Was Sie über regulierten Markt und Transparenzgrade wissen müssen
Ein Leser fragte mich kürzlich, was an der Börse der Begriff „Prime Standard“ zu bedeuten habe. Ich nehme diese Frage gerne als Anregung auf und gebe Ihnen allen heute eine ausführliche Antwort.
Die Deutsche Börse untergliedert sich in 2 Marktsegmente und innerhalb der Marktsegmente in 3 verschiedene Transparenzgrade, in denen Unternehmen, die an der Deutschen Börse gelistet sind, notiert sein können.
Bei den beiden Segmenten handelt es sich um den Regulierten Markt und den Freiverkehr (auch als „Open Market“ bezeichnet). Die drei Transparenzgrade untergliedern sich in Prime Standard, Entry Standard und General Standard.
Was es mit diesen Segmenten und den Transparenzgraden auf sich hat und welche Kriterien die börsennotierten Unternehmen in den jeweiligen Segmenten und Transparenzgraden erfüllen müssen, erfahren Sie jetzt.
Die beiden Marktsegmente
Das klassische Marktsegment „Regulierter Markt“ ist durch das Gesetz, insbesondere das Börsengesetz reguliert, wobei die Zulassungsbedingungen und Transparenzanforderungen mittlerweile von der EU vorgegeben sind. Der Freiverkehr, der an der Frankfurter Börse seit Oktober 2005 „Open Market“ heißt, wird dagegen von den Börsen selbst reguliert.
Bevor ich zu den Anforderungen des regulierten Marktes komme, zunächst eine Übersicht, die die Marktsegmente und Transparenzgrade bzw. Transparenzlevels veranschaulicht:
Die Anforderungen des Regulierten Marktes
Der Regulierte Markt ist das am höchsten regulierte Börsensegment. Die Zulassung, die Pflichten der Unternehmen, sowie die Organisation des Handels sind gesetzlich geregelt. Sie entsprechen denen des früheren Amtlichen Marktes. Für die Zulassung zum Regulierten Markt muss ein Unternehmen unter anderem mindestens drei Jahre bestehen und mindestens 10.000 Aktien emittieren.
Mindestens 25 Prozent der Aktien müssen im Streubesitz sein. Aktiengesellschaften im Regulierten Markt müssen neben dem Jahresabschluss auch mindestens einen Zwischenbericht für die ersten sechs Monate des Geschäftsjahres veröffentlichen. Sie unterliegen zudem der Ad-hoc-Publizität, müssen also kursrelevante Tatsachen „unverzüglich“ über Ad-hoc- Mitteilungen veröffentlichen.
Für die meisten Titel stellen amtlich bestellte Kursmakler, die Skontroführer, fortlaufende Preise fest. Alle Aktien des Regulierten Marktes werden auch auf der elektronischen Handelsplattform Xetra gehandelt. Das Börsensegment Regulierter Markt unterteilt sich in die Transparenzgrade Prime Standard und General Standard, die ich Ihnen kurz vorstellen möchte:
Das Börsensegment Prime Standard
Prime Standard ist der höchste Transparenzgrad für börsennotierte Unternehmen, der über die gesetzlichen Mindestanforderungen des Regulierten Marktes hinausgeht. Der Prime Standard ist auf Unternehmen zugeschnitten, die auch internationale Investoren ansprechen wollen.
Die Unternehmen müssen über das Maß des General Standard hinaus hohe Transparenzanforderungen erfüllen. So müssen sie quartalsweise über ihr Geschäft berichten, Ad-hoc-Mitteilungen auch in Englisch veröffentlichen und mindestens eine Analystenkonferenz pro Jahr abhalten.
Der Prime Standard ist zugleich ein Aufnahmekriterium in die Auswahlindizes der Deutschen Börse. Nur Gesellschaften, die zum Prime Standard zugelassen sind, können in den Dax, MDax, TecDax oder SDax aufgenommen werden. So sind auch unsere deutschen Depot-Werte Freenet (TecDax) und Deutsche Post (Dax) im Prime Standard vertreten.
Das Börsensegment General Standard
Der General Standard ist der Mindest-Transparenzgrad, den sämtliche Unternehmen des Regulierten Marktes erfüllen müssen. Die Unternehmen im General Standard müssen nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS/IAS oder USGAAP) bilanzieren, Ad-hoc-Mitteilungen sowie mindestens einen Zwischenbericht veröffentlichen.
Die Anforderungen des Open Markets
Nachdem ich Ihnen den Regulierten Markt, die dazugehörigen Anforderungen und die beiden Transparenzgrade vorgestellt habe, folgt jetzt noch das Börsensegment Freiverkehr, das auch als Open Market bezeichnet wird. Anders als der Regulierte Markt ist der Open Market ein privatrechtliches Börsensegment, das von der Börse selbst reguliert wird.
Die dort notierten Unternehmen müssen keinen Zulassungsprospekt veröffentlichen und unterliegen weder Folgepflichten noch der Ad-hoc-Publizität. Allerdings unterliegt der Markt der Missbrauchsaufsicht. Mit dem „Entry Standard“ besitzt der Open Market einen Teilbereich, in dem etwas strengere Bestimmungen gelten.
Das Börsensegment Entry Standard
Der Entry Standard ist ein Teilbereich des Open Market der Frankfurter Börse. Anders als beim Prime Standard und General Standard sind die Anforderungen hier nicht vom Gesetzgeber, sondern von der Deutschen Börse geregelt. Die geringeren Anforderungen sollen kleinen und mittelgroßen Unternehmen den einfachen und günstigen Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern.
Unternehmen im Entry Standard müssen einen Halbjahresbericht, sowie innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahres einen testierten Jahresabschluss auf ihrer Internetseite veröffentlichen. Die Veröffentlichung von Quartalsberichten ist im Entry Standard also nicht notwendig.
Zudem müssen die Unternehmen – anders als die übrigen Freiverkehrsunternehmen – kursbeeinflussende Unternehmensnachrichten sofort – ebenfalls mindestens auf ihrer Internetseite – veröffentlichen. Das sind übrigens keine „Ad-hoc-Mitteilungen“ im gesetzlichen Sinne.
Fazit: Prime Standard bietet Ihnen die größtmögliche Transparenz
Unternehmen aus dem Prime Standard bieten Ihnen als Aktionäre zweifelsohne die größtmögliche Transparenz. Das heißt aber nicht, dass Unternehmen aus dem Entry Standard oder dem General Standard automatisch immer schlechter sind. Unternehmen aus dem Prime Standard bieten Ihnen aber mehr Transparenz und mehr Informationen. Betrugsfälle sind hier deutlich seltener zu finden.