+++ Haben Sie Money Movement auf der Invest verpasst? | Schauen Sie auf unserem YouTube Kanal vorbei! +++

Die Zigarette scheint tot – Tabakkonzerne aber noch lange nicht

Inhaltsverzeichnis

„Da muss ich erst mal tiefen einen Zug nehmen“, mag so mancher Anleger gesagt haben, für den die Zigarette zum Stressabbau genauso dazu gehört wie Tabak-Aktien zum Depot: Am 28. Juli schmierten die Titel der großen Tabakkonzerne ab: Altria verlor kurzzeitig bis zu 18 %. Kaum jemand hatte damit gerechnet, dass so schnell so viel Vermögen in Rauch aufgehen würde.

Tabak-Aktien nach Anti-Nikotin-Offensive unter Druck

Höchstens die Mitarbeiter der US-Gesundheitsbehörde FDA. Die hatte nämlich verkündet, dass künftig der Nikotingehalt in Zigaretten Richtung Null gesenkt werden soll. Zumindest bis zu einem Wert, der Raucher nicht mehr abhängig macht. Aus Sorge um die Zukunft der Hersteller wurden reihenweise Tabak-Aktien verkauft.

Am schlimmsten hatte es den US-Konzern Altria getroffen, der Marken wie Marlboro nur in den USA verkauft. Dessen Schwestergesellschaft Philip Morris, die als Branchenführer den Rest der Welt bedient, konnte ihren Absturz immerhin zu Börsenschluss annähernd ausgleichen. Deutlich fielen die Verluste auch für British American Tobacco (BAT) und Imperial Brands mit 6,8 % bzw. 4 % aus.

Im Schnitt gingen alle vier mit einem Verlust von 6,85 % aus einem Handelstag, der es in sich hatte. Hinzu kam, dass anschließend die US-Regierung ihre Unterstützung für die Pläne der FDA signalisierte. Kann man Tabak-Aktien nun endgültig abschreiben oder war es eine Überreaktion der Anleger?

Der Blick auf den aktuellen Kursverlauf zeigt, dass es nicht weiter bergab ging. BAT und Imperial Brands konnten sogar zulegen. Die Konzerne selbst geben sich gelassen. Auch waren ihnen die Behördenpläne längst bekannt. Die Meinung der Analysten ist zwar gemischt, doch einige sehen darin sogar eine Chance. Die besteht darin, das ohnehin rückläufige Geschäft mit klassischen Zigaretten weiter zu reduzieren und alternative Felder zu stärken.

Garantierte Geldquelle

Der Umbau ist sowieso längst im Gange. Hochprofitable E-Zigaretten sind Teil der veränderten Angebotspalette. Hier haben Altria und Philip Morris die Nase vorn, vor allem in den westlichen Ländern, wo Raucher seit Jahren unter Druck sind und Werbung nur noch eingeschränkt möglich ist. Auch wenn sich viele an die Abschreckbildchen auf den Packungen gewöhnt haben, so müssen die Konsumenten immer tiefer in die Tasche greifen.

Jedesmal, wenn der Staat die Steuern erhöht, legen die Hersteller noch eins drauf und gleichen so den rückläufigen Gesamtkonsum mehr als aus. In den letzten 15 Jahren wurden 40 % weniger Zigaretten verkauft, doch der Preis hat sich seither verdoppelt. Im Ergebnis stiegen die Umsätze um fast ein Drittel – 20 % davon sind reiner Gewinn. Zudem ist die Zahl der Raucher seit geraumer Zeit nicht mehr so stark rückläufig. Und wer süchtig ist, verschiebt die finanzielle Schmerzgrenze immer weiter.

Setzt die FDA ihre Pläne um, sollte es nicht nur in den USA zunehmend weniger Tabakabhängige geben, auch Australien, Kanada oder Europa werden einen härteren Kurs fahren. Selbst China hat bereits den Kampf gegen Nikotin angesagt. Die Konzerne werden nicht nur mit E-Zigaretten für Ausgleich sorgen. Die meisten sind neben dem klassischen Kerngeschäft im Bereich Lebensmittel oder Luxusgüter engagiert.

Die Karten werden neu gemischt

Nicht nur hier wird es Verschiebungen geben. Die Branche befindet sich in einer neuen Konsolidierungsrunde. BAT erweitert seine Markenpalette, zu der etwa Pall Mall oder Lucky Strike gehören, um Namen wie Camel. Die Marke mit dem Dromedar gehört zu Reynolds, der bisherigen Nummer sechs auf dem internationalen Markt. Der US-Konzern wurde dieser Tage von BAT vollständig geschluckt.

Die Briten steigen damit noch vor Altria/Philip Morris zur Nummer eins auf, gemessen am Umsatz und Ertrag. Gemessen am weltweiten Marktanteil jedoch liegt China Tobacco an der Spitze. Zusammen mit Japan Tobacco teilen jetzt nur noch vier Player den Markt untereinander auf, was den Preisdruck verringert. Die restlichen sieben sind kleinere regionale Unternehmen mit geringem Einfluss.

Die Tabakkonzerne haben sich schon bisher wendig gezeigt – und enorm hohe Cashbestände aufgebaut, mit denen sie satte Dividenden zahlen, neue Geschäftsfelder aufbauen und umstrukturieren können. Zuletzt hatten Spekulationen, dass Philip Morris Altria übernehmen und die 2004 erfolgte Trennung rückgängig machen könnte, die Aktien beflügelt.

Auch wenn der Hersteller jüngst das „Ende der Zigarette verkündet“ hat, sein eigenes hat er damit nicht gemeint. Tabak-Aktien sollte man keineswegs voreilig abschreiben.