Trends bei Nahrungsmitteln: gesunde Aktien gesucht

Nach der langen Aktienhausse sind bei nachlassender Marktdynamik eher defensive Titel angesagt. So finden sich etwa im Bereich Nahrungsmittel Aktien von soliden Unternehmen, die unabhängiger von der Konjunktur die Verbraucher mit dem täglichen Bedarf versorgen. Allerdings müssen auch sie sich umstellen. Nicht nur Nestlé strukturiert um, Kellog und Kraft Heinz verkündeten nach Kurseinbrüchen ebenfalls, verstärkt in neue Marken zu investieren.
Bio-Trend beschert neue Marktpotenziale
Dass der Druck gerade bei den US-Herstellern aktuell gewachsen ist, geht zum Teil auf den Handelsstreit von Donald Trump zurück, in dessen Folge sich die Preise für etliche Einfuhrprodukte erhöht haben. Gleichzeitig spüren Aktien von Nahrungsmittel-Herstellen, dass es nicht mehr so einfach ist, bekannte Marken wie gehabt an den Mann bzw. die Frau zu bringen: Die Verbraucher sind erheblich kritischer geworden.
Sie verlangen nicht mehr nur Produkte mit wenig Fett- oder Zuckergehalt. Es wird auf immer mehr geachtet: Glutamat und sonstige Zusatzstoffe, aber auch Tierwohl, fairer Handel – und Biolabels ohnehin. Gleichzeitig wachsen Käufergruppen, die vegetarische oder vegane Ersatzprodukte suchen. Nahrungsmittel werden zum Aktionsfeld verschiedenster Bewusstseinsausrichtungen, sei es Gesundheit, Ethik, Moral, Ökologie oder gar Klimaschutz.
Einerseits ist dies eine fortwährende Herausforderung, die auf die Margen drückt. Andererseits können sich Hersteller besser darauf einstellen, wenn aus vorübergehenden Moden nachhaltige und somit berechenbarere Trends mit neuen Chancen werden. So brachten Bio-Nahrungsmitteln hierzulande letztes Jahr weit über 10 Mrd. Euro zu. Die Umsätze sind in nur fünf Jahren um fast die Hälfte gewachsen. Dabei steht Deutschland für rund ein Zehntel des weltweiten Marktes. Fachleute gehen von einer Verdoppelung des Bereichs in den kommenden Jahren aus.
Chance für Aktien von Nahrungsmittel-Herstellern
Beispielsweise hätte die Aktie des Nahrungsmittel-Herstellers Danone ohne dessen verstärkte Ausrichtung auf Bio-Lebensmittel geringere Chancen auf eine weitere Erholung. Während letzten Sommer Boykottaufrufe in Nordafrika wegen überhöhter Monopolpreise für Ärger sorgten, brachte der zuvor auf 8 % ausgeweitete Bio-Anteil im gesamten Sortiment einen gewissen Ausgleich. Er geht unter anderem auf die Übernahme des US-Spezialisten für Milchersatzprodukte Whitewave zurück, hierzulande bekannt mit Marken wie Alpro oder Provamel.
Bei Nestlé wiederum beträgt der Bio-Anteil noch 5 %. Allerdings ist der Schweizer Konzern breiter aufgestellt. Auch er stand unter Beschuss. Tierschutz-Aktivisten forderten bestimmte Vorgaben. Nestlé blockte nicht ab, sondern versuchte die Signale für sich umzumünzen. Durch Zukäufe wird der Sektor nachhaltiger Nahrungsmittel zielgerecht ausgebaut. Die Aktie präsentiert sich vergleichsweise robust und konnte auf Jahressicht gegen den Markttrend zulegen.
Einen neuen Anlauf startet nach Verlusten seit letztem Herbst die Aktie von Unilever. Neben Körperpflegeprodukten und Haushaltsreinigern machen Nahrungsmittel gut 40 % der Umsätze aus. In dem Segment erreichen Bio-Produkte mittlerweile 2,3 %. Spielten sie bislang eine untergeordnete Rolle, wird ihnen nun verstärkte Bedeutung zugemessen, wenn auch zunächst mit vereinzelten Übernahmen kleinerer Bio-Hersteller.
Spezialisten spüren zunehmende Konkurrenz
Ein hundertprozentiger Bio-Hersteller mit gelisteter Aktie ist Wessanen aus Amsterdam. Nach schwierigen Vorjahren konnten Umsätze und Erlöse 2017 wieder zulegen. Der Umsatz stieg auf 625 Mio. Euro. Das Jahresergebnis stieg um fast 58 % auf 36 Mio. Euro. Das vergleichsweise kleine Unternehmen muss sich trotz voller Konzentration auf den wachsenden Markt für vegetarische und vegane Produkte immer aufs Neue bewähren.
Für den Kursauftrieb der letzten Jahre hatten stete Übernahmegerüchte gesorgt. Letzten Sommer hat sich das Thema erledigt. mit der Aussicht auf moderatere Zuwachsaten fiel die Aktie von 18 Euro auf ganze 8 Euro. Eigentlich ein gesunder Absturz nach der vorangegangenen extremen Überbewertung des Papiers. Beim fairen Preis mit positiver Tendenz bietet sie derzeit eine Einstiegschance mit Erholungspotenzial.
Allerdings verspürt Wessanen zunehmende Konkurrenz durch etablierte Konzerne in seinem bislang nahezu exklusiven Bereich. Gerade in Frankreich nimmt der Bio-Trend enorm an Fahrt auf. Dort hat sich unter anderem Danone längst in Stellung gebracht. Die Aktie ist sogar leicht unterbewertet und startet wieder spürbar durch.