Niedriger Ölpreis, hoher Spritpreis: Bundeskartellamt nimmt Untersuchung auf

Seit Kriegsbeginn in der Ukraine hat der Ölpreis die rasanteste Achterbahnfahrt seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie vor 2 Jahren hingelegt.
Ölpreis binnen eines Jahres verdoppelt
Anfang März stieg der Ölpreis auf mehr als 120 Dollar je Barrel, fiel dann aber recht bald wieder unter die Marke von 100 Dollar zurück. Erst seit Mitte vergangener Woche ging es dann wieder aufwärts, zuletzt notierte das Fass der US-Sorte WTI bei gut 105 Dollar, die Nordseesorte Brent wurde für 108 Dollar gehandelt.
Zwischen März 2021 und März 2022 hat sich der Ölpreis damit zeitweise mehr als verdoppelt. Auch der Spritpreis ist enorm gestiegen: Erstmals zahlen deutsche Autofahrer dieser Tage mehr als 2 Euro je Liter für Diesel oder Benzin.
Bundeskartellamt untersucht Spritpreisentwicklung
Dass der Spritpreis zwar mit dem Ölpreis angestiegen, dann aber nicht bei rückläufigem Ölpreis ebenfalls wieder spürbar gefallen ist, soll nun von offizieller Seite untersucht werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat das Bundeskartellamt gebeten, die Hintergründe zu prüfen.
Im Verdacht stehen Ölkonzerne wie Shell, BP, ExxonMobil oder Total, die die Tankstellen beliefern. Gibt es Preisabsprachen, möglicherweise gar illegale Wettbewerbsverzerrung? Dem sollen Experten nun auf den Grund gehen.
Bundesregierung diskutiert über Entlastungen für Autofahrer
Tatsächlich aber fließt – vor allem in Deutschland – ein nicht unerheblicher Teil des Geldes, das Autofahrer an Tankstellen ausgeben, direkt in die Staatskasse. Immerhin fällt für jeden Liter Benzin eine Energiesteuer in Höhe von 65,4 Cent an, die 19 Prozent Mehrwertsteuer kommen noch obendrauf. Weil sich die Mehrwertsteuer am Nettopreis orientiert und einen Anteil dessen abbildet, steigt sie de facto mit und sorgt für eine weitere Preissteigerung an der Zapfsäule. Da Rohöl im Welthandel fast ausschließlich in US-Dollar gehandelt wird, spielt bei der Preisentwicklung auch das Wechselkursverhältnis zwischen Dollar und Euro eine Rolle.
Auf Bundesebene wird unterdessen diskutiert, wie Autofahrer entlastet werden könnten. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat einen Tankzuschuss ins Gespräch gebracht, wobei Rabatte direkt an der Kasse abgezogen werden sollen. Ökonomen halten jedoch nichts von dieser Idee. Die Bezuschussung nach dem „Gießkannenprinzip“ würde vor allem solchen Fahrern zugutekommen, die über besonders spritintensive Fahrzeuge und somit meist auch höhere Einkommen verfügen.
Hoher Spritpreis politisch gewollt – nur noch nicht jetzt
Eine Entlastung über eine Anpassung der Pendlerpauschale stieß ebenfalls auf Kritik, weil sie erst mit erheblicher Zeitverzögerung bei der nächsten Steuererklärung wirksam würden – und auch dann nur bestimmte Einkommensgruppen profitieren. Eine Reform der Benzinbesteuerung lehnt Lindner unterdessen ab, weil der entsprechende Prozess viel Zeit in Anspruch nehmen würde.
Zudem steckt die Bundesregierung in einem Dilemma: Eigentlich will sie die Verkehrswende vorantreiben, Autofahren soll teurer und unbequemer werden, um langfristig das Klima zu schonen. Höhere Spritpreise sind politisch gewollt. Sie waren nur so schnell nicht geplant, wie sie jetzt aufgrund äußerer Umstände eingetreten sind.
Möglich ist dennoch, dass sich die politischen Diskussionen quer über die verschiedenen Parteilager hinziehen und es zu keinem tragfähigen Ergebnis kommt, bis Ölpreis und Spritpreis auch ohne Eingreifen der Regierung wieder absinken.