BP Aktie: Langfristinvestment mit erhöhtem Risiko
Ölaktien werden seit dem Ölpreisverfall 2014 wieder verstärkt unter die Lupe genommen. Prominentes Beispiel ist die BP-Aktie. Meist geht es um aktuelle Kurse oder die Folgen des Desasters mit der havarierten Bohrinsel Deep Water Horizon. Doch hinter der BP-Aktie steht mehr als ein zwischendurch angeschlagener Havarist aus Großbritannien.
BP-Aktie: Was dahinter steckt
Der Konzern ist stärker mit Deutschland verbunden als andere Ölmultis. Gelistet ist die BP-Aktie im britischen Index FTSE 100, und der Hauptsitz des Konzerns ist in London. Dabei ist er in über 80 Ländern weltweit aktiv – in Deutschland sogar mit einem großen eigenständigen Unternehmen, das die Aktivitäten in einer Reihe europäischer Länder koordiniert: BP Europe SE.
Vom Sitz in Hamburg aus werden rund 10.500 Mitarbeiter von Zweigstellen in Polen, Österreich, den Benelux-Staaten oder der Schweiz betreut. Weit über die Hälfte davon sind in Deutschlandgeschäft tätig.
Hierzulande ist BP unter anderem mit einer der größten Raffinerien und rund 2.500 Tankstellen vertreten. Die Marken sind BP, Aral und Castrol. Gut 1/7 der gesamten Konzernumsätze läuft über Hamburg und die Bochumer Verwaltung. Im Geschäft mit Gas, Öl, Schmier- und Treibstoffen ist BP Marktführer in Deutschland.
BP nicht mehr British Petroleum
Hier liegen sogar die Wurzeln von BP. Nach 1904 wurde es als Ableger der vormaligen Deutsche Petroleum AG gegründet, im ersten Weltkrieg aber von Großbritannien beschlagnahmt. Fortan war BP britisch. Ab 1998 allerdings nannte es sich nicht mehr British Petroleum, sondern Beyond Petroleum – BP hatte mit dem US-Ölmulti Amaco fusioniert. Und 4 Jahre später übernahm es Aral, das wiederum aus dem BP-Gründer-Konzern zu Anfang des 20. Jahrhunderts hervorging.
Hinter der BP-Aktie steht also Beyond Petroleum. Ohne „british“ passt der Name besser zum internationalen Charakter und „jenseits“ soll zugleich das Bemühen um alternative Energieformen unterstreichen. Aus dem Solarstromgeschäft jedoch hat sich BP nach einem rapiden Preisverfall wieder zurückgezogen.
Image mit Ölflecken
Das grüne Image bekam ohnehin einige Ölflecken ab. Verursachte 2007 ein Pipeline-Leck in Alaska erheblichen Schaden, so wurde der durch die Explosion der Bohrinsel Deep Water Horizon 2010 um Längen übertroffen: insgesamt fast 60 Mrd. US-$. Die BP-Aktie stürzte auf ein Rekordtief von unter 4 €. Zwar brachte der Verkauf der Gassparte BP Group an Shell 2015 einen etwas höheren Betrag in die Konzernkasse, seit der Krise aber sind viele Anleger verunsichert.
Doch erstens gehört BP mit Umsätzen zwischen jüngst 350 Mrd. US-$ und 397 Mrd. US-$ in den Jahren bis 2014 nach wie vor zu den größten Unternehmen der Welt. Und zweitens bleibt Öl trotz Energiewende auf absehbare Zeit der wichtigste Schmierstoff für die Wirtschaft.
Geschäftsmodell gleicht Schwankung aus
So verfügt BP wie auch Shell oder Exxon über genügend Kapazitäten, Öl aus neu erschlossenen Feldern zu fördern und es dann über die eigene weltumspannende Infrastruktur zu verkaufen. Von den Bohrfeldern über Raffinerien bis zur Tankstelle wird die gesamte Wertschöpfungskette umfasst. Der Vorteil: Ölpreisschwankungen werden abgefedert.
Steigt der Ölpreis, so hilft das dem Upstream-Geschäft mit der Produktion, während das Downstreamgeschäft, die Verarbeitung mit den Raffinerien, leidet. Genau umgekehrt ist es, wenn der Ölpreis sinkt.
Insgesamt aber unterliegen Ölaktien einer relativ hohen Schwankungsanfälligkeit. Dem Vorteil weltweiter Aktivitäten steht zugleich der Nachteil gegenüber, dass sich regionale Unruheherde wie im Nahen Osten stärker auswirken als etwa beim wesentlich kleineren norwegischen Ölkonzern Statoil, der vorwiegend in der Nordsee fördert. Die Geschäftsmodelle sind also nicht 1:1 vergleichbar.
Langer Weg ins ruhige Fahrwasser
BP ist ein ungleich größerer Tanker, bei dem sich die Korrekturen im Preis-Kostenniveau nach dem Plattform-Desaster und allgemeinen Ölpreisverfall erst nach gut 3 Jahren bemerkbar machen. Insofern wirkt auch ein höherer Ölpreis nicht so schnell.
Die BP-Aktie ist ein Langfristinvestment, nach dem schweren Seegang der letzten Jahre allerdings etwas riskanter als Exxon oder Shell. BP machten die jüngsten Entwicklungen deutlich mehr zu schaffen. Dafür wiederum sind die Chancen höher. Und die Dividendenrendite kann sich mit durchschnittlich über 5% sehen lassen.