Rezessionsangst wird stärker: Ölpreis fällt trotz Angebotsverknappung

Zum Wochenausklang hat der Ölpreis am Freitag etwas Boden gutgemacht, auf Wochensicht aber steht ein dickes Minus. Bereits seit Mitte April geht es deutlich abwärts. Was Autofahrer an der Zapfsäule erfreut, hat allerdings einen ernsten Hintergrund.
Opec plant weitere Förderkürzungen
Immerhin hatten die Opec und ihre Verbündeten Anfang April völlig überraschend angekündigt, ihre Förderkapazitäten ab Mai erneut zu drosseln und damit für eine Verknappung des weltweiten Angebots zu sorgen. Ein solcher Schritt lässt den Ölpreis üblicherweise in die Höhe schnellen – so auch in diesem Fall: Unmittelbar nach dem Beschluss schoss der Preis je Barrel um rund 5 Dollar in die Höhe.
Seither aber hat der Ölpreis wieder deutlich nachgelassen und ist in dieser Handelswoche zeitweise sogar unter das Niveau gerutscht, das er vor dem Opec-Beschluss aufwies. Von mehr als 83 Dollar Mitte April ging es abwärts auf zeitweise unter 75 Dollar je Barrel der US-Sorte WTI. Die Nordseesorte Brent fällt in vergleichbarer Weise.
Furcht vor US-Rezession wächst
Hintergrund für den schwächelnden Ölpreis trotz angekündigter Angebotsreduzierung sind die Ängste vor einer Rezession, die vor allem mit Blick auf die USA die Märkte in Atem halten: Die Konjunkturdaten der weltgrößten Volkswirtschaft lassen zunehmend Zweifel aufkommen, ob die rigorose Zinspolitik der Notenbank die Wirtschaftskraft unbeschadet zurücklassen wird. Seit gut einem Jahr hat die Federal Reserve sich von ihrer jahrelangen Nullzinspolitik verabschiedet und in mehreren Schritten den Leitzins kräftig angehoben. In der kommenden Woche steht die nächste Sitzung der Währungshüter an, Beobachter erwarten eine weitere Zinssteigerung.
Zuletzt schürten frische Konjunkturdaten die Sorgen der Investoren vor einer möglichen Rezession der US-Wirtschaft. So stieg das Bruttoinlandsprodukt im Auftaktquartal um lediglich 1,1 Prozent und damit deutlich geringer als erwartet. Ökonomen waren von einem Wachstum um 2,0 Prozent ausgegangen.
Konjunktursorgen auch in Deutschland – neue Zinsentscheidungen kommende Woche erwartet
Auch in Deutschland wächst die Sorge vor der wirtschaftlichen Entwicklung: Wie in dieser Woche bekannt wurde, stagnierte das Wachstum im Auftaktquartal. Eine technische Rezession, die vorliegt, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen das Bruttoinlandsprodukt schrumpft, konnte damit zwar vermieden werden. Ein wirklicher Grund zur Erleichterung ist das aber noch lange nicht – das gilt umso mehr, wenn die US-Wirtschaft als wichtiger Handelspartner der Bundesrepublik weiter ins Wanken gerät.
Blickt man auf den Verlauf der vergangenen drei Monate, zeigt sich der Ölpreis äußerst schwankungsanfällig – und notiert derzeit im Minus. Die US-Sorte WTI gab im Dreimonatsvergleich um 4 Prozent nach, die Nordseesorte Brent verbilligte sich im gleichen Zeitraum sogar um mehr als 7 Prozent. Beide Sorten waren am Freitagnachmittag für unter 80 Dollar je Barrel zu haben.
Inwieweit die tatsächliche Angebotsverknappung, die ab der kommenden Woche greifen soll, den Ölpreis dann wird stützen können, muss sich zeigen und wird wohl wesentlich abhängen von den weiteren Konjunkturentwicklungen und den Reaktionen der jeweiligen Notenbanken darauf. Neben der Fed beraten auch die Währungshüter der Europäischen Zentralbank in der kommenden Woche erneut über ihre weitere Zinspolitik.