Unternehmen kurz vor der Insolvenz? Das sollten Anleger wissen
Wenn ein Unternehmen negatives Eigenkapital ausweist, das zur Überschuldung und dann zur Insolvenz führt, haben Anleger ein Problem:
Aktionären droht der Totalverlust, und sie stehen in aller Regel schlechter da als Anleihe-Gläubiger.
Auf Eigenkapitalquote und Cash-Flow achten
Jeder Anleger, der in Aktien investieren will, sollte sich zunächst über seine rechtliche Stellung im Klaren sein:
Er leiht der Firma nicht etwa Geld, er legt es dort als Eigenkapital ein und wird Mitunternehmer.
Zeichnet er hingegen eine Unternehmens-Anleihe, vergibt er – wie eine Bank – Fremdkapital und erhält dafür Zinsen.
Wer als Aktionär beim selbem Konzern zugleich Anleihen zeichnet, wird damit sozusagen zu seinem eigenen Gläubiger.
Das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital sollte man stets im Auge haben. Vermögen und Schulden müssen sich zumindest die Waage halten.
Wenn die Eigenkapitalquote sinkt, kann es kritisch werden:
Unter 10% sind auf Dauer riskant, selbst wenn Gewinne eine heile Welt vortäuschen – denn die lassen sich schönrechnen.
Entscheidend ist vielmehr der Blick auf den Cash-Flow. Denn verläuft dieser negativ, ist auch der Tag nicht weit, an dem das Unternehmen Verluste schreibt.
Liegen diese wiederum über der Hälfte des Grundkapitals, ruft der Vorstand eine Hauptversammlung ein.
Überschuldung: nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag
Bessert sich die Lage nicht, kommt es zum negativen Eigenkapital.
In dem Fall sind die Schulden, also Fremdkapital wie Bank-Kredite oder Anleihen, höher als das Vermögen, das aus Grundkapital, Rücklagen oder Gewinn-Vorträgen besteht.
Die Rede ist dann von einem „nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag“ – mit anderen Worten: Überschuldung.
Anlage- und Umlauf-Vermögen reichen nicht mehr aus, die Passiva sind größer als die Aktiva. Zumeist ist der Konzern dann auch nicht mehr zahlungsfähig.
Nach spätestens 60 Tagen muss Konkurs angemeldet werden – es sei denn, es gäbe eine begründete Prognose für eine Besserung, die aus dem Tal der Überschuldung führt.
Dazu kann eine Kapital-Erhöhung gehören, die Geld in die Kassen bringen soll. Die aber verwässert die Investition der Altanleger.
Was im Konkurs geschieht
Wird Konkurs angemeldet, so gilt seit 2012 die gesetzliche Devise: „sanieren statt zerschlagen“.
Dazu kann etwa gehören, dass Forderungen in Anteilsrechte verwandelt werden. Mit diesen sogenannten „Debt-Equity-Swaps“ treten die Gläubiger, vereinfacht gesagt, ihre Forderungen ab.
Als Gegenleistung werden sie mit 80% am Aktienkapital beteiligt, für die Altaktionäre bleiben damit nur noch 20%.
Dafür wird das Unternehmen mit seinen Wertsteigerungs-Potenzialen an der Börse erhalten.
Bei derartigen Wiederbelebungs-Versuchen bluten also die Aktionäre genauso wie bei einem Kapitalschnitt.
Meist jedoch droht bei der Insolvenz der Totalverlust. Sind nämlich die Kurse erst einmal völlig im Keller, ist nicht mehr viel zu retten.
Wird der Konzern abgewickelt, wird ein Aktionär wie jeder Gesellschafter behandelt. Zumindest aber muss er nicht für die Schulden einstehen und etwa Geld nachschießen.
Dennoch: Er ist kein Gläubiger; er bleibt beim Insolvenz-Verfahren außen vor und kann auch nicht an einer Quoten-Teilung teilnehmen.
Aktien mit weniger Rechten als Anleihen
Ganz anders verhält es sich, wenn der Anleger mit einer Anleihe Gläubiger ist. In dem Fall kann er zumindest seine Forderungen anmelden und wird mit seinem Darlehen nachrangig bedient.
Anleger sollten also stets einen Blick auf die Quartals-Berichte werfen. Die zeigen immer aktuell, wie es um das jeweilige Unternehmen bestellt ist.
Ist der Cash-Flow anhaltend rückläufig, ist mit negativem Eigenkapital und Überschuldung zu rechnen. Wer dies erkennt, kann auch rechtzeitig handeln.