Opec sieht Ölpreis auch 2023 auf hohem Niveau

Die Opec rechnet mit weiterhin hohen Ölpreisen im laufenden und auch im kommenden Jahr. Das geht aus einer Studie der Organisation ölexportierender Länder hervor, die im Juli vorgestellt wurde. Demnach wird auch 2023 die globale Nachfrage das Angebot übersteigen, selbst bei einer weiteren Erhöhung der Förderkapazitäten innerhalb und außerhalb des Kartells.
Vor-Pandemie-Niveau wieder erreicht
In den vergangenen Monaten hatten die Opec und ihre Verbündeten, zusammengeschlossen zur Allianz Opec+, ihre Förderkapazitäten schrittweise angehoben und damit im August rechnerisch wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht.
Weil der Ölpreis in Folge des Krieges in der Ukraine seit Ende Februar sprunghaft angestiegen ist, forderten vor allem westliche Staaten das Kartell zuletzt auf, das Angebot stärker auszuweiten. Dem ist man in Wien, wo die Opec ihren Hauptsitz hat, allerdings nicht nachgekommen. Stattdessen soll die tägliche Fördermenge im September nur minimal ausgeweitet werden.
Opec setzt auf Wachstum der Schwellenländer
Beobachter gehen zudem davon aus, dass viele Opec-Staaten ihre Kapazitätsgrenzen bereits erreicht haben und die zugesagten Fördermengen nur auf dem Papier erfüllen. Tatsächlich Luft nach oben haben demnach nur große Ölförderer wie etwa Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate.
Nach den Berechnungen der Opec wird die Ölnachfrage im kommenden Jahr um 2,7 Millionen Barrel täglich steigen. Das führt die Studie nicht zuletzt auf schnelleres Wachstum in den Schwellenländern zurück. Gerade Länder wie China, Indien oder Brasilien gehören weltweit zu den größten Verbrauchern und gelten als aufstrebende Wirtschaftsnationen.
Fehlen nächstes Jahr 1 Million Barrel pro Tag?
Um Angebot und Nachfrage auszubalancieren, müsste die Opec im Schnitt pro Tag 30,1 Millionen Barrel Öl liefern. Im Juni 2022 lag die tägliche Fördermenge des Kartells im Schnitt bei lediglich 28,7 Millionen Barrel. Mehr als 1 Million Barrel pro Tag könnten im kommenden Jahr also fehlen und das Preisniveau weiter in die Höhe treiben.
Allerdings ist längst nicht sicher, dass es auch so kommen wird. Im Herbst könnte sich die Pandemie noch einmal stärker als zuletzt bemerkbar machen, etwaige strikte Lockdowns wie zuletzt in China könnten das Wachstum beeinträchtigen.
Rezession könnte Opec-Berechnungen zunichtemachen
Hinzu kommt die hohe Inflation gepaart mit steigenden Leitzinsen: Beides hat das Potenzial, die Konjunktur abzuwürgen und westliche Industriestaaten in die Rezession zu stürzen. Auch das würde an den Schwellenländern nicht spurlos vorbeigehen.
Hinzu kommen geopolitische Unwägbarkeiten: Die Lage in der Ukraine spitzt sich täglich weiter zu, in den vergangenen Tagen wurden Berichte publik, wonach das größte Atomkraftwerk Europas unter Beschuss geraten sein soll. Auch der sich anbahnende Konflikt zwischen den USA und China in der Taiwan-Frage könnte, je nach Fortgang, erhebliche wirtschaftliche Folgen haben.
Ölpreis unter 100 Dollar
Nicht zuletzt ist es auch der hohe Ölpreis selbst, der die Inflation antreibt und für höhere Transport- und Produktionskosten sorgt. Dies könnte ebenfalls dazu beitragen, das Wachstum abzuwürgen oder zumindest zu verlangsamen.
Dass der weltweite Ölbedarf auch im kommenden Jahr hoch sein dürfte, ist unstrittig – ob er aber so immens ausfällt, wie von der Opec prognostiziert, bleibt dennoch abzuwarten. Zuletzt hatte sich das Barrel verbilligt: Auf Monatssicht gab der Preis je 159-Liter-Fass für die US-Sorte WTI um 15 Prozentpunkte nach, die Nordseesorte Brent verbilligte sich parallel um gut 11 Prozent. Beide Sorten notierten zuletzt unterhalb der 100-Dollar-Schwelle.