Ölpreis steigt nach Embargo-Gerüchten

Nachdem der Ölpreis in der ersten Aprilhälfte wieder unter die Schwelle von 100 Dollar je Barrel gefallen war, dann noch einmal emporschnellte, nur um wieder nachzugeben, ging es in der vergangenen Woche erneut aufwärts.
Das Fass der Sorte Brent kostete am Freitag mit gut 109 Dollar fast 7 Prozent mehr als noch zu Beginn der Woche. Die US-Sorte WTI verteuerte sich parallel ebenfalls um gut 6 Prozent auf etwas über 104 Dollar je Barrel.
Berlin signalisiert Bereitschaft für Stopp russischer Öllieferungen
Ein Grund für den neuerlichen Preisanstieg waren Signale aus Europa und insbesondere von der Bundesregierung, wonach ein Embargo auf Ölimporte aus Russland näher rückt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte zuletzt davon gesprochen, ein Stopp von Ölimporten aus Russland sei für Deutschland „handhabbar“ geworden, der russische Anteil am gesamten Ölbedarf der Bundesrepublik sei erfolgreich reduziert worden auf nur noch etwa 12 Prozent.
Ein Ölembargo der EU gegen Russland war vor allem durch die Bundesrepublik verhindert worden, die die eigene Abhängigkeit von russischen Rohstoffen lange Zeit als zu groß einstufte, um darauf verzichten zu können. Ein Stopp von russischen Kohlelieferungen ist bereits beschlossene Sache, ein Ölembargo dürfte nach den neuerlichen Einschätzungen der Bundesregierung in Kürze folgen.
Das sorgt für Auftrieb beim Ölpreis: Der begehrte Rohstoff muss anderswo beschafft werden, die Lieferanten sind dadurch in die Lage versetzt, höhere Preise durchsetzen zu können.
Vorbereiten auf den Worst Case
Deutlich schwerer tut sich Deutschland hingegen nach wie vor mit einem Abschied von russischem Gas. Hier sind die jahrelang gewachsenen Abhängigkeiten so groß, dass das Bundeswirtschaftsministerium frühestens ab Mitte 2024 damit rechnet, auf russische Lieferungen verzichten zu können, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden.
Nachdem Russland seinerseits in der vergangenen Woche bereits Polen und Bulgarien den Gashahn zugedreht hat, bereiten sich nun aber auch in Deutschland immer mehr Unternehmen auf einen solchen Worst Case vor.
Ölpreisentwicklung als Kriegsbarometer
Am Ölpreis lässt sich seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine Ende Februar fast täglich die Entwicklung des Kriegsgeschehens und der geopolitischen Dynamiken ablesen: Annäherungen oder Entspannungssignale lassen den Ölpreis sinken, weitere Schritte in Richtung Eskalation lassen ihn dagegen in die Höhe schnellen.
In den ersten Tagen nach Kriegsbeginn stieg der Ölpreis auf zwischenzeitlich mehr als 125 Dollar für die Sorte Brent, aber auch WTI kostete zeitweise mehr als 120 Dollar pro 159-Liter-Fass. Binnen drei Monaten hat sich die US-Sorte WTI um knapp 19 Prozent verteuert, der Preisanstieg der Nordseesorte Brent beläuft sich im gleichen Zeitraum auf gut 22 Prozent.
Eng verknüpft mit dem steigenden Ölpreis sind Preissteigerungen für Erzeuger und Verbraucher. Weil Energie und Sprit immer teurer werden, schnellen die Kosten für Unternehmen in die Höhe, die diese oftmals an die Kunden weitergeben. Die historisch hohen Inflationsraten in Deutschland (7,4 Prozent), Euroraum (7,5 Prozent) und den USA (8,5 Prozent) sind zu einem nicht unwesentlichen Teil zurückzuführen auf die Preisdynamik an den globalen Öl- und Rohstoffmärkten.