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Ölpreis sinkt unter 100-Dollar-Marke

Ölpreis sinkt unter 100-Dollar-Marke
William Potter / shutterstock.com
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Der Ölpreis hat zum Wochenauftakt seinen Abwärtstrend aus der vorangegangenen Handelswoche fortgesetzt. Der Preis je Barrel rutschte nun auch für die Nordseesorte Brent unter die Marke von 100 Dollar.

Positive Entwicklung – negative Ursachen

Dennoch befindet sich der Ölpreis damit weiterhin auf hohem Niveau. Binnen Jahresfrist verteuerte sich der Rohstoff um mehr als 60 Prozent. Ein stetiger Aufwärtstrend ab Anfang Dezember wurde zuletzt massiv beschleunigt durch den russischen Einmarsch in die Ukraine, der den Ölpreis Anfang März auf weit über 120 Dollar pro Fass katapultierte.

So gesehen sind die jetzt rückläufigen Preise so etwas wie ein Signal der Entspannung – doch die Gründe dafür sind nicht unbedingt beruhigend. Denn der nachlassende Ölpreis geht unter anderem zurück auf zunehmende Sorgen um die chinesische Wirtschaft.

Sorge um Chinas Wirtschaftskraft

Wegen der strikten Null-Covid-Politik der Führung in Peking befindet sich unter anderem die Wirtschaftsmetropole Shanghai seit Wochen im Lockdown. Während die umfassende Abriegelung schon bei einzelnen Infektionsfällen in der Vergangenheit tatsächlich dazu beitragen konnte, das Infektionsgeschehen wirksam einzudämmen, bleibt der Lockdown in Shanghai bislang weitgehend wirkungslos: Über 20.000 neue Infektionsfälle pro Tag wurden zuletzt aus der Millionenmetropole gemeldet. Die hochansteckende Omikron-Variante des Coronavirus bringt das chinesische System der Pandemiebekämpfung offensichtlich an seine Grenzen.

Je länger aber der Lockdown in wirtschaftlich wichtigen Regionen anhält, desto heftiger sind die Auswirkungen auf die chinesische Volkswirtschaft sowie auf internationale Lieferketten. Ökonomen äußerten zuletzt die Befürchtung, das chinesische Wachstumsziel für das laufende Jahr könnte ins Wanken geraten. Chinas Regierung hat für 2022 bislang ein Wirtschaftswachstum von 5,5 Prozent in Aussicht gestellt.

Wie die US-Zinswende den Ölpreis beeinflusst

Zwar hat das Reich der Mitte seinen Ruf als Konjunkturlokomotive seit der Pandemie zumindest ein Stück weit eingebüßt, doch als einer der größten Ölverbraucher der Welt spielt China eine entscheidende Rolle bei der Preisfindung an den internationalen Rohstoffmärkten. Die Rechnung ist denkbar simpel: Lässt in China die Wirtschaftsleistung nach, sinkt zugleich die dortige Nachfrage. Das Gesamtverhältnis verschiebt sich zugunsten eines höheren Angebots auf dem Weltmarkt, dadurch sinken die Preise je Barrel.

Ähnliche Effekte könnte auch die begonnene Zinswende in den Vereinigten Staaten haben. Die US-Notenbank Federal Reserve hat bereits mit einer ersten Zinsanhebung um 0,25 Prozent begonnen und mehrere weitere Zinsschritte im Laufe des Jahres in Aussicht gestellt. Das könnte Beobachtern zufolge die Konjunkturentwicklung in den USA abschwächen und ebenfalls zu einem Rückgang auf der Nachfrageseite führen.

Größte Freigabe der Geschichte: IEA zapft zusätzliche Reserven an

Hinzu kommen aktive Maßnahmen einiger Staaten, die zuletzt Teile der nationalen Ölreserven freigegeben haben. Ihr Interesse liegt vor allem in einer Bekämpfung der galoppierenden Inflation, die zunehmend die Kaufkraft der Bürger beeinträchtigt. Hohe Energiepreise haben vielfältige Auswirkungen auf das Inflationsgeschehen: vom Transportwesen bis hin zur Industrieproduktion steigen die Preise, einiges wird an die Verbraucher weitergegeben, die in der Folge tiefer in die Tasche greifen müssen, sei es an der Supermarktkasse oder an der Tankstelle.

Zusätzlich wurden inzwischen auch die Rohölreserven der Internationalen Energieagentur (IEA) angezapft. Knapp 63 Millionen Barrel waren bereits freigegeben worden, nun kommen über einen Zeitraum von sechs Monaten noch einmal weitere 120 Millionen Barrel hinzu. Damit handelt es sich um die größte Freigabe von Ölreserven in der Geschichte der IEA.

Das Ganze ist eine Reaktion auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine, das den Ölpreis in den vergangenen Wochen in die Höhe getrieben hat. Womöglich bereiten sich die Staaten der Europäischen Union damit auch auf eine weitere Eskalationsstufe im Konflikt mit Moskau vor: Nachdem in Brüssel bereits ein Importstopp für russische Kohlelieferungen auf den Weg gebracht wurde, wird als nächster Schritt über ein Ölembargo debattiert. Das zusätzlich verfügbare Öl aus den IEA-Beständen könnte dabei helfen, zumindest anfänglich die Lieferausfälle zu kompensieren.