Golfstaaten: Das Ende des Ölzeitalters bietet auch Anlagechancen
Als vor Jahren die Schwellenländer als Anlagethema entdeckt wurden, ging es um deren Aufstiegspotenzial von niedrigem Niveau aus. Nach längerer Flaute sind sie wieder im Kommen, doch vieles hängt vom Schuldenabbau ab und davon, dass der angezogene Ölpreis auch hält.
Golfstaaten forcieren Investments
Ganz anders die Ausgangslage bei Investments in den Golfstaaten. Auch in diesen Schwellenländern spielt Öl eine Rolle, doch sie haben damit bereits ihr Geld gemacht und wollen es zum grundlegenden wirtschaftlichen Umbau nutzen. Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und der Oman versuchen, sich von der Ölabhängigkeit zu lösen und wagen den Neuanfang.
Wer den Blick nun auf Golfstaaten-Investments richtet, sollte sich das Kürzel GCC merken, das für Golf Cooperation Council steht, den Golfkooperationsrat der 6 genannten Länder. Deren Finanzmärkte werden für ausländische Anleger zugänglicher und attraktiver. Bislang waren sie wenig beachtet.
Dabei bieten etwa Anleihen Renditen bis zu 6%, und das bei einem Risiko, das gut ein Drittel unter dem der meisten Schwellenländer liegt. Hinzu kommen ihre enormen Währungsreserven.
Auch sprechen die Fundamentaldaten für solche Investments. Die Golfstaaten verzeichnen ein strammes Wirtschaftswachstum. In den zehn Jahren bis 2015 wuchs das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 60%, drei Mal so stark wie in den etablierten Industrieländern. Allerdings ließ es in jüngster Zeit nach. In Saudi-Arabien betrug es letztes Jahr noch 1,2%.
Transformation zur Industrieregion
Was den Golfstaaten bislang fehlt, ist eine breit aufgestellte, funktionierende Wirtschaft abseits von Öl. Die anhaltende Preisflaute wird trotz der jüngsten Opec-Beschlüsse auch Saudi-Arabien dieses Jahr ein Haushaltsdefizit bescheren – das dritte in Folge. Einzige Ausnahme ist Kuwait.
Weil sie sich auf ihren Rohstoffreserven nicht mehr ausruhen können, müssen Einnahmequellen wie Steuern erschlossen werden. Neue Unternehmen sollen Arbeitsplätze im Privatsektor schaffen. Der alldominante öffentliche Dienst droht den Staatshaushalt auszuzehren. Die hohen Devisenreserven werden anderweitig gebraucht. Was den Ehrgeiz befeuert, ist Angst vor Unruhen aufgrund plötzlicher Arbeitslosigkeit.
Schließlich will die Regierung in Riad im Rahmen ihres Reformprogramms „Vision 2030“ ca. 40% aller Behördenjobs streichen. Schon jetzt wurden die Gehälter um 20% gekürzt. Um den Privatsektor anzuschieben und Anlegergelder zu sammeln, plant Saudi-Arabien gut 2 Bio. US-$ in einen staatlichen Anlagefonds zu stecken, der weltweit investiert. Als Anschubfinanzierung wird der staatliche Ölkonzern Aramco zur Hälfte an die Börse gebracht, und zwar bis 2026 – der wohl größte IPO aller Zeiten.
EU-Vorbild mit Gemeinschaftswährung
Außerdem forcieren die Golfstaaten den Aufbau im Bereich Erneuerbare Energien sowie eigener Internetunternehmen. Amazon & Co. sozusagen, zugeschnitten auf die arabische Welt. Erfolgreich sind bereits die Bau- und Handelsbranchen. In den Emiraten obendrein der Tourismus. Dort sind futuristische Siedlungen und Immobilien wie der 829 Meter hohe Burj Khalifa architektonische Symbole für den Aufbruch in eine neue Zeit.
Einen Schub erhoffen sich die GCC-Staaten durch den Ausbau der Zollunion und der Schaffung eines gemeinsamen Marktes nach EU-Vorbild. Gerade Saudi-Arabien drängt zudem auf eine gemeinsame Währung.
Der Tawadul Index in Riad, der alle an der Börse gelisteten Unternehmen enthält, spiegelt jedenfalls bislang vorwiegend die Marktorientierung am Ölgeschäft. So ist er nach längerem Aufstieg Mitte 2014 mit dem Ölpreis dramatisch abgesackt und konnte sich im Oktober nach den OPEC-Beschlüssen erholen.
Begrenztes Anlageangebot
Anleger finden einige Fonds wie den Schroder ISF Middle East oder Magna Mena Fund, die sich durchaus sehen lassen. Doch die meisten enthalten zugleich andere Werte wie aus Ägypten, Marokko oder der Türkei. Rein auf die Golfstaaten setzt zum Beispiel der ETF MSCI GCC von iShares. Der Index konnte über fünf Jahre um 31,22% zulegen. Schön aber nicht überragend, wenn man den MSCI World mit 63,34% gegenüberstellt.
Interessant sind aber auch die Staatsanleihen. Saudi-Arabien hat im Oktober seine ersten Schuldpapiere aufgelegt mit Renditen bis zu 4,5%. Als Bonitätsnote vergibt die Agentur Fitch ein AA, der gleiche Wert wie etwa für Großbritannien oder Frankreich.