Vodafone nach Unitymedia Übernahme neuer Platzhirsch

Deutschlands Glasfasernetze müssen dringend ausgebaut werden. Die Umstellung auf die Digitale Industrie, der Hype von Online-Spielen und immer mehr Streaming-Dienste sowie TV übers Internet treiben den Bedarf an Datenübertragungsraten in immer größere Höhen. Das Geschäft mit dem Netz birgt erhebliche Potenziale. Der Bedarf übersteigt das Angebot bei Weitem.
Vodafone vor Übernahme von Unitymedia
Platzhirsch ist die Telekom, gefolgt von Vodafone sowie einigen regionalen und lokalen Anbietern. Nun aber werden die Karten neu gemischt. Vodafone kauft Unitymedia. Mit der Übernahme der deutschen Tochter des amerikanischen Breitbandanbieters Liberty Global wird Vodafone über ein TV-Kabelnetz verfügen, das zwei Drittel aller Haushalte hierzulande erreicht.
Da noch weitere Teile des Europageschäfts von Liberty Global gekauft werden, sprich Ungarn, Tschechien, Rumänien, beläuft sich der Gesamtpreis auf 18,4 Mrd. Euro. Es ist der größte Deal der europäischen Telekommunikationsbrache in den letzten fünf Jahren.
In Deutschland gehört Vodafone seit 2013 das Netz von Kabel Deutschland. Nach der Übernahme von Unitymedia wird der Konzern auch in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg vertreten sein. Bundesweit wird er Mobilfunk, TEV und Breitband im Paket anbieten können. Und zwar ohne Gebühren an die Telekom zu zahlen.
Netzagentur bremst Vormachtstellung
Die wiederum ist verpflichtet, aufgrund ihrer Marktstellung, ihre Kabelnetz-Infrastruktur für andere Anbieter zu öffnen. Grund: Die Telekom besitzt gerade bei Privatanschlüssen mit der „letzten Meile“, also den letzten Metern vom Verteilerkasten bis zum Haus, ein Quasi-Monopol. Hie dominieren Kupferkabel. Rüstet nun Vodafone seinerseits die Fernsehkabel auf, sind Übertragungen bis zu einem Gigabit möglich. Die Telekom schafft erheblich weniger.
Der Bonner Konzern steht unter Zugzwang. Der ehemalige Monopolist musste zur Jahrtausendwende seine Fernsehkabel im Zuge der Marktliberalisierung abgeben und sieht nun ein neues Monopol. Dieser Ansicht sind auch einige der kleinen Anbieter. Sie befürchten, dass ihnen Vodafone nach der Übernahme von Unitymedia mit seiner lokalen Dominanz das Wasser abgräbt.
Die Bundesnetzagentur kennt das Problem. Ist der frühere Monopolist Telekom verpflichtet, seine Infrastruktur für Mitbewerber zu öffnen, trifft dies für den neuen Platzhirsch Vodafone nicht zu. Noch nicht. Denn die Behörde prüft, ob sie in bestimmten Gebieten eine Zugangsverpflichtung auferlegen soll. Angeblich kommt auch eine Kontrolle der Zugangspreise in Betracht. Telekom und Vodafone sollen laut Netzagentur „auf jeden Fall gleichbehandelt werden“.
Verbraucher profitieren, Aktien nur bedingt
Marktmacht hat eben ihren Preis. Die Kartellbehörde muss der Fusion erst noch zustimmen, bevor die Übernahme Mitte 2019 abgeschlossen werden kann. Für die Verbraucher dürfte die neue Lage in Sachen Preis und Qualität Vorteile bringen. Für Anleger ist Vorsicht geboten. Die Aktien beider Konzerne haben mittlerweile deutlich nachgegeben.
Die Bäume werden auch für Vodafone nicht in den Himmel wachsen. Der Netzausbau wird teuer und mehr Wettbewerb dürfte allzu große Ambitionen bremsen. Zum Beispiel auch bei der anstehenden Versteigerung der Funklizenzen zum G5-Standard. Nicht nur Drillisch will als Netzbetreiber wachsen, auch BASF, Daimler, Siemens oder VW melden Interesse an. Und noch ist nicht klar, ob die EU-Behörden den Deal am Ende vielleicht untersagen oder welche Auflagen sie sich ausdenken.