Saudi Arabien: Erneuerbare Energien sollen unabhängiger von Öl machen
Klimaschutz, Energiewende – das Thema grüner Strom beschäftigt Politik und Anleger in Deutschland gleichermaßen. Seine Bedeutung zeigen nicht zuletzt die im Herbst 2016 erfolgten Börsengänge von E.on—Ableger Uniper sowie Innogy, der neue grüne Zweig von RWE. Wie Innogy konzentriert sich auch E.on seitdem auf „sauberen“ Strom mit Wind- und Solarenergie.
Saudi Arabien entdeckt Erneuerbare Energien
Nun hat das Umdenken sogar den Nahen Osten erfasst. Künftig setzt Saudi-Arabien auf Erneuerbare Energien. Was manchen verwundern mag, hat einen handfesten Grund: Das Königreich will sich unabhängiger vom Öl machen. Das schwarze Gold wird nicht mehr die dominante Rolle spielen wie bisher. Und ob die letzte OPEC-Entscheidung dauerhaft den Ölpreis stützt, ist fraglich. Die Beschlüsse werden schon jetzt untergraben.
Die bisherige Preisflaute wird auch dieses Jahr ein enormes Loch in die Staatskasse reißen – das dritte Haushaltsdefizit in Folge. Die Regierung in Riad plant nicht nur ein massives Reformprogramm und den Aufbau einer wettbewerbsfähigen Industrie. Für Saudi-Arabien liegen Erneuerbare Energien schon aufgrund der nahezu ungetrübten Sonneneinstrahlung geradezu auf der Hand.
Bislang betreibt der Wüstenstaat nur einen Solarpark, der zehn Megawatt bringt. Bis zum Jahr 2023 sollen es fast zehn Gigawatt werden. Windkraftanlagen sind ebenfalls in Planung. Allerdings wird das nur einen Teil des Strombedarfs decken. Der steigt jährlich um 8 %.
Gas soll Öl im Land ersetzen
Saudi Arabien will neben Erneuerbaren Energien vor allem auf Gas setzen. Die arabische Halbinsel ist voll von unerschlossenen Gasvorkommen. Der Energiekonzern Aramco bohrt schon kräftig und hat Kraftwerkskomponenten bei Siemens bestellt.
Das Kalkül: Da Öl viel einfacher über Pipelines zu transportieren ist, wird es künftig vorwiegend exportiert. Im eigenen Land werden Gaskraftwerke für Energie sorgen. Hinzu kommen laut Planung zwei Atomkraftwerke sowie Erneuerbare Energien. Um das Verhältnis zu veranschaulichen: Die angepeilten 10 Gigawatt aus Erneuerbaren Energien entsprechen etwa der Leistung von sieben bis acht Atomreaktoren.
Ziele wurden revidiert
Sonne und Wind dürften aber im Energiemix nur einen Teil ausmachen. War zuvor von 50 % die Rede, sind nach aktuellen Angaben nur noch 10 % geplant. Stellt sich die Frage, warum das ursprüngliche Ziel derart heruntergefahren wurde. Es geht auf den verstorbenen König Abdullah zurück, schien zu ehrgeizig und kam überhaupt nicht voran. Unter dem Nachfolger König Salman wurde das Ziel revidiert. Dafür gibt es wenigstens erste Fortschritte.
Sowohl Aramco als auch die Saudi Electricity Company suchen Kontakt zu deutschen Unternehmen mit einschlägiger Erfahrung und Produkten. Bereits 2012 hatten sich Kooperationen für erste Solarprojekte bewährt. Mit im Boot waren unter anderem die Hamburger Conergy AG oder die Phoenix Solar AG aus Sulzemoos unweit von München. Zum Einsatz kam auch Photovoltaik-Technologie, die auf Forschungen des Freiburger Fraunhofer Instituts beruht.
Keine Fehler wiederholen
In Deutschland holen sich die Saudis aber noch andere Erfahrungswerte, vor allem was den unkontrollierten Solar-Boom durch hohe Subventionen betrifft. Derartige Fehler will man vermeiden. Auch Conergy wurde Opfer des massiven Preisverfalls. Statt übereilt vorzugehen, will Saudi Arabien lieber schrittweise eine „solide Struktur aufbauen“ und den Ausbau danach gezielt hochfahren. So jedenfalls der Wortlaut der Planungskommission.
Teil dieser Struktur ist etwa der vor einem Jahr begonnene Bau eines Hybrid-Solar-Gas-Kraftwerks. Auch hier sind deutsche Zulieferer mit Spezialwissen gefragt. Und zusätzlich steigt in der Bevölkerung die Nachfrage nach Photovoltaik-Modulen, womit das 10 %-Ziel überschritten werden könnte.
Aus Anlegersicht empfehlen sich derzeit eher Aktien von beteiligten Unternehmen. Entsprechende Golfstaaten-Fonds sowie ETFs auf die Region oder Erneuerbare Energien decken Saudi Arabien nur zu einem kleinen Teil ab. Allerdings öffnet das Land langsam den Zugang zu seinem Aktienmarkt. Der staatliche Energiekonzern Aramco zumindest soll in einigen Jahren an die Börse gehen.