Die Geschichte der ETFs von John Bogle

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Dass breite Streuung Sicherheit mit Rendite verbindet, erscheint aus heutiger Sicht selbstverständlich. Doch dahinter steckt mehr: Die Erkenntnis wurde vom Nobelpreisträger Harry M. Markowitz 1952 nicht nur bestätigt.

Mit der wissenschaftlichen Basis für eine effiziente Chance-Risiko-Struktur durch Diversifikation lieferte er zugleich die Steilvorlage für einen der wohl bedeutendsten Wegbereiter an den Börsen: John C. Bogle.

Kaum bekannt: John Bogle brachte ETFs zum Laufen

Seltsamerweise kennt ihn kaum ein Anleger, während Namen wie George Soros oder Warren Buffet legendär sind. Wer also ist das? Ganz einfach: ohne John Bogle kein ETF. John Bogle hat den ETF zwar nicht dem Namen nach erfunden, wohl aber die Grundkonstruktion als passiver Indexfonds.

ETFs – Exchange Traded Funds – sind lediglich die verfeinerte Version von Indexfonds. Die Preisfeststellung erfolgt nicht nur einmal täglich, sie werden fortlaufend wie Aktien gehandelt – ohne Ausgabeaufschlag und Rücknahmekosten. Als Fonds sind sie Sondervermögen und vor Konkurs geschützt und können jeden beliebigen Index abbilden, weshalb jeder ETF in sich diversifiziert ist.

Kaum auf dem Markt, waren sie nicht mehr aufzuhalten und setzten im Jahr 2000 ihren Siegeszug auch in Europa fort. Nach ihrer Bewährung in der Finanzkrise kamen immer neue Varianten auf. Etwa Smart-Beta ETFs, für die eigene Strategieindizes berechnet werden oder ETFs mit Hebelwirkung. Mittlerweile gibt es 7.607 ETFs an 60 Börsen weltweit.

Ein skeptischer Rückblick

Und was sagt John Bogle dazu? Klar, der Investmentpionier aus New Jersey blickt mit seinen 87 Jahren voll Stolz auf die einmalige Erfolgsstory – einerseits. Was ihm Sorge bereitet, ist das „exzessive Trading“. Die Fondsanteile werden schon häufiger gehandelt als die vielen Aktien, die in den Indizes enthalten sind. Das Ganze droht aus dem Ruder zu laufen.

Komplette Märkte im Sekundentakt hin und her zu schieben war eigentlich nicht seine Intention. Schon gar nicht, dass ETFs immer mehr zum Spekulationsvehikel werden. Was John Bogle ursprünglich antrieb, war genau das Gegenteil. Nach dem Gedanken „in der Ruhe liegt die Kraft“ schuf er ein Produkt, das sich genauso entwickelt wie der jeweilige Index. Und zwar ohne ein teures Management, das mit permanentem Stock-Picking versucht, den Markt zu schlagen.

Dass der Aufwand, einzelne Outperformer-Aktien zu finden, nicht im Verhältnis zum Erfolg steht, hat er einmal so formuliert: „Suchen Sie nicht nach der Nadel im Heuhaufen, kaufen Sie einfach den Heuhaufen“. Damit ist ein ganzer Sektor bzw. Index gemeint, ein ETF eben. Und tatsächlich sind nur wenige aktiv gemanagte Fonds besser, schon gar nicht über längere Zeit.

Demokratisierung des Aktienmarkts

Was John Bogle mit den effizienten Indexfonds gelang, war der Durchbruch zur Demokratisierung am Aktienmarkt. Mit ETFs konnte erstmals jeder Privatanleger ohne Herrschaftswissen breit aufgestellt investieren. Die Portfoliotheorie wurde mitgeliefert und quasi nebenbei zur gelebten Praxis.

Dabei musste Bogle Mitte der 1970er Jahre nach seinem ersten Anlauf den Spott der Branche ertragen. Als er mit seiner Investmentgesellschaft Vanguard Group den ersten passiven Indexfonds auf den S&P 500 auf die Beine stellen wollte, trauten die Anleger dem Braten nicht. Mit dem Investorengeld konnten höchstens 100 der 500 Aktien im Index gekauft werden.

Passiv, das erschien vielen zu unamerikanisch, zu wenig erfolgsorientiert. Doch genauso amerikanisch gab er nicht auf und konnte immer mehr Investoren von seiner Idee überzeugen. Die Häme der Kollegen ging in Staunen über und Bogles Rechnung ging auf: Die Anleger stürzten sich auf die unerhört billigen und dennoch erfolgreichen Fonds, die obendrein so transparent waren, dass man sie verstehen konnte.

Einfach und transparent geht nach wie vor

Vorbei war die Abhängigkeit von Managern, bei denen man nie genau wusste, wofür sie Geld verlangten. Der Gedanke gilt noch heute. Zudem verschaffen ETFs mit ihrer Abbildung Zugang zu Märkten, die ansonsten verschlossen sind.

Die Kritik an der jüngsten Entwicklung mit immer neuen Produktvarianten ist durchaus berechtigt. „ETFs haben ihre Unschuld verloren“, heißt es oft. Vieles wirklich nicht mehr so einfach und transparent wie in den Anfangsjahren. Andererseits haben Anleger mehr Möglichkeiten als je zuvor. Man darf sich nur nicht verwirren lassen. Die einfachen ETFs in der Urform einer direkten Abbildung auf große Indizes wichtiger Anlageklassen gibt es immer noch – inzwischen auch wieder vermehrt.