzuschlag von 20 % der vereinbarten Untermiete ist nichts einzuwenden.
Fazit: Möchte Ihr Mieter Flüchtlingen helfen, indem er diese in Ihre Wohnung aufnimmt, wird dies rechtlich nach den Regeln der Untermiete beurteilt. Unterschieden werden muss zwischen einem Flüchtling mit Aufenthaltsstatus und Flüchtlingen, die aus EU-Ländern einreisen. In den ersten sechs bis acht Wochen sind Mieter nicht verpflichtet, das Einverständnis des Vermieters einzuholen. Erst nach dieser Zeitspanne muss Ihre Zustimmung erfragt werden. Wurden alle Formalitäten beachtet, können Sie in der Regel Ihre Erlaubnis zur Untervermietung nicht verwehren.